Berlin - Filmfestival 2006

Film Festival von Berlin

Reihe: Retrospektive

An affair to remember

(Die grosse Liebe meines Lebens), Regie:   Leo McCarey, USA - 1957
Produktion: 20th Century-Fox Film Corporation - Regisseur: Leo McCarey - Drehbuch: Delmer Daves - Leo McCarey - Nach einer Vorlage von: Leo McCarey - Mildred Cram - Darsteller: Cary Grant Nickie Ferrante - Deborah Kerr Terry McKay - Richard Denning Kenneth Bradley - Neva Patterson Lois Clark - Cathleen Nesbitt Grossmutter Janou - Robert Q. Lewis -
Kritiken : "Da bleibt selbst die kühle, reservierte Terry McKay nicht ungerührt, als ihr der notorische Schürzenjäger Nickie Ferrante eine Liebeserklärung macht. Das geschieht auf einem Luxusdampfer, der beide nach New York bringt. Sie will zu ihrem steinreichen Verlobten, er zu seiner nicht weniger begüterten Braut. Ihre Romanze erscheint deshalb völlig sinnlos. Oder etwa doch nicht? Sechs Monate später wollen sie sich treffen und bis dahin prüfen, ob ihre gegenseitige Liebe Bestand hat. Am verabredeten Tag gerät Terry unter ein Auto. Sie wird nie mehr gehen können. Verzweifelt versteckt sie sich. Nickie aber, völlig ahnungslos, findet sie zuletzt doch. Sie lügt ihm etwas vor. Er aber errät die Zusammenhänge und weiß im selben Augenblick, daß Terry ihn noch immer liebt. Kein Auge dürfte sich angesichts dieses Films der Tränen erwehren können. Denn was Leo McCarey (Regisseur und – neben Delmer Daves – Mitautor) hier inszeniert hat, das greift so recht ans Gemüt des breiten Publikums. Auf „Frauenfilme“ versteht er sich nämlich. Die Zutaten dafür sind denn auch mit viel Raffinesse und einem sicheren Instinkt für das, was ankommt, gewählt: Ein Kinderchor bringt der gelähmten Heldin ein Ständchen, und am Ende gibt es gar ein beglükkendes Wiedersehen unterm Weihnachtsbaum. Über allem schwebt natürlich der romantische Zauber einer alles verklärenden und verzeihenden Liebe. Dabei fängt der Film gar nicht rührselig, sondern vielmehr herrlich spritzig und amüsant an. Die Dialoge sprühen vor Witz und eine Unzahl reizender Gags lassen auf eine ausgelassene stilechte Komödie hoffen. Wenigstens bis zur Hälfte wird diese Hoffnung geschürt, doch dann setzt der Druck auf die Tränendrüsen ein und zwingt zur Benutzung des Taschentüchleins. Eine handfeste Schnulze also? Eigentlich nicht, denn seiner sauberen, cleveren Machart wegen hat der farbige Streifen eine bessere Note verdient. Einigen wir uns daher auf Edel-Schnulze. Trocken humorvoll und mit charmanter Nonchalance, wie es nun einmal seine unnachahmliche Art ist, absolviert Cary Grant die Rolle des zur echten Liebe bekehrten Nickie. Als Terry läßt Deborah Kerr sogar noch in den gefühlsbetontesten Szenen erkennen, eine wie gute Darstellerin sie ist. Überhaupt: wenn dieser Film ankommt (und es besteht kein Zweifel, daß er’s tut), dann nicht zuletzt der glücklichen Idee wegen, diese beiden Darsteller als Liebespaar zu koppeln." M.R. in: Filmwoche (Karlsruhe), Nr. 44, 26.10.1957. "Ein in jeder Beziehung gelungener Film, der weit mehr gibt, als der wenig glücklich gewählte, wenn auch zutreffende deutsche Titel [DIE GROSSE LIEBE MEINES LEBENS] erwarten läßt, und der nicht zuletzt dank der reifen und vollendeten Darstellung der Hauptrollen durch Deborah Kerr und Cary Grant zweifellos zu den erfreulichsten zu rechnen ist, die aus der neueren amerikanischen Produktion bei uns bekannt geworden sind. (…) Der starke Eindruck, den der Film hinterläßt, ist vornehmlich bedingt durch eine Regie, die völlig auf jedes Pathos, auf jede Sentimentalität verzichtete; mehr noch als das geschickt konstruierte Drehbuch ist es die sicher geführte CinemaScope- Kamera von Milton R. Krasner, die dem Regisseur hilft, eine Betonung der Gefühlswerte allein durch das Spiel der Hauptdarsteller geben zu lassen. Mit Cary Grant als Nickie Ferrante und Deborah Kerr als Terry McKay stand ihm ein Liebespaar freilich zur Verfügung, dem es in der Tat gelang, jede Regung und jede zarte Empfindung zum Klingen und Mitklingen bringen zu lassen: dem Spiel der beiden zuzusehen, ist ein Genuß. Ein guter Film, der vor allem beim weiblichen Publikum eine starke und berechtigte Resonanz finden dürfte." Hans-Joachim Beyer in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 84, 19.10.1957.
Anmerkungen: Remake des Films LOVE AFFAIR mit Charles Boyer und Irene Dunn.

All about Eve

(Alles über Eva), Regie:   Joseph L. Mankiewicz, USA - 1950
Produktion: 20th Century-Fox Film Corporation - Verleih: 20th Century-Fox Film Corporation - Produzent: Darryl F. Zanuck - Produktionsleiter: Max Golden - Regisseur: Joseph L. Mankiewicz - Regieassistent: Gerald Braun second assistant director (/xx/) - Gaston Glass - Hal Klein second assistant director (/xx/) - Drehbuch: Joseph L. Mankiewicz - Story : Mary Orr The Wisdom of Eve (short story and radio play) - Kamera: Milton Krasner - Musik: Alfred Newman - Schnitt: Barbara McLean - Architekt: Lyle R. Wheeler (AKA Lyle Wheeler) - George W. Davis - Set Decoration: Walter M. Scott - Thomas Little - Kostümbild: Edith Head - Spezialeffekte: Fred Sersen - Stand Photos: Ray Nolan - Darsteller: Larry Steers Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Cosmo Sardo Waiter (/xx/) - Suzanne Ridgway Sarah Siddons Award Guest (/xx/) - Paul Power Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Marion Pierce Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Stanley Orr Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Harold Miller Sarah Siddons Awards Guest on Dais (/xx/) - Mathew McCue Waiter (/xx/) - Thomas Martin Waiter (/xx/) - Carl M. Leviness Sarah Siddons Awards Guest on Dais (/xx/) - Ethelreda Leopold Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Ralph Brooks Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Colin Kenny Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Bess Flowers Sarah Siddons Awards Well-Wisher (/xx/) - Franklyn Farnum Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Craig Hill Leading Man - Barbara Bates Phoebe - Anne Baxter Eve - Bette Davis Margo - Celeste Holm Karen - Hugh Marlowe Lloyd Richards - Gary Merrill Bill Simpson - Marilyn Monroe Miss Casswell - Thelma Ritter Birdie - George Sanders Addison DeWitt - Gregory Ratoff Max Fabian - Walter Hampden Aged Actor - Randy Stuart Girl - Jack Deery Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Leland Harris Doorman 10 - Barbara White Autograph Seeker - Eddie Fisher Stage Manager - William Pullen Clerk - Claude Stroud Pianist - Eugene Borden Frenchman - Helen Mowery Reporter - Steven Geray Captain of Waiters (AKA Steve Geray) - William H. O'Brien Waiter at Margo's Party (/xx/) - Gertrude Astor Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Frank Baker Waiter (/xx/) - Jack Chefe Sarah Siddons Awards Guest (/xx/) - Sayre Dearing Sarah Siddons Award Guest (/xx/) - Synchron-Buch: Erich Kästner deutsche Version -
Inhaltsangabe : Als die junge Eve Harrington den Sarah Siddons Award verliehen bekommt, erinnern sich die Schauspielerin Margo Channing, der Journalist Addison DeWitt und Karen, die Ehefrau des Dramatikers Lloyd Richards, rückblickend an den Aufstieg der jungen Frau.
Margo Channing ist der grösste Star der Theaterszene New Yorks und eine wahre Diva. Eines Abends nach einer Vorstellung trifft Karen im Theater auf Eve, eine schüchterne junge Frau, die keine einzige Aufführung verpasst, und bietet ihr an, ihr Margo Channing vorzustellen. Als später Eve in der Loge der Schauspielerin über ihre traurige Kindheit und den Tod ihres Ehemanns erzählt, sind alle Anwesenden sehr gerührt. Margo Channing beschliesst daraufhin, Eve zu sich zu nehmen. Alle in ihrem Umkreis sind ganz bezaubert von der jungen Frau, und alle Gespräche drehen sich um die Neue des Hauses.
Margo selbst ist ganz begeistert von ihrer neuen Freundin, bis sie merkt, dass diese sie ganz genau studiert und davon träumt, selbst ein Star zu sein. Sie bekommt den Verdacht, dass Eve nur aus reinem Eigeninteresse so fürsorglich ist. Als sie versucht, die Kleine loszuwerden, ist es schon zu spät; Eve hat noch mehr alle Aufmerksamkeit auf sich gerichtet, als sie bei einer Probe für die verspätete Margo eingesprungen ist. Ihr Aufstieg ist nicht mehr aufzuhalten... (Arte Presse)
Kritiken : "Ein Film aus dem Theatermilieu, der nicht nur eine Sittenstudie über Anne Baxter als Eva Harrington ist, sondern gleichzeitig alles über Eva, alles über die Frau und die Frauen unter sich zu sagen versucht. Hervorragende schauspielerische Leistungen durch Bette Davis, Anne Baxter, George Sanders ua. - einer der grossen Filme der frühen 50er Jahre und seinerzeit mit einer Flut von Oscars ausgezeichnet." (** / lhg)

"Der Film setzt dem Theater ein Denkmal. Dem Film blieb es vorbehalten, die ewige Faszination der Bühne zu verkünden und uns die Luft jener Welt hinter den Kulissen atmen zu lassen, die das Element des Schauspielers ist. Der Film benutzt dazu die Mittel des Theaters, denn wir haben es mit dem Muster eines Dialogfilms zu tun, der sich technischer Effekte enthält und die Kamera zu einem sachlichen, beinahe nüchternen Stil zurückführt, in dem allerdings eines der „filmischsten“ Mittel triumphiert: die Grossaufnahme. ALLES ÜBER EVA liefert den vollendeten Beweis einer glücklichen Einheit von Autor und Regisseur – dem Autor Mankiewicz, der sich in seinen Stoff verliebte, ohne die Souveränität des Regisseurs Mankiewicz zu verlieren, und der in beiderlei Gestalt von einer so profunden Kenntnis und Liebe vom und zum Wesen des Theaters und seiner Menschen durchdrungen ist, dass er eine Illusion zerstören und gleichzeitig ihren immerwährenden Zauber offenbaren kann. Mit der liebenswürdigsten Brutalität wird alles über Eva, das ewig Weibliche, gesagt – das hier in einem seiner weiblichsten Wesen auftritt: Dieser Film enthüllt die Psychologie der Schauspielerin, wie sie schärfer und witziger, treffender und amüsanter nicht geschrieben werden konnte. Es ist die Komödie der Komödianten, die Tragikomödie von Glanz und Verlockung, von Ruhm und Besessenheit, von Verstellung, Intrige, Hysterie, Disziplin, Hass, Liebe – von der Übersteigerung all dieser Begriffe und Gefühle in dem magischen Kreis: Theater. Jahraus, jahrein stehen junge ehrgeizige Mädchen an den Bühnentüren, angesaugt wie kleine Motten von dem grossen Scheinwerferlicht: Ruhm. Eine von ihnen, Eve Harrington, hübsch, bescheiden, liebenswürdig und anstellig, macht sich dem gefeierten Broadway-Star Margo unentbehrlich, bezaubert deren Freunde. Nur einer erkennt ihre wahre Natur, durchschaut die böse Komödie, die sie allen vorspielt. Aber der berühmte Kritiker mit seinem gescheiten Zynismus fühlt sich ihrem skrupellosen Ehrgeiz verwandt und verhilft ihr zur grossen Karriere. Den eigentlichen Inhalt aber sagt der Kritiker in zwei Sätzen aus: „Von Zeit zu Zeit suchen ältere Prominente von Bühne und Film dem Publikum einzureden, Schauspieler seien Menschen wie die anderen auch. Sie übersehen dabei, dass ihre grösste Anziehungskraft darin besteht, aber auch nicht die mindeste Ähnlichkeit mit normalen Menschen zu besitzen.“ Die Darsteller wetteifern darin, sich gegenseitig zu übertreffen. Wenn die junge Eve in der Komödie, auch den Sieg über die alternde Diva davonträgt, als Schauspielerin siegt Bette Davis – das Alter über die Jugend – mit vielen Längen, sie spielt unübertrefflich und hinreissend. Sie macht diese hundertprozentige Komödiantin Margo mit allen ihren herrlichen Fehlern so liebenswert, dass sie unvergesslich bleiben wird. Anne Baxter erscheint als die kleine eiskalte Schurkin recht überzeugend, wenn auch um einige Grade zu kalt. Die vielseitige Celeste Holm gibt mit kluger Warmherzigkeit die Frau des erfolgreichen Bühnenautors, den Hugh Marlowe sehr sympathisch macht. Ein interessanter Schauspieler ist Gary Merrill, der den Charakter des berühmten Regisseurs mit genauer Selbstverständlichkeit trifft, und vollendet die geistreiche Überlegenheit von George Sanders, einem Oscar Wilde unter den Kritikern. In keiner Rolle wird das Können zur Routine, und noch die kleinste ist ein Kabinettstück: Die prächtige Thelma Ritter als skeptisches Faktotum, die plappernde kleine Nachwuchsblüte Marilyn Monroe, der bauernschlaue Direktor Gregory Ratoff und die anmutige Phoebe der begabten Barbara Bates, die den Ring des Geschehens schliesst. (…) Dem mit Auszeichnungen überschütteten Film gebührte noch ein Sonder-Oscar, verliehen von den dankbaren Schauspielern der Welt. Und alle, die das Theater lieben, werden auch diesen Film lieben." Edith Hamann in: Filmblätter (Berlin), Nr. 15, 11.4.1952.

"Vielleicht sind die Filme von Mankiewicz - wie die Bücher von André Breton - Rendez-vous's mit uns?" (Godard, Kritiker, Hanser-Verlag)

"Glänzende amerikanische Komödie von Joseph L. Mankiewicz mit Bette Davis und Anne Baxter, eine Sittenstudie über das Theatermilieu - 1950 mit acht Oscars bedacht." (lhg 1964)
Anmerkungen: „Alles über Eva“ ist ein düsterer, aber aufregender Film, der uns einen Blick auf das Leben hinter der Bühne gewährt. Der Film hat viel der meisterhaften Interpretation von Bette Davis zu verdanken, die eine sehr empfindliche, charaktervolle und anhängliche Margo Channing zum Leben bringt. Der Film, von allen Seiten preisgekrönt, gab der Karriere der US-amerikanischen Schauspielerin neuen Schwung. (Arte Presse)

Angel Face

(Engelsgesicht, Die Bestie im Weib), Regie:   Otto Preminger, USA - 1952
Produktion: RKO Radio Pictures - Verleih: RKO Radio Pictures - Produzent: Otto Preminger - Regisseur: Otto Preminger - Regieassistent: Fred Fleck - Drehbuch: Oscar Millard - Ben Hecht (/xx/) - Frank S. Nugent - Story : Chester Erskine - Kamera: Harry Stradling - Musik: Dimitri Tiomkin - Schnitt: Frederic Knudtson - Architekt: Albert S. D'Agostino - Carroll Clark - Set Decoration: Darrell Silvera - Jack Mills - Kostümbild: Michael Woulfe - Maskenbildner: Mel Burns - Darsteller: Robert Gist Miller - Jim Backus District Attorny Judson - Morgan Farley Juror - Leon Ames Fred Barrett - Griff Barnett The Judge - Raymond Greenleaf Arthur Vance - Kenneth Tobey Bill Crompton - Barbara O'Neil Mrs. Catherine Tremayne - Jean Simmons Diane Tremayne - Robert Mitchum Frank Jessup - Herbert Marshall Mr. Charles Tremayne - Mona Freeman Mary Wilton -
Inhaltsangabe : Frank Jessup ist Chauffeur bei der Familie des erfolgreichen und wohlhabenden Schriftstellers Charles Tremayne. Er verliebt sich in dessen junge Tochter Diane. Eines Tages bringt Diane aus Hass ihre Stiefmutter um. Allerdings wird bei dem von ihr inszenierten Autounfall auch ihr geliebter Vater getötet. Neben Diane gerät Frank ebenfalls unter Mordverdacht und beide werden gemeinsam vor Gericht gestellt. Durch eine schnelle Heirat können sie die Sympathie der Jury gewinnen und werden freigesprochen. Frank, der inzwischen die Intrigen von Diane durchschaut hat, trennt sich von ihr und will sich nach Mexiko absetzen. Gekränkt und voller Schuldgefühle stürzt Diane sich und Frank in den Tod... (arte Presse)
Kritiken : "Wir sahen Jean Simmons, die zarte englische Darstellerin, schon geraume Zeit nicht mehr auf der Leinwand der deutschen Filmtheater. Die Wiederbegegnung mit ihr erfolgt in einem Film, dessen Genre vor zwei bis drei Jahren grosse Mode war, heute aber nicht mehr so faszinierend wirkt wie damals. Denn die psychoanalytische Motivierung mysteriöser, in die Bezirke der Kriminalistik hineinreichender Vorfälle hat thematisch doch etwas von ihrem Reiz verloren. Andererseits ist das „Engelsgesicht“ von Jean Simmons so von eigenartiger Schönheit erfüllt, dass man die düstere Geschichte von der jungen Mörderin, die sie darstellt, als nebensächlich empfindet, obwohl es vier Tote im Abgrund gibt." Anonym in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 27, 3.7.1954.

"Eine ungewöhnliche Story, in der die Autoren Frank S. Nugent und Oscar Millard eine schöne und bedenkenlose Frau, den düsteren Engel Diane, vorstellen. Die Fäden der Verwirrung, mit denen die verlarvte Teufelin zur Durchsetzung ihrer geheimen Wünsche ihren Liebhaber kühl und berechnend einspinnt, können von dem gutmütig lässigen Freund nicht mehr zerrissen werden. Das „rasche Abenteuer“– als mehr wollte er das Erlebnis mit Diane nicht gelten lassen – wächst aber zu einer sensationellen Mordaffaire, zu unlöslichen Schicksalsverwicklungen und endet für die beiden unglücklich Verketteten – im Abgrund. Noch vor der JUNGFRAU AUF DEM DACH [THE MOON IS BLUE, BRD/USA 1953] hat Otto Preminger das Bild dieser anderen, verwöhnten und überspannten „Jungfrau aus der Hölle“ auf Celluloid gezeichnet. Viele realistisch eingesetzte Details und faszinierende, darstellerische Einzelleistungen: Jean Simmons, als die Mörderin mit der Engelsmaske, spielt den marternden Reiz ihrer kalt glänzenden Schönheit aus. Robert Mitchum ist der von Dianes Leidenschaftlichkeit jäh Getriebene. Die von Harry Stradling brillant geführte Kamera erfasst sicher das Milieu und die von Mona Freeman, Barbara O’Neil, Herbert Marshall und Leon Ames gespielten Randfiguren. Diese Howard Hughes-Produktion dürfte wegen ihrer eigenartigen Mischung von Erregung und Absonderlichkeit nicht nur auf das an „Reissern“ interessierte, sondern auch auf das anspruchsvolle Filmpublikum wirken." whz. in: Die Filmwoche (Karlsruhe), Nr. 12, 27.3.1954.

«Das superbe, düstere Melodram mit Freud'schen Anklängen fand erst lange nach der Erstaufführund die verdiente Anerkennung...» (TV Spielfilm 15/2011)
Anmerkungen: "Die Figur des Frank gerät in die Schlingen einer Femme fatale, aus denen er sich nicht mehr befreien kann. Er wird zum blossen Werkzeug und ist dem mörderischen Plan einer Kindfrau vollkommen ausgeliefert. Diese totale Machtlosigkeit des Protagonisten ist ein typisches Merkmal für den späten "film noir". Charakteristisch für Premingers Filmkunst ist das Stilmittel der Zeitdehnung, das wohl einzigartig im Hollywood-Kino der 50er Jahre ist. Diane durchwandert das einsame Haus, lässt Erinnerungen aufleben und denkt über ihr Leben nach, das ihr aus den Händen zu gleiten scheint. Die Kameraschwenks und die Gesten der Frau vermitteln Isoliertheit und Einsamkeit - ein Gefühl, das der Exilant Preminger fern ab der Heimat nur zu gut kannte.

Das "Lexikon des Internationalen Films" schreibt zu "Engelsgesicht": "Low-Budget-Kino der 'Schwarzen Serie': kalt, düster, melodramatisch - ein kleines Meisterwerk." (arte Presse)

Avant le déluge

(Vor der Sintflut, Vor der Sintflut), Regie:   André Cayatte, Frankreich, Italien - 1953
Regisseur: André Cayatte - Drehbuch: André Cayatte - Charles Spaak - Kamera: Jean Bourgoin - Musik: Georges van Parys - Darsteller: Jacques Fayet Richard Dutoit - Gérard Blain - Marina Vlady Liliane Noblet - Clément Thierry Philippe Boussard - Line Noro - Isa Miranda Francoise Boussard - Paul Frankeur Charles Boussard - Antoine Balpêtré Albert Dutoit - Roger Coggio Daniel Epstein - Jacques Chabassol Jean Arnaud - Jacques Castelot Serge de Montesson - Bernard Blier Monsieur Noblet -
Inhaltsangabe : 1950. Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fürchten die Franzosen, dass sich der Koreakrieg erneut zu einem Weltkrieg ausweiten könnte. Die allgemeine Kriegspsychose und das Verhalten ihrer Eltern, ihre Ratlosigkeit, gepaart mit Vorurteilen, Arroganz, Antisemitismus und kleinkariertem Hochmut, stürzt die Schüler Richard (Jacques Fayet), Philippe (Clément Thierry), Jean (Jacques Chabassol), Daniel (Roger Coggio) und Liliane (Marina Vlady) in eine tiefe Krise. Richards Vater (Antoine Balpêtré), Antisemit und während des Krieges Nazi-Sympathisant, will seine selbst verschuldete Tragödie nicht wahrhaben. Philippes wohlhabende Eltern haben nach dem Motto 'Nach uns die Sintflut' nur ihr eigenes Glück im Auge: Monsieur Boussard (Paul Frankeur) seine Geschäfte, Madame Boussard (Isa Miranda) ihren Liebhaber Serge de Montesson (Jacques Castelot). Jeans Mutter (Line Noro) wiederum erdrückt mit ihrer egoistischen Liebe den sensiblen Jungen und belastet dessen Freundschaft zu Daniel, der als Einziger seiner jüdischen Familie den Holocaust überlebt hat. Lilianes Vater, Monsieur Noblet (Bernard Blier), liebt und umsorgt zwar seine 16-jährige Tochter, doch ihre Ängste und Nöte kann und will der selbst politisch engagierte Lehrer nicht verstehen. In diesem Spannungsfeld von Angst und Sehnsucht suchen die fünf Jugendlichen Zuflucht im Traum von einem friedlichen Leben fernab auf einer Südseeinsel. Als Philippe die Yacht seiner Eltern geschenkt bekommt, sehen sie sich diesem Ziel ein Stück näher. Weil das gesparte Geld nicht reicht, planen sie einen Einbruch bei Serge de Montesson, der sein Geld sowieso unredlich erworben hat. Liliane soll Serge aus dem Haus locken und Richard, Philippe und Jean die kostbare Briefmarkensammlung stehlen. Dabei kommt es zu einem tragischen Zwischenfall. Der verängstigte Jean schießt auf den entwaffneten Nachtwächter, der seiner Verletzung erliegt. Panik erfasst die fünf Freunde. Monsieur Noblet will seinen Schülern kein falsches Alibi geben und de Montesson kann die Anzeige nun nicht mehr zurückziehen. Er rät Philippe und Richard dafür zu sorgen, dass der am Überfall nicht direkt beteiligte Daniel, dessen Auto aber am Tatort sichergestellt worden ist, den Mund hält. Alkoholisiert unterziehen die beiden Daniel einer Mutprobe und ertränken ihn dabei in seiner Badewanne. Jean bricht nach einem missglückten Selbstmordversuch zusammen und gesteht alles. In einem bewegenden Prozess werden die 17-Jährigen Richard und Philippe zu zehn Jahren, der gleichfalls 17 Jahre alte Jean zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Liliane wird freigesprochen. Unter Tränen verabschieden sich die vier, Liliane verspricht Richard, auf ihn zu warten ... (mdr Presse)
Kritiken : "So verwunderlich es ist, daß dieser Film mehrfach verboten wurde, so selbstverständlich sind die heftigen Diskussionen, die um ihn entbrannten. Mit einem Thema von zeitkritischem Charakter, mit schonungsloser Offenheit, harter Realistik und konzessionslos dargebracht, muß sich jeder in irgendeiner Form auseinandersetzen. Hier die Geschichte, aller Details entblößt: Vier blutjunge Menschen haben sich vor dem Schwurgericht wegen Mordes zu verantworten. Die Ursache ihrer Verfehlungen: Ein leidenschaftliches Sehnen, dem Gespenst eines neuen Krieges zu entrinnen. Daß sie sich zu diesem Zweck der Mittel bedienten, die Katastrophenzeiten gelehrt, ist die Tragik unserer Jugend überhaupt – daß die Eltern gezwungen werden, über ihre verantwortliche, aber gesetzlich nicht greifbare Schuld nachzudenken, gibt dem Thema die so seltene Allgemeingültigkeit. (…) Aus der Fülle der ausgezeichneten Darsteller sei die junge Marina Vlady genannt: Ein eigenartigreizvoller Typ und ein vielversprechendes Talent! Es ist zu hoffen und zu erwarten, daß dieser Film wegen und trotz aller Problematik einen erfolgreichen Weg vor sich hat." Gisela Schmidt in: Filmblätter (Berlin), Nr. 48, 2.12.1955. "Dieser meisterhafte Film von André Cayatte und seinem Mitautor Charles Spaak – er wurde übrigens im Jahre 1954 in Cannes preisgekrönt – ist eine ins Filmische übertragene Demonstration der soziologischen Methode des positivistischen Systems Hyppolite Taines: „daß die Dinge ihre Folgen und Ursachen haben im Geistigen genau so wie im Körperlichen“. Und daß der Pariser Rechtsanwalt Cayatte ein gelehriger Schüler Taines ist, hat er uns bereits in seinen Filmen SCHWURGERICHT [JUSTICE EST FAITE, Frankreich 1950] und WIR SIND ALLE MÖRDER [NOUS SOMMES TOUS DES ASSASSINS/SIAMO TUTTI ASSASSINI, Frankreich/Italien 1952] bewiesen. In VOR DER SINTFLUT wird dargelegt, daß die Ursachen eines Verbrechens, das vier unreife, junge Menschen begangen haben, eines Verbrechens des Mordes, des Totschlags und des Einbruchs, in ihren egoistischen Eltern, die sich entweder zu viel oder zu wenig um ihre Kinder kümmern, und in der hektischen Angst unserer Zeit vor einer neuen Kriegs-Katastrophe zu suchen sind. Gegen den Geist dieser Zeit und gegen den Geist dieser Eltern erhebt der Film seine Anklage: nicht brutal und schonungslos realistisch wie der amerikanische Film DIE SAAT DER GEWALT [THE BLACKBOARD JUNGLE, Richard Brooks, USA 1955] in einem Sonderbeispiel, sondern mit der bitteren Schärfe einer erbarmungslosen geistigen Lektion. Während die vier auf der Anklagebank dem Urteil des Schwurgerichts entgegensehen, plädiert Cayatte in scheinbar überzeugenden Bildargumenten für die Zwangsläufigkeit der Begebenheiten, deren Ursachen er in der Umwelt dieser vier jungen Menschen mit bewundernswerter realisti- scher Erzähl- und Dialogkunst vorstellt: in ihren Familien und in unserer verworrenen, glaubenslosen, nihilistischen Zeit. Fast gelingt es Cayatte, uns zu suggerieren, daß die eigentlichen Schuldigen an dem Verbrechen die Eltern und die Zeit sind – aber während Cayatte so meisterlich im Sinne Taines sein spannendes Plädoyer abrollen läßt, wird in erschrekkendem Maße die gefährliche seelisch-geistige Labilität dieser jungen, unfertigen Menschen sichtbar, die nicht allein die angeklagte Umwelt, sondern auch ihre eigene Triebhaftigkeit ins Verderben führte. Und in diesem vielleicht gar nicht beabsichtigten Effekt, der einer Korrektur der anklägerischen Zielsetzung Cayattes gleichkommt, beruht für mich die erschütternste Aussage dieses Filmes. Ich bin überzeugt, daß diesen Film niemand unberührt verlassen wird: Dazu ist sein allgemein menschliches Anliegen zu aufwühlend, seine dramaturgische, regieliche, darstellerische und optische Leistung zu großartig. Wie wird allein gespielt, wie intelligent werden die Schauspieler geführt. Die Typen der Erwachsenen, die Cayatte zeigt, der humanistische Weltbürger, der die Vernunft exemplifiziert (Bernard Blier), der geldbesessene Alltagsmensch, für den es nur noch Sicherheit gibt (Paul Frankeur), der ressentimentgebeugte Kollaborateur, der die Welt durch die Brille selbstquälerischer Vorurteile sieht (Balpêtré), der skrupellose Geschäftemacher, der aus jeder Krise Kapital schlägt (Jacques Castelot), die lebensgierige, alternde Frau, die sich krampfhaft an einen schalen Abguß Liebe klammert (Isa Miranda), und die Mutter, die ihren grenzenlosen Egoismus mit ihrer Liebe zu ihrem Sohn verwechselt (Line Noro), sind trotz aller Typologie Menschen aus Fleisch und Blut. Die reine, mädchenhafte Grazie Marina Vladys, ihre Süße und Traurigkeit, aber ist von verzauberndem Reiz. Ihrer natürlichen Darstellungskunst sowie den Abiturientenrollen Jacques Fayets, Clément Thierrys, Roger Coggios und Jacques Chabassols gebührt die schauspielerische Krone dieses Films. Für diesen Film sollten sich vor allem anspruchsvolle Theater einsetzen, da sein Publikum wohl mehr, wenn auch nicht ausschließlich, in den Kreisen der Intelligenz zu finden sein dürfte." Ernst Veit in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 75, 7.12.1955.
Anmerkungen: "Der französische Regisseur André Cayatte ('Meine Nächte mit Jacqueline', 'Anklage: Mord') greift als ehemaliger Jurist in fast allen seinen Filmen rechtlich-moralische Fragen auf. In diesem, einem seiner besten, auch in Cannes ausgezeichneten Film, ist es vor allem die Generation der Eltern jener junger Leute, die er zur Verantwortung zieht. Ein eindringlicher und engagierter Film, dessen Handlung in die Klammer eines Prozesses eingebunden ist. Nicht zuletzt tragen zu der bewegenden Gestaltung des Themas so prominente Darsteller wie Bernard Blier und die damals 15-jährige Marina Vlady bei." (mdr Presse)

The bad and the beautiful

(Stadt der Illusionen), Regie:   Vincente Minnelli, USA - 1952
Regisseur: Vincente Minnelli - Drehbuch: Charles Schnee - Kamera: Robert Surtees - Musik: David Raksin - Maskenbildner: William Tuttle - Darsteller: Gilbert Roland Victor - Kaaren Verne Rosa (/xx/) - Lana Turner Georgia - Ivan Triesault - Barry Sullivan Fred Amiel - Paul Stewart Syd Murphy - Vanessa Brown Kay Amiel - Dick Powell James - Walter Pidgeon Harry - Gloria Grahame Rosemary, Bartlows Frau - Kirk Douglas Jonathan Shields - Leo G. Carroll Henry Whitfield -
Kritiken : "Kein schlechter Titel [DIE STADT DER ILLUSIONEN] diesmal, so schlecht die Erfahrungen auch sonst mit unseren deutschen Titelfabrikanten sind. Denn das ist, nicht zum ersten Male, ein Film vom Film, ein Film im Film, ein Film aus dem Film. Ein Film von Hollywood vor allem, voll schonungsloser Einblicke in Glanz und Elend der großen Filmkarrieren. Hier steigt der junge Jonathan Shields vom kleinen Außenseiter zu Ruhm und Erfolg auf; er geht seinen Weg über gebrochene Herzen, verratene Freundschaften, er geht über Leichen und ist am Ende verlassen und gehaßt. Aber alle, denen er wehe getan hat, müssen zugeben, daß er ein Genie des Films war, mit einer untrüglichen Nase für den Erfolg, einem unbestechlichen Auge für Talente. Sie alle sind etwas geworden, obwohl sie ihn hassen, und sie alle spüren wieder die dämonische Verlockung, als der Gescheiterte nach Jahren wieder an sie appelliert. In der Form der verknüpfenden Rückblendung leuchtet der Streifen Schicksale und Menschen aus der erbarmungslosen Menschenmühle Film heraus – der Film ein Leben, das Leben ein Film. Monomanisch mitunter, parabolisch übersteigert, Leidenschaft nicht nur, sondern Besessenheit, ja Wahnsinn. Solcherart ist der Preis, der für den Ruhm gezahlt wird, ein hoher, ein unmenschlicher Preis, aber wer fragt danach, wenn das Werk Millionen fasziniert! Fast möchte man sagen, daß sie alle mit einer Art Haßliebe am Werk waren, die hier das eigene Haus ausleuchteten und auch vor den dunkelsten Ecken nicht haltmachten. Drehbuch, Regie und Kamera arbeiten ideal zusammen, da ist kein schwacher Meter, kein schwacher Einsatz, keine lahme Einstellung, da ist von Anfang bis Ende eine vielleicht kalte, aber eine selbst im Bösen bestechende Perfektion. Wie versteht es die Regie (Vincente Minnelli) von der Idylle zum Grauen zu wechseln – soviel Illusionen, soviel Desillusionen. Wie wird hier von der Kamera (Robert Surtees) Schwarz und Weiß entfesselt, so daß man alle Farben vergißt – wieviel tausend Entdeckungen gibt es noch zwischen Licht und Dunkel! Von den Darstellern tut sich wieder Kirk Douglas hervor, den Billy Wilder im REPORTER DES SATANS [ACE IN THE HOLE, USA 1951]entdeckt hatte, mit diesem Gesicht, das hinter einer blanken Jungenmiene tausend Teufel glaubhaft macht. Ebenbürtig Lana Turner, die Entdeckte, Zerbrochene, Gefeierte. Aber sie sind alle hervorragend geführt, sie wissen alle, was sie diesem Hexensabbat der Leinwand, diesem Höllenspuk der verlorenen Illusionen schuldig sind: Walter Pidgeon, Dick Powell, Barry Sullivan, Gloria Grahame, Leo G. Carroll, Sammy White, Ivan Triesault, Gilbert Roland – es gibt keine schlechten Schauspieler in diesem Streifen. Das ist seit den Billy-Wilder-Filmen das stärkste, was Hollywood geschickt hat. Wenn die Filmfestspiele nur noch einen Film, wie diesen bringen, seien sie gepriesen." W. Lg. in: Der Tagesspiegel (Berlin), 20.6.1953. "Ein Spitzenfilm, in allen Rollen hervorragend besetzt." (Gong)

Bakushû

(Weizenherbst), Regie:   Yasujirô Ozu, Japan - 1949
Regisseur: Yasujirô Ozu - Drehbuch: Kogo Noda - Yasujirô Ozu - Darsteller: Setsuko Hara Noriko - Chishû Ryû Koichi - Chikage Awashima Aya Tamura - Kuniko Miyake Fumiko - Ichiro Sugai Shukichi -
Kritiken : "Nachdem BANSHUN [Yasujirô Ozu, Japan 1949] beim Publikum besonderen Anklang gefunden hatte, war die Produktionsgesellschaft Shôchiku an einer ähnlichen Geschichte von Ozu interessiert. So dachten sich Ozu und sein Drehbuchautor Noda gemeinsam ein neues Stück aus. Obwohl die Handlung etwas differenzierter und vielschichtiger wurde, blieb die Grundkonzeption die gleiche. Die Tochter der im Mittelpunkt stehenden Familie soll sich – um das Heiratsalter nicht zu verpassen – endlich vermählen. Wie beim letzten Mal spielt Setsuko Hara die Rolle der Tochter. Auch die alten Namen tauchen wieder auf: Die Hauptperson heißt Noriko, ihr Vater Shûkichi, ihre Freundin Aya … Die Einzelheiten und Dialoge, mit denen Noda im vorliegenden Fall besonders zufrieden gewesen sein soll, bringen ein hohes Maß an Empfindsamkeit und feinen Humor zum Ausdruck. (…)" Keiko Yamane: Das japanische Kino. Geschichten. Filme. Regisseure. München /Luzern: Bucher 1985, S. 114. "Einer der schönsten Filme Yasujirô Ozus ist ohne Zweifel BAKUSHÛ. In seinen Personenkonstellationen ist er vergleichbar mit TÔKYÔ MONOGATARI [Yasujirô Ozo, Japan 1953]. Während die Stimmung in BAKUSHÛ aber von zärtlicher Ironie getragen wird, herrschen in dem späten Meisterwerk eher pessimistische Töne. Im Grunde genommen erzählt BAKUSHÛ keine Geschichte. Dieser Film besteht vielmehr aus mehreren kleinen Episoden, die aneinandergereiht sind. (…) In keinem anderen Film seines Spätwerks hat Ozu so rigoros auf eine klassische Filmerzählung verzichtet. Jede dieser kleinen Episoden hat ein Eigenleben. Man kann BAKUSHÛ auch als Zyklus kleiner Alltagsgeschichten bezeichnen. So bleiben gerade auch diese einzelnen Episoden auf seltsame Weise eher im Gedächtnis haften als der ohnehin dünne Handlungsstrang, der im wesentlichen aus der Problematik besteht, die sich aus Norikos Heiratswünschen entwickelt. Jede dieser kleinen Szenen aber, an die man sich im Nachhinein erinnert, ähnelt jenen flüchtigen privaten Erinnerungen, die einem beim Aufschlagen eines alten Fotoalbums wieder in den Sinn kommen. (…) Ozu verklärt weder die Tradition noch den Fortschritt. Es scheint ihm vielmehr um eine Differenzierung dieser beiden Pole zu gehen. Die traditionelle Familie in BAKUSHÛ selbst erscheint sowohl als Institution sozialer Geborgenheit, als auch als ein Ort der Unterdrückung individueller Wünsche. Als Noriko von ihrer Familie getadelt wird, weil sie sich einer traditionell arrangierten Heirat widersetzt und sich für einen selbsterwählten Mann entscheidet, spürt man unter der Oberfläche idyllisch-harmonischen Familienlebens schon etwas von dem repressiven Charakter, den fast jede Familienhierarchie aufweist. Es sind hier weniger die Eltern, die bei Ozu oft liberaler sind als ihre erwachsenen Kinder, sondern es ist der Bruder Kôichi, der patriarchalisches Verhalten an den Tag legt und sich durch das aufkommende Selbstbewußtsein der japanischen Frau in Frage gestellt sieht. Noriko schwankt zwischen der Identität einer sich emanzipierenden Frau, die einen Beruf ausübt und ihre Zukunft selber gestaltet, und den traditionellen Rollenerwartungen der Familie, denen sie ebenfalls gerecht werden will. Die Tränen vor dem Hochzeitstag verweisen schon auf die Zerrissenheit der jungen Witwe (die ebenfalls Noriko heißt) am Ende von TÔKYÔ MONOGATARI. In BAKUSHÛ aber gelingt es der Tochter, ihre Selbstverwirklichung und den Segen ihrer traditionell gesinnten Familie zu erlangen. Das gibt diesem Film eine für Ozus Spätwerk selten versöhnliche Note. (…)" Rüdiger Tomczak in: Filmfaust (Frankfurt am Main), Nr. 67, August/September 1988.

The Barefoot Contessa

(Die barfüssige Gräfin), Regie:   Joseph L. Mankiewicz, USA - 1954
Produzent: Robert Haggiag - Angelo Rizzoli - Joseph L. Mankiewicz - Regisseur: Joseph L. Mankiewicz - Regieassistent: Piero Mussetta - Drehbuch: Joseph L. Mankiewicz - Kamera: Jack Cardiff - Musik: Mario Nascimbene - Schnitt: William Hornbeck - Architekt: Arrigo Equini - Darsteller: Riccardo Rioli Zigeuner Tänzer - John Parrish Mr. Black - Tonio Selwart Pretender - Margaret Anderson Pretender's wife - Gertrude Flynn Lulu McGee - John Horne Hector Eubanks - Bessie Love Mrs. Eubanks - Bob Christopher Eddie Blake - Anna Maria Paduan Zofe - Carlo Dale Chauffeur - Olga San Juan (/xx/) - Helena Makowska - Mari Aldon Myrna - Rossano Brazzi Vincenzo Torlato-Favrini - Ava Gardner Maria Vargas - Edmond O'Brien Oscar Muldoon - Warren Stevens Kirk Edwards - Marius Goring Alberto Bravano - Valentina Cortese Eleanora [Torlato-Favrini] - Elizabeth Sellars Jerry - Franco Interlenghi Pedro - Diana Decker Betrunkene Blondine - Alberto Rabagliati Proprietor - Enzo Staiola Bus boy - Maria Zanoli Marias Mutter - Renato Chiantoni Marias Vater - Bill Fraser J. Montague Brown - Humphrey Bogart Harry Dawes - Jim Gérald Mr. Blue -
Inhaltsangabe : Filmregisseur Harry Dawes hat bessere Tage gesehen. Jetzt muss er mit dem arroganten Millionär Kirk Edwards und dessen Presseagenten Oscar Muldoon zusammenarbeiten, wenn er wieder einen Film drehen will. Die drei Amerikaner sind nach Madrid gekommen, weil sie mit der attraktiven Tänzerin Maria Vargas Probeaufnahmen machen wollen. Maria verhehlt nicht, wie sehr ihr Edwards und sein geschwätziger Agent missfallen. Nur Harry gewinnt ihr Vertrauen und kann sie zu einem Vertrag überreden. Aus der unbekannten Tänzerin wird nach dem Erfolg ihres ersten Films der große Star Maria d'Amata. Viele Männer bemühen sich um sie. Sie bleibt jedoch unnahbar, auch als sie sich von dem reichen Südamerikaner Bravano an die Riviera einladen lässt. In einem Spielcasino kommt es zum Eklat. Der italienische Graf Vincenzo Torlato-Favrini hilft Maria ritterlich gegen Bravanos Beleidigungen. Vincenzo und sie verlieben sich ineinander. Er bittet Maria, ihn zu heiraten. Harry ist Trauzeuge bei der Hochzeit. Er zweifelt allerdings daran, dass Maria mit Vincenzo wirklich glücklich werden kann und seine Zweifel bestätigen sich bald auf tragische Weise ... (mdr Presse)
Kritiken : "Der Aufstieg und Fall einer Filmschauspielerin in der internationalen Gesellschaft, mit starken sozialkritischen Aspekten durchdrungen. Der Film wird durch Rückblenden während ihres Begräbnisses erzählt, wobei das melodramatische Ende leider den Gesammteindruck schwächt. Hervorragende Interperation durch Ava Gardner und Humphrey Bogart." (lhg) "Zynische Abrechnung mit Hollywoods Erfolgsmechanismen" (tele) "Diese barfüßige Gräfin ist eine unnahbare Person. Verschiedene Männer müssen das im Laufe der Zeit erfahren, ohne die Rätselhaftigkeit der kleinen spanischen Tänzerin, die ein Filmregisseur per Zufall entdeckt, deuten zu können. Maria Vargas wird zu einem neuen Stern am Filmhimmel von Hollywood, aber sie bricht sehr schnell aus diesem Leben aus, selbst ein südamerikanischer Millionär bedeutet ihr nichts. Da tritt eines Tages ein italienischer Graf in ihr Leben, und nun glaubt Maria sich der Erfüllung ihres Lebenstraumes nahe, doch in der Hochzeitsnacht muß sie erfahren, daß Vincenzo an einer schweren Kriegsverletzung leidet und ihr keine Kinder schenken kann. Trotzdem glaubt die Gräfin, ihn glücklich machen zu können. Jedoch ihr Rezept versagt – Vincenzo greift zur Waffe und löscht das Leben der geliebten Frau aus. Joseph L. Mankiewicz hat es sich mit diesem Film nicht leicht gemacht, er hat einen Personenkreis geschaffen, in dem jede einzelne Figur interessant gesehen ist. An der Spitze Ava Gardner, die undurchsichtige Frau, voller geheimer Sehnsucht und ohne glückhafte Erfüllung. Neben ihr Humphrey Bogart, ein zunächst verkrachter Filmregisseur, der durch eine neue Aufgabe wieder zum Erfolg findet, ein bewährter Freund ohne Hintergedanken, ein Mann, der ohne Illusionen zu leben bereit ist. Edmond O’Brien, ein Presseagent, dem jedes Mittel heilig ist, um Karriere zu machen – eine so eindringliche Gestaltung, daß sie „Oscar“- gekrönt wurde. Marius Goring, ein Zyniker unter den Millionären und Warren Stevens ein herrschsüchtiger Filmproduzent. Dem Grafen gibt Rossano Brazzi aristokratische Gestalt. Unter den weiteren Gesichtern fällt die beherrschende Kühle von Valentina Cortese auf. In drei großen Rückblenden erzählt die in sauberen Farben malende Kamera von Jack Cardiff das Leben der barfüßigen Gräfin, skeptisch, bisweilen sogar ungewöhnlich angriffsfreudig und kritisch, ein optisches und durch die geschliffenen Dialoge auch ein akustisches Vergnügen. Dazu ein hoher Spannungsgrad gepaart mit dem künstlerischen Anliegen, gewisse Zustände aufs Korn zu nehmen und anzuprangern. Ein gelungener Wurf mithin, der sich auszahlen sollte." H.R. in: Die Filmwoche (Karlsruhe), Nr. 19, 7.5.1955.
Anmerkungen: Joseph L. Mankiewicz gelang ein unvergesslicher Film über Glanz und Untergang eines Stars mit Ava Gardner in der Titelrolle, einst als "eine der schönsten und aufregendsten Frauen unserer Zeit" gefeiert. Atemberaubende Aufnahmen machten 1942 die MGM-Bosse auf das Fotomodell Ava Lavinia Gardner aufmerksam. Man engagierte sie für 5 Jahre und besetzte kleine Rollen mit ihr - bis sie 1946 als Vamp Kitty Collins in "Rächer der Unterwelt" zum Männertraum avancierte. Fortan spielte Ava Gardner starke Frauen mit erotischer Ausstrahlung: die Cynthia in der Hemingway-Verfilmung "Schnee auf dem Kilimandscharo" (1952), die verführerische Eloise in dem Afrika-Erfolg "Mogambo" (1953) - eine Rolle, die ihr sogar eine Oscar-Nominierung einbrachte. Als "barfüßige Gräfin" erreichte Ava Gardner den Höhepunkt ihrer glanzvollen und ungewöhnlich langen Filmkarriere: 45 Jahre stand sie in 72 Filmen vor der Kamera, u.a. mit Burt Lancaster, John Wayne, Richard Burton, Clark Gable, Gregory Peck, Humphrey Bogart ... Ava Gardners zahlreiche Affären und ihre fünf Ehen sorgten immer wieder für Schlagzeilen. Am 25. Januar 1990 starb sie an einer Lungenentzündung. (mdr Presse)

Bellissima

Regie:   Luchino Visconti, Italien - 1951
Produzent: Salvo D'Angelo (/xx/) - Regisseur: Luchino Visconti - Drehbuch: Suso Cecchi d'Amico - Francesco Rosi - Luchino Visconti - Cesare Zavattini - Darsteller: Tina Apicella Maria - Walter Chiari Alberto - Anna Magnani Maddalena - Alessandro Blasetti Alessandro Blasetti - Gastone Renzelli Spartaco -
Inhaltsangabe : Maddalena, die Tochter eines römischen Arbeiters, möchte ihre kleine Tochter Maria zu einem Kinderstar machen. Sie lässt ihr Kind an einem Wettbewerb in der Cinecittà teilnehmen. Obwohl der Regisseur Maria zu klein findet, kämpft ihre Mutter verbissen weiter. Eine Filmgesellschaft sucht ein kleines Mädchen als Hauptdarstellerin für einen neuen Film. Hunderte von ehrgeizigen Müttern sind am Tag der Auswahl gekommen, um ihr Kind in der glitzernden Welt des Films unterzubringen. Vor allem Maddalena, die Frau des Arbeiters Cecconi, versucht, ein wenig von dem großen Glück zu erhaschen, das ihr in ihrem tristen Kellerdasein bisher versagt geblieben ist. Sie schuftet unentwegt, um ihrem Kind eine Tanz- und Sprechausbildung zu ermöglichen, und opfert sogar den Notgroschen der Familie, um durch einen vermeintlichen Helfer besondere Fürsprache für ihre Tochter zu erhalten. Das Wunder geschieht - die kleine Maria wird zu Probeaufnahmen eingeladen. Als Maddalena aber die Vorführung der Aufnahmen unbemerkt beobachtet, muss sie erleben, wie die schüchternen Schauspielversuche ihrer kleinen Tochter von den sarkastischen Kommentaren und vom Gelächter des Filmteams begleitet werden. Tief verletzt begreift sie endlich, dass sie einem Reklame-Gag aufgesessen ist. (3 Sat Presse)
Kritiken : "(…) Die Fabel (nach einem Originalstoff von Cesare Zavattini) ist denkbar simpel: Maddalena Cecconi, eine einfache aber resolute Frau aus dem Armenviertel Roms, ist ihres Rackerdaseins überdrüssig; sie träumt von einem Leben in Glanz und Reichtum und vermeint, diesen Traum durch eine Filmkarriere ihrer siebenjährigen Tochter realisieren zu können. Der Aufruf einer Filmgesellschaft, die einen neuen Kinderstar sucht, gibt ihr den Antrieb. Unter beträchtlichen persönlichen Opfern und Zugeständnissen aller Art gelingt es ihr, ihre Pläne bis zu Probeaufnahmen vorzutreiben. Als sich jedoch bei deren Vorführung der ganze Spott der Filmleute, ihr hemmungsloser Zynismus über das arme Kind ergießt, dämmert ihr die Erkenntnis, daß das Glück doch nicht auf diesem Wege liegt. Sie bricht zusammen, als ihre Gleichung nicht aufgeht. Sie verweigert ihre Tochter dem Moloch Film, trotz phantastischer Angebote. Visconti hat diese Geschichte, die alle Rühreffekte barg, mit einer pathosfreien Sensibilität inszeniert, die ihm unsere Bewunderung sichert. Vor dem Hintergrund eines präzise geschilderten Kleine-Leute-Milieus auf der einen Seite, eines zwischen Talent und Talmi angesiedelten Kulissenbetriebs der römischen Filmstadt Cinecittà auf der anderen, zieht er die Konturen dieses Schicksals aus. Mit den Machenschaften der Filmindustrie geht Visconti hart ins Gericht. Zum Beispiel mit der Korruption. Ein junger Nichtstuer (Walter Chiari), von jener Sorte, wie sie in allen Filmateliers der Welt dutzendweise zu finden sind, „lanciert“ Maddalena unter der Bedingung, daß sie entweder seine Freundin wird oder fünfzigtausend Lire zahlt, frei nach dem Motto der Filmkarriere: „Wer nichts gibt, kriegt nichts.“ In einer anderen, scheinbar nebensächlichen Szene deckt Visconti die Schattenseiten des vielbejubelten Verfahrens auf, Laien mit Filmrollen zu betrauen – ein Verfahren, das die also Auserwählten fast immer aus ihrer gewohnten Umwelt herausreißt, um sie dann, nach ein, zwei Rollen, achtlos irgendwo liegenzulassen, Opfer ihrer Filmbesessenheit. Solch scharfsinnige Entlarvung des Filmbetriebs steht jedoch niemals um ihrer selbst oder – wie in manchen Hollywood-Produktionen – um eines barschen Effektes willen. Sie dient dazu, den Film nicht sosehr in den Augen des Zuschauers, als vielmehr in der Vorstellungswelt der Mutter zu denunzieren, in deren kleinbürgerlichem Hirn er, wie in den Köpfen so vieler Millionen, als alltagsentrückter Mythos herumspukt. Mit fortschreitender Handlung blättern allmählich alle Illusionen von ihr ab, bis zur endlichen Katharsis. Visconti will nicht überreden, er will am Beispiel überzeugen. Er behauptet nicht, er zeigt und beweist – und dieser Beweis ist meisterhaft der filmischen Erzählweise integriert. Überhaupt verdiente das Drehbuch (von Suso Cecchi D’Amico, Francesco Rosi und Visconti) einen Sonderpreis. Was für ein glänzender Einfall etwa, die Rolle eines Filmregisseurs mit Blasetti selber, dem populären Fabulierer der Leinwand, zu besetzen. Schicksalsporträt und Gesellschaftskritik sind hier aufs intelligenteste verwoben; damit das gelingen konnte, mußte zur Wahrhaftigkeit der Regie die Wahrhaftigkeit einer großen Darstellerin kommen. Anna Magnani kann bewegende Charaktere ganz ohne Sentimentalität verkörpern; ihr ungestümes Naturell, ihre leidenschaftliche Vitalität dürfen in dieser Rolle denn auch ungeschminkt lodern – ohne daß sie sich irgendwo „gehen“ ließe. Ihr sprühender Mutterwitz entlockt auch dem ernsten Betrachter manches Lachen. Das ist einer jener Filme, die zählen." Hans-Dieter Roos in: Die Welt (Hamburg), 6.2.1960. "Luchino Visconti kontrastiert das Leben der römischen Unterschicht mit der Cinecittà, Italiens Traumfabrik. Ergreifend, witzig, schön!" (TV Spielfilm)
Anmerkungen: "Hintergrundinformationen: "Bellissima" ist der dritte Spielfilm des bedeutenden italienischen Regisseurs Luchino Visconti (1906 - 1976). Der Film wurde 1951 gedreht und basisiert auf einer Novelle von Cesare Zavattini, der als "Ideologe des Neorealismus" galt und viele Vorlagen zu frühen Vittorio-de-Sica-Filmen schrieb, auch für "Fahrraddiebe". Die unsentimentale, fast ironische Zeichnung der ehrgeizigen Maddalena vermittelt dem Zuschauer ein anrührendes Bild vom Leben in düsteren Hinterhöfen, in denen trotz Armut Stolz und Würde noch nicht abhanden gekommen sind." (3 Sat Presse)

Eine Berliner Romanze

Regie:   Gerhard Klein, Deutsche Demokratische Republik - 1956
Produktion: DEFA - Regisseur: Gerhard Klein - Darsteller: Erich Brauer - Annekathrin Bürger - Erika Dunkelmann - Erich Franz - Marga Legal -
Kritiken : "Gemessen an anderen Defa-Filmen, die hier und heute spielen, ist EINE BERLINER ROMANZE überraschend, ja geradezu bahnbrechend … bahnbrechend zumindestens für die Defa, denn die Art und Weise, wie diesmal an das Thema herangegangen wurde, lernten wir bislang nur in guten französischen und italienischen Filmen kennen. Gemeinhin wird bei uns angestrebt, über die Gegenwart hinaus die helle Zukunft, die schöne Perspektive gleich mitzufotografieren, ein großer gesellschaftlicher Fortschritt, über den bereits erreichten hinaus, wurde im Film häufig vorweggenommen, antizipiert – das führte, wie wir wissen, recht oft zu künstlerischen Mängeln, womit grundsätzlich nichts gegen die besonderen Möglichkeiten gesagt sein soll, die der Film, in der angedeuteten Richtung für die Bewußtseinsbildung der Zeitgenossen hat. Immerhin, es geht auch anders, zumal mit künstlerischem Gewinn, wie sich eben zeigte. Der demokratische Sektor Berlins – das ist die Stalinallee, diesen Eindruck konnte man aus manchen Defa-Filmen gewinnen. Die BERLINER ROMANZE bleibt aber, hemdsärmelig gesprochen, „auf dem Teppich“. Dieser Film schildert uns Menschen, die nicht – oder noch nicht – in so komfortablen Häusern wohnen wie in der Stalinallee. Dieser Film will offenbar in erster Linie eine Bestandsaufnahme geben, und es ist ein wertvoller Bestand, der zu Tage kommt. Eine ganz alltägliche Geschichte … also eine Liebesgeschichte wird erzählt, sie ist durchaus nicht aufregend, doch sie fesselt uns durch ihre frappante Wirklichkeitsnähe. Ein kleines Stück vollkommen unverstellter Wirklichkeit erleben wir, darin hat maßstabsgerecht die Sorge und der Optimismus Platz. Ein Film, der in allen Details stimmt. Gewiß waren die Erwartungen beträchtlich, die man an den zweiten Film des Autor-Regisseur- Gespanns Wolfgang Kohlhaase, Gerhard Klein knüpfte. Beide haben gehalten, was sie nach dem erfolgreichen Film ALARM IM ZIRKUS [DDR 1953/54] versprachen. Es erweist sich wieder einmal, wie nützlich es ist, wenn Autor und Regisseur ganz genau wissen, was sie wollen. Der Autor vermeidet es, dem Partner um jeden Preis eine eigene Konzeption aufzuzwingen, beziehungsweise, der Regisseur will partout nicht alles besser wissen. Harmonieren Autor und Regisseur, so wird es anscheinend auch einfacher, einen Film gegen die verschiedenen „letzten Instanzen“ im umfangreichen Defa- und Filmkomitee-Apparat durchzusetzen. Unkompliziert ist die Fabel des Films: Die hübsche Uschi, Verkäuferin im HO-Kaufhaus Alexanderplatz, bei den Eltern im Ostsektor wohnend, lernt einen Hans aus Westberlin kennen. Anfangs sieht es nicht aus, als würde zwischen den beiden eine Liebesgeschichte entstehen. Hans blitzt des öfteren ab. Bald haben sich jedoch die beiden von Herzen gerne. Mal treffen sie sich im Osten, mal im Westen, und Uschi läuft schließlich sogar mal von zu Hause weg, um allerdings schnell wieder heimzufinden. Am Ende darf man als sicher annehmen, daß die beiden zusammenbleiben werden, sie werden, wie es heißt, „miteinander gehen“. Müßig, Einzelheiten der Handlung mitzuteilen … zu betonen ist nur: In diesem Film gibt es keinen falschen Zungenschlag und keine sentimentalen „Drücker“. Der Regisseur Gerhard Klein hat seinen Darstellern ein Höchstmaß an typengerechter Natürlichkeit abverlangt. Annekathrin Bürger, seinerzeit unter Hunderten von Bewerberinnen als Uschi ausgesucht, spielt sich vermutlich selber. Aber das ist schon viel und in diesem Film völlig richtig. Sie wird, wie man hört, künftig die Schauspielschule der Defa absolvieren. Ulrich Thein und Uwe-Jens Pape sind unverfälschte Exemplare eines Typs von jungen Männern, die speziell diese Stadt geformt hat. Sie tendieren wohl zu den sogenannten „Halbstarken“, aber im allgemeinen werden die „Halbstarken“ ja nur lästig, wenn sie in Rudeln auftreten, einzeln genommen, können sie ganz verständig, fleißig, jungenhaft und witzig sein – ein Umstand, der heutzutage, wenngleich nicht ohne Anlaß, häufig unterschätzt wird. Auch in diesem Punkt ist der Film gerecht. Erika Dunkelmann, Erich Franz, Hartmut Reck – Eltern und Bruder Uschis – repräsentieren im wahrsten Sinn des Wortes eine Berliner Arbeiterfamilie, ebenso Marga Legal, eine mit dem Pfennig rechnende Mutter aus Westberlin. Horst Kube, Hermann Wagemann, Eckart Friedrichson u.a. sind nicht minder genau beobachtete und dargestellte Figuren des heutigen Berlins, das Kameramann Wolf Göthe von morgens bis Mitternacht wahrheitsgetreu ins Bild brachte." c.a. in: Berliner Zeitung, 20.5.1956. "Im Jahr 1955 gab es zwar noch keine Mauer, doch die ideologischen Grenzen zwischen dem Ost- und West-Teil Berlins waren bereits klar gezogen. Die Defa-Studios in Babelsberg produzierten damals eine Reihe von Propaganda-Spielfilmen, die vor den „schlimmen“ sozialen Verhältnissen im Westen warnten. Zu ihnen zählt auch jene BERLINER ROMANZE (…). Regie führte Gerhard Klein, der 1961 mit seinem Werk DER FALL GLEIWITZ international bekannt wurde und zu einem der führenden Regisseure in der DDR aufstieg. In der BERLINER ROMANZE stellte Klein der Ost-Berliner Verkäuferin Uschi (Annekathrin Bürger) den West-Berliner Autoschlosser Hans (Ulrich Thein) gegenüber. Hans schlägt sich als Gelegenheitsarbeiter durch. Er konnte seine Lehre nicht beenden und wäscht nachts Luxuslimousinen. Die beiden lernen sich kennen (und später auch lieben), als Uschi durch die „buntbeleuchteten Straßen und Vergnügungsplätze des Westens“ bummelt, wie es im Defa-Verleihtext heißt. Dabei ahnt sie nichts vom harten Schicksal ihres Freundes, der ihr schließlich sogar hilft, ihre Mannequin- Karriereträume mitzufinanzieren. Schöner Schein und bittere soziale Realität: das sind die zwei Elemente, mit denen Regisseur Klein und sein Stamm-Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase die Situation im Westen charakterisieren. Das muß Uschi erst lernen, bevor sie mit ihrem Hans geläutert zu Muttern in den Sozialismus zurückkehren kann. Dort erst, so heißt es im Verleihtext, „beginnt das wirkliche Glück unserer beiden jungen Berliner Menschenkinder“. Anonym in: Berliner Morgenpost, 29.1.1986.

Cat on a hot tin roof

(Die Katze auf dem heissen Blechdach), Regie:   Richard Brooks, USA - 1958
Produktion: Avon - Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) - Produzent: Lawrence Weingarten - Regisseur: Richard Brooks - Drehbuch: Richard Brooks - James Poe - Nach einer Vorlage von: Tennessee Williams play - Kamera: William H. Daniels - Maskenbildner: William Tuttle - Darsteller: Judith Anderson Big Mama - Jack Carson Cooper - Burl Ives Big Daddy - Paul Newman Brick - Madeleine Sherwood Mae Pollitt - Elizabeth Taylor Maggie Pollitt -
Inhaltsangabe : Die Geschichte einer Familie in den amerikanischen Südstaaten. Alkohol und Eifersucht haben sie zerstört, Liebe und Hass liegen dicht beieinander. An einem schwülen Sommerabend während der Feier des 65. Geburtstages des herrischen Patriarchen Big Daddy bricht die Verzweiflung aus der Familie heraus, und es kommt zu einem grossen dramatischen Konflikt.

Im Hause des Plantagenbesitzers Pollitt geht es recht lebhaft zu. Der Hausherr, genannt "Big Daddy", hat Geburtstag; er wird jeden Augenblick von einer Reise zurückerwartet, die ihn zu den besten Krebsspezialisten des Landes führte. Neben seiner Frau erwarten ihn seine Söhne Cooper und Brick mit ihren Frauen. Cooper und Mae Pollitt sind mit ihrer ganzen Kinderschar gekommen, Brick Pollitt und seine attraktive Frau Maggie haben dagegen keine Kinder. lhre Ehe ist völlig zerrüttet, weil Brick sich einredet, Maggie sei schuld am Tod seines besten Freundes Skipper. Mit sich und der Welt zerfallen, glaubt er, das Leben nur aushalten zu können, wenn er sich mit Whisky volllaufen lässt. Brick ist nicht einmal bereit, seinem Vater zu gratulieren, als dieser eintrifft und die Familie mit der Nachricht überrascht, der Verdacht auf Krebs habe sich nicht bestätigt. Sein Arzt und sein Sohn Cooper wissen es allerdings besser; in Wirklichkeit ist "Big Daddy" nämlich unheilbar krank, doch hat man ihm diese bittere Wahrheit vorenthalten.
Während der Geburtstagsfeier kommt es zu dramatischen Spannungen. Emotionen und Aggressionen eskalieren in einer reinigenden Aussprache, in der schmerzliche Wahrheiten ans Tageslicht kommen. ... (BR Presse)
Kritiken : "Die dunkle merkwürdige Welt des Dichters Tennessee Williams wird sich in manchen Zusammenhängen, die sich erst ganz rund und verständlich machen und aus einem Guss, meist der Verfilmung entziehen. Einfach, weil manche der Probleme zu kompliziert sind oder auch zu abseitig, um in die Bildsprache übersetzt zu werden, es sei denn, dass jemand den Mut hat, alle Konventionen über Bord zu werfen. Aus dem erfolgreichen Bühnenstück „Die Katze auf dem heissen Blechdach“ allerdings ist ein ausserordentlich starker, fülliger und immer noch das Publikum scharf bedrängender Film geworden. Die südlichen Familien kommen in der zeitgenössischen Literatur selten gut fort. Wüsste man allgemein um sie, soviel wie die Autoren, die ihr Leben beschreiben, so würde man auch manches aktuelle Vorkommnis, nicht zuletzt den massiven Widerstand, den die Südstaaten in der Negerfrage bieten, vermutlich besser verstehen. Es sind so viele aufgestaute Hemmungen, so viele unterdrückte Sünden, so viele vergeblich nach Lösung suchende Leidenschaften in dieses Gewebe der alten Plantagenbesitzer-Gesellschaft eingewoben, dass zahlreiche regionale Gruppen und Familien einfach auseinanderfallen würden, wenn sie sich nicht in eisernem Trotz in das Korsett der Konvention einschnüren würden. Freilich, Williams’ Geschichte von dem Kampf um das Erbe der Familie des „Big Daddy“, von der zerbrochenen Ehe des jungen Brick (im Stück selbst kühner herausgebracht in der Bindung des Helden an den toten Freund), von dem Geheimnis der Krankheit, die auseiternd die Fassaden der Lüge zerstört – all dies könnte auch ein Familiendrama unter anderen Himmeln sein. Das atmosphärische Lokalkolorit ist aber dennoch da und färbt das Ganze. Es ist ein gewaltiger Druck, der den Film unausgesetzt auf hohen Touren hält. Dazu kommt, dass der Regisseur Richard Brooks einige der stärksten Darsteller einsetzen kann. An der Spitze steht Burl Ives, ein ungemein machtvoller Fleischklumpen von einem Mann, der, inmitten der Seinen allein, erst am Schluss und angesichts des Todes, das Licht einer Hoffnung in den Dunkelheiten seiner Seele findet. Neben ihm Judith Anderson, unverstanden und unverstehend und doch instinktiv den Menschen und ihrem rätselhaften Wesen nahe. Die schwere Rolle des vom Leben verschütteten Brick fiel Paul Newman zu. Er gibt die überzeugende Studie eines jungen Mannes, der einer panischen Abscheu vor sich selbst verfallen ist. Die Frau, zu der er nicht finden kann, ist Elizabeth Taylor, so schön und praktisch und so aus Verzweiflung überlegen, dass sich Tennessee Williams eine bessere „Maggie the Cat“ kaum hätte wünschen können." (…) Manfred George in: Der Tagesspiegel (Berlin), 28.9.1958.

"(…) Die Qual des seelischen Martyriums, wie es sich Menschen untereinander bereiten können, gewinnt in dem Film stärkere Kontur als in Tennessee Williams’ gleichnamigen Bühnenstück. Die Kamera (William H. Daniels) fängt nicht nur das vom Schleim penetranter Bürgerlichkeit durchsetzte, im viktorianischen Stil gehaltene Interieur des Hauses ein – sie ist unbarmherzig auf die Gesichter der Beteiligten gerichtet, aus deren „Geographie“ der Betrachter erst die Transparenz des Unterbewussten, die durch Schuldgefühle ausgelösten seelischen Verstörungen, erkennen, die Zusammenhänge begreifen und die Krisen deuten kann. (…) Richard Brooks (…) hat die „Typen“ seiner Akteure sorgsam ausgewählt, sie mit ihren geistigen Positionen vertraut gemacht und in dem grossartig funktionierenden, ganz auf „Tuchfühlung“ gedrillten Zusammenspiel die Hintergründe der Zerwürfnisse sichtbar und die Kloaken der Seele ruchbar werden lassen. In diesem voller Spannung ablaufenden, Ekel und Abscheu erregenden Prozess gibt sich die schöne, schwarzhaarige Elizabeth Taylor in der Rolle der liebenden Maggie als die grosse Überraschung. Kurz nach dem Tod ihres Mannes, Mike Todd, hatte sie diesen Part der „Katze auf dem heissen Blechdach“ übernommen und ihn mit der ganzen Intensität und Ausdrücksfähigkeit einer wahrhaft grossen Darstellerin belebt. Sie ist die liebende Frau an der Seite eines rabiaten Säufers – „Lucky Liz“, das schelmige, pfiffige Weibchen, das knurren und schnurren und am Ende – als Lohn ihrer Angst – den Mann wieder für sich gewinnen kann." (…) Martin Ruppert in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.2.1959.

"Mit einer Art Fanatismus wühlt Tennessee Williams in morbiden menschlichen Beziehungen herum: es glüht hier aber oft eine echte Leidenschaft der Demaskierung gesellschaftlicher Verlogenheit. Brooks nimmt sie auf, und seine Schauspieler lassen sie zum Teil bravuröserweise Fleisch und Blut werden..." (Filmberater 1959)

"Nach wie vor ein fulminanter Schauspielerfilm mit einer Liz Taylor, die selten so gut war wie als Maggie the Cat, einem Paul Newman, der noch nicht an seine Saucen dachte und einem unvergesslichlichen Big Daddy Burl Yves" (lhg 2001)

"Eindringliches Kammerspiel mit darstellerischen Höchstleistungen" (tele)
Anmerkungen: "Hintergrundinformationen:
Die "schauspielerisch glänzende Verfilmung des Theaterstücks von Tennessee Williams ist ein auf engstem Raum inszeniertes Drama" (Lexikon des Internationalen Films) über Verdrängungen, Hass und Liebe. Paul Newman erhielt für seine Leistung die erste Oscarnominierung seiner Karriere: "So treffend Newman Brick als gehemmt und von Schuldgefühlen geplagt darzustellen vermag, so überzeugend ist er, wenn sein Temperament mit ihm durchgeht und er Maggie oder Big Daddy anschreit, um sie daran zu hindern, noch weiter in seiner Persönlichkeit herumzustochern und seine gehüteten Geheimnisse zu entschleiern", schrieb Michael Kerbel in seiner Paul-Newman-Biografie (Heyne Filmbibliothek 13). Sein Brick Pollitt ist eine der vielen wortkargen, rebellischen, scheinbar gleichgültigen und dabei verletzlichen und verletzten Charaktere, auf die er sich wie kaum ein anderer versteht.

Paul Newman "Ich wurde nicht von einer inneren Stimme zur Schauspielerei getrieben, sondern von der Angst, das elterliche Sportgeschäft führen zu müssen", sagte Paul Newman einmal mit dem ihm eigenen Understatement. Dieser "Angst" verdankt die Kinowelt eine(n) ihrer grössten Stars und (Schauspieler-)Persönlichkeiten.
Seit den 50er-Jahren begeistert der "amerikanische Schauspieler, Regisseur und Produzent durch seine Vielseitigkeit, Professionalität und Ausdruckskraft" (Die 100 Filmstars des Jahrhunderts). Nach einer intensiven Ausbildung u. a. beim Actor's Studio, debütierte Newman 1953 am Broadway, ein Jahr später hatte er seinen ersten Leinwandauftritt. "Die Hölle ist in mir" (1956) mit seinem grandiosen Porträt des Boxers Rocky Graziano brachte den Durchbruch, "Die Katze auf dem heissen Blechdach" prägte sein Image als gebrochener Zyniker mit der immensen Ausstrahlung auf Frauen. Die 60er-Jahre brachten mit "Rachel, Rachel" die erste überaus erfolgreiche Regie, sie brachten auch die Kassenschlager und Komödienklassiker mit "Zwei Banditen" und "Der Clou" an der Seite von Robert Redford - ein Dream-Team an Witz, Charme und Leichtigkeit.
Seine Ausstrahlung blieb Newman bis heute erhalten, seine späten Rollen sind noch vielschichtiger geworden und dabei zeitweise von weiser (Selbst-)Ironie geprägt, ob er in "Die Farbe des Geldes" (1986) einen jungen Billardspieler unterweist (und damit den ersten Einzel-Oscar gewinnt) oder ob er gegen die Kleinbürgerlichkeit rebelliert (in "Nobody's Fool", 1994) oder "Sohn" Kevin Kostner aufmuntert (in "A Message in a Bottle", 1998), ob als Gentleman-Gangster (in der Kriminalkomödie "Ein heisser Coup", 2000) oder als eiskalter Unterweltboss mit grossbürgerlicher Fassade, der den Sohn seines besten "Mitarbeiters" zum Tode verurteilt (in dem düsteren Gangsterdrama "Road to Perdition", 2002).
Dass auch seine Firma "Newman's Own" (Salatsaucen) kommerziell voll einschlug, ist kein Wunder bei einem Mann, dem alles zu gelingen scheint. Die Gewinne fliessen in karitative Einrichtungen, denn "man hört nicht auf, ein Staatsbürger zu sein, wenn man einen Schauspielerausweis der Gewerkschaft hat" (Newman).
Paul Newman arbeitet immer noch, wenn auch weniger: "Es gibt einen Punkt, an dem man einfach aufhören muss. Ich gehe jetzt seit 15 Jahren in Rente. Irgendwann muss man es dann wirklich machen, sonst glauben einem die Leute nicht mehr." ( Walter Greifenstein, BR Presse)

Elizabeth Taylor Manchmal sind es einzelne Bilder, die das Image eines Stars über Jahre hinaus bestimmen können: Liz Taylor im hellen Seidenunterrock, an Newmans Schulter oder an einem Türrahmen lehnend; die angeschlagene, aber unverwüstliche Heldin eines Schlafzimmermelodrams. Ihr Look in CAT ON A HOT TIN ROOF wurde zum Markenzeichen, so wie ein paar Jahre zuvor Marlon Brando im weissen Unterhemd in A STREETCAR NAMED DESIRE (Elia Kazan, 1951) und Marilyn Monroe im hochwehenden Halter-neck-Kleid überm New Yorker U-Bahnschacht in THE SEVEN YEAR ITCH (Billy Wilder, 1955). Marion Löhndorf in: Traumfrauen. Stars im Film der fünfziger Jahre. Hrsg. von Gabriele Jatho und Hans Helmut Prinzler. Berlin: Bertz + Fischer 2006, S. 137.

Die Dreigroschenoper

Regie:   Georg Wilhelm Pabst, Deutschland, Frankreich - 1930
Produktion: Nero-Film AG, Berlin - Produzent: Seymour Nebenzahl - Regisseur: Georg Wilhelm Pabst - Drehbuch: Ladislaus Vajda - Story : Bertolt Brecht - Kamera: Fritz Arno Wagner - Zweite Kamera: Robert Baberske - Musik: Theo Mackeben - Kurt Weill - Schnitt: Hans Oser - Darsteller: Sylvia Torff - Reinhold Schünzel Tiger-Brown, Polizeichef - Carola Neher Polly - Rudolf Forster Mackie Messer - Fritz Rasp Peachum, Bettlerkönig - Lotte Lenya Jenny - Paul Kemp - Herbert Grünbaum - Valeska Gert Peachums Frau - Ernst Busch -
Kritiken : Rudolf Arnheim schrieb 1931 in der „Weltbühne“, dass die juristischen Auseinandersetzungen die Diskussionen um den Film bestimmt hätten, „und viele wissen nicht, was für eine wunderschöne Arbeit da geleistet worden ist. Die charmante Süße von Kurt Weills Musik; der adlige Tänzer Rudolf Forster, der Melone und Spazierstöckchen wie Insignien der Schauspielkunst trägt; die geschmeidig gleitende Kamera, die den Schauplatz der Handlung in lautlose Drehung versetzt und ihm dadurch aufs Glücklichste eine märchenhafte Unwirklichkeit verleiht, das benebelnde Perspektivenspiel gespenstisch vergitterter Innenräume, beängstigender Treppen, traumhaft komplizierter Fensterdurchblicke; der ironische Kitsch des Vollmondes und klagender Liebeslieder; die malerische Frechheit der Bettlerbörse; die zierliche, (…) nicht antastbare Anmut, mit der hier ,verrohend und entsittlichend’ gewirkt wird – man lasse sich das nicht entgehen!" "Was Brecht 1928 als antikapitalistisches Lehrstück über das Verhältnis von Bürgern und Räubern konzipierte, wurde für ihn drei Jahre später in der Verfilmung zum Lehrstück über die Gesetze der kapitalistischen Filmindustrie, die etwa den Geschäftsmann Mackie Messer zum Verführer machte, durch den die Faszination der Halbwelt für das Bürgertum noch besser funktionierte. Heute, da die Lieder von Brecht/Weill längst zu Evergreens geworden sind, nimmt sich der Film eher pittoresk aus, er funktioniert als kulinarisches Vergnügen an einem Märchen, das sich seine eigene Studiowirklichkeit erschaffen hat." (Frank Arnold, tip, 19/95)

Et Dieu créa la femme

(Und immer lockt das Weib, Adams kesse Rippe), Regie:   Roger Vadim, Frankreich - 1956
Regisseur: Roger Vadim - Drehbuch: Roger Vadim - Kamera: Armand Thirard - Musik: Paul Misraki - Darsteller: Brigitte Bardot Juliette Hardy - Isabelle Corey Lucienne - Paul Faivre M.Morin - Curd Jürgens Eric Carradine - Jeanne Marken Madame Morin - Christian Marquand Antoine Tardieu - Georges Poujouly Christian Tardieu - Jean-Louis Trintignant Michèl Tardieu -
Inhaltsangabe : Als achtzehnjähriges Mädchen verlässt Juliette das Waisenhaus und kommt in die Obhut des kinderlosen Ehepaares Morin, das auf einer kleinen malerischen Insel vor Saint-Tropez an der französischen Riviera eine kleine Buch- und Zeitschriftenhandlung betreibt. Zunächst sind die Morins glücklich, Juliette bei sich zu haben, zumal sie im Laden aushilft. Doch immer argwöhnischer registriert Mme. Morin, dass das bildschöne und unbewusst aufreizende Mädchen die Männer des Ortes magisch anzieht. Zu ihren hartnäckigsten Verehrern gehören bald Eric Carradine, ein Mann, gut betucht und in den besten Jahren, der attraktive Schürzenjäger Antoine Tardieu und sein schüchterner Bruder Michèl. Für Juliette aber gibt es im Grunde nur Antoine. Sie will sogar mit Antoine durchbrennen, als dieser eine neue Stelle in Toulon bekommt. Als sie aber durch Zufall erfährt, dass er nur mit ihr spielt, wirft sie sich in den Arme von Eric Carradine. Zutiefst empört beschliesst Mme. Morin, Juliette als schwererziehbar ins Waisenhaus zurückzuschicken. Verzweifelt wendet sich Juliette an Carradine, und dieser weiss tatsächlich einen Ausweg. Er bringt Michèl dazu, dem Mädchen einen Heiratsantrag zu machen. Obwohl er sich damit zum Gespött des ganzen Dorfes macht - jeder weiss, dass er nur Mittel zum Zweck ist - hält Michèl trotz seiner Unterlegenheit zu seiner jungen Frau, verteidigt sie gegen alle Angriffe und Nachstellungen. Juliette ist von seiner Haltung tief beeindruckt, auch wenn sie Michèl nicht liebt. Sie wird und will ihm eine gute Frau sein. Doch eines Tages kehrt Antoine zu seiner Familie zurück.... (ARTE Presse)
Kritiken : "Zwischen prüden Verwandten und der an ihrer Wohlgestalt interessierten Jungmannschaft eines südfranzösischen Fischerdorfes wächst ein junges Mädchen als ranker Wildwuchs auf. Da schneit ein angegrauter besserer Herr ins Dorf, den zwar die Lust aber doch schließlich auch das Gewissen schüttelt, und so verheiratet er das hüftenschwenkende Schmollkind an den tumben Jüngling des Ortes, nach dessen Bruder sich die Kleine in sengender Liebe verzehrt. Doch nachdem sie sich noch ein bißchen gefährlich ausgetobt hat, ermannt sich der Ehemann und bringt sie durch kräftige Maulschellen zur Räson und anschließend ins Fischerheim zurück. Die Kamera verweilt ausgiebig und zärtlich auf den prallen Proportionen der Bardot, deren attraktives Äußeres den Film trägt. Die Handlung ist zwar nicht allzu neu, aber durch dramatische Akzente publikumswirksam aufgelockert. Interessant in seiner befangen in sich gezogenen, drängenden Kraft der junge Ehemann von Jean- Louis Trintignant, eine überzeugende Leistung. Jürgens als soignierter Herr versucht durch Zurückhaltung und Überlegenheit aus seiner nicht eben glücklichen Rolle das Bestmögliche herauszuholen. Alle weiteren Gestalten sind adäquat besetzt. Stimmungsvolle Landschaftsaufnahmen geben wirkungsvollen Kontrast zur hitzigen Handlung." G. Huwe in: Filmblätter (Berlin), Nr. 11, 15.3.1957. "Der Film beschäftigt sich ausschließlich mit dem Versuch, die erotische Ausstrahlung von Brigitte Bardot zu deuten und zu nutzen. Der Versuch gelang. Jedenfalls dürfte es schwer sein, sich an ein besseres Experiment mit Monroe, Loren oder Lollo zu besinnen, wo den Kurven der Haupdarstellerin das Drehbuch nachgestaltet wurde. BB, die provokative Schlange im subtropischen Garten der Riviera, häutet sich mehrmals am Tage, das heißt, sie nützt das Klima und verzichtet auf Dior – was ihren Anhängern eine gute Idee schien. Freiwillig geht das kleine Luder in die Horizontale, wann immer es beliebt und – symbolisch zieht es noch im Hochzeitsstaat die Schuhe aus und latscht barfuß neben dem Bräutigam auf eine Szene zu, die den Toleranten im Kino so viel Vergnügen bereitet, daß alles gluckst und kichert. Partner von Brigitte: der junge Jean-Louis Trintignant, gegen den sich übrigens zehn Jame Dean eintauschen lassen. Er spielt den jugendlich- seligen Ehemann dieser Messalina mit der Nippes-Plastik. Und Curd Jürgens, stilvoll abwartend als grauhaariger Sachverständiger für Schönheit, gefällt eigentlich auch recht gut, denn diese Rolle hätte schnell zu Peinlichkeiten Anlaß werden können. Macht er aber nicht, der Curd. Na, bitte: Brigitte Bardot lockt nicht schlecht, das müssen ihr sämtliche Konkurrentinnen und der Neid lassen." eg in: Abendpost (Frankfurt am Main), 2.6.1957.
Anmerkungen: Der aus heutiger Sicht zahm wirkende Film trieb seinerzeit die Moralapostel auf die Barrikaden und die Zuschaer in Scharen in die Kinos, weil es schon während der Dreharbeiten Gerüchte über sensationelle Freizügigkeiten und knisternde Erotik zwischen den Hauptdarstellern gab. In der Tat verliess die Bardot nach Ende der Dreharbeiten den Regisseur und Ehemann Nr. 1, Roger Vadim, der für sich oft genug in Anspruch nahm. den Mythos BB erst geschaffen zu haben. Sie hatte sich in ihren Schauspielerkollegen Jean-Louis Trintignant verliebt. Mit "Und immer lockt das Weib" wurde Brigitte Bardot international zum Begriff. Teenager und junge Frauen in aller Welt versuchten fortan, BB zu kopieren. Sie war das Sexsymbol der damaligen Zeit schlechthin. Dabei wollte damals niemand den Film finanzieren. Vadim hatte noch nie Regie geführt, und die Bardot war nur ein Starlet. Doch nachdem man Curd Jürgens für eine kleine Rolle geködert hatte, flossen die Mittel. (mdr - Pressemitteilung 1997) Roger Vadim, der damals Assistent von Marc Allégret war, konnte dank des jungen Produzenten Raoul J. Lévy seinen ersten Film drehen. Seine Frau Brigitte Bardot übernahm die Hauptrolle. Mit diesem Film wurde der Drehort Saint Tropez in der ganzen Welt berühmt und Brigitte Bardot mit einem Schlag zur Legende. Trotz der Eingriffe durch die Zensur schockierte der Film. Sein kommerzieller Erfolg war in Frankreich nur mäßig, während er in den USA so großen Erfolg hatte, dass er Frankreich im ersten Vertriebsjahr so viele Devisen brachte wie die Autofirma Renault.(arte Presse)

Ewa chce spac

(Eva will schlafen), Regie:   Tadeusz Chmielewski, Polen - 1958
Regisseur: Tadeusz Chmielewski - Drehbuch: Andrzej Czekalsi - Tadeusz Chmielewski - Kamera: Stefan Matyjaszkiewicz - Darsteller: Jarema Stepowski - Wladislaw Osto-Suski - Gustaw Lutkiewicz - Waclaw Kowalski - Zygmunt Zintel - Henryk Kluba - Stanislaw Milski - Roman Klosowski - Maria Kaniewska - Ludwik Benoit Kasiarz - Stefan Bartik - Stanislaw Mikulski Piotr - Barbara Kwiatkowska Ewa Bonecka -
Kritiken : "Sechs Jahre hat es gedauert, ehe man hierzulande auch für polnische Filmkomödien Interesse zeigte. Polens junge Cinematografen, die uns wiederholt durch ihre sensiblen und aggressiven „Problemstücke“ überraschten (man denke an den NACHTZUG [POCIAG, Jerzy Kawalerowicz, Polen 1959], ASCHE UND DIAMANT [POPIÓL I DIAMENT, Andrzej Wajda, Polen 1958] und den ACHTEN WOCHTAG [OSMY DZIEN TYGODNIA, Aleksander Ford, Polen/BRD 1957/58]), haben jetzt mit dem Film EVA WILL SCHLAFEN den Versuch unternommen, das Leben von der rosaroten Seite zu sehen und in eine Domäne, die bisher den Amerikanern, Engländern, Franzosen und Italienern vorbehalten war, einzudringen. Die Fabel des Films hat gewisse Reize: Ein junges Mädchen kommt in die fremde Stadt, doch das Internat eröffnet erst am folgenden Tag. Für eine Nacht braucht es ein Bett, aber die Stadt erlebt eine Umkehrung aller Werte. Gangster und Polizei ziehen an einem Strang, wechseln die Uniform im Bedarfsfalle aus, suchen einen Kompromiss mit dem alltäglichen Leben.
Der Humor, den Regisseur Tadeusz Chmielewski hier vorführt, ist dem deutschen in vielem ähnlich. Posse, Schwank, Burleske und Parodie reichen sich hier die Hand. Aus Amerika hat man die Slapstick-Komik übernommen, aus den österreichischen Lustspielgefilden die Klamotte. Echt slawisch dagegen sind die poetischen Szenen, die etwa an Jirí Trnkas Puppenfilme erinnern. Doch das ständige Auswechseln der Stilarten wie auch das Wechselspiel von gut und böse, das sich unter den jeweils völlig konträren Kostümen verbirgt, ermüdet auf die Dauer. So bleibt schliesslich von allen lobenswerten Anstrengungen des Regisseurs – der für diesen Film einen Preis bekam – nur die Erinnerung an das zarte und eindringliche Gesicht von Barbara Kwiatkowska. Diese zarte, feingliedrige Polin, die als Barbara Lass inzwischen die dritte Frau des Schauspielers Karlheinz Böhm geworden ist, entschädigt für alle unerfüllt gebliebenen Wünsche und hält das Kaleidoskop der Bilder und Gesichter anmutig zusammen." kik in: Abendpost (Frankfurt am Main), 19.2.1964.

"(…) Eva, das ist die reine, naive Unschuld inmitten einer Stadt, in der es von grimmig-komischen Gaunern und Dieben wimmelt, von Spitzbuben, denen eine schlampige, köstlich vertrottelte Polizei gegenübersteht. Auf liebevoll karikierte Bürger-Typen, auf freundlich auf die Schippe genommene Ordnungshüter, auf munter-lockeres Bettgeflüster-Treiben in einem Arbeiterinnen- Heim, auf viele Dinge vermutlich, die der ausländische Zuschauer kaum gewahr wird, und auch ein wenig selbstironisch auf den Filmbetrieb zielt der mild-satirische Witz des Regisseurs, der nach Absolvierung der (…) Filmhochschule hier als Dreissigjähriger sein Debüt gab." (…) H.J. Weber in: Film-Echo/Filmwoche (Wiesbaden), Nr. 37, 8.5.1963.

Forty Guns

(Vierzig Gewehre), Regie:   Samuel Fuller, USA - 1957
Regisseur: Samuel Fuller - Drehbuch: Samuel Fuller - Kamera: Joseph Biroc - Musik: Harold Adamson - Harry Sukman - Darsteller: John Ericson Brockie - Dean Jagger Ned Logan - Barbara Stanwyck Jessica Drummond - Barry Sullivan Griff Bonnell - Gene Barry Wes Bonnell - Jidge Carroll Barney Cashman - Robert Dix Chico Bonnell - Ziva Rodann Rio - Hank Worden John Chisum -
Kritiken : "Strotz vor grossem Erfindungsreichtum und Regieeinfällen" (Jean-Luc Godard, 1957). "Makelloses spannendes Action-Kino" (tz) "Ein ungewöhnlicher und mitreissender Western vom amerikanischen Kultregisseur Sam Fuller. Mit der komplexen Story, der unkonventionellen Erzählstruktur, den stilisierten Cinemascope-Aufnahmen und den virtuosen Kameraeinstellungen war das Werk von 1957 vor allem in Europa stilbildend. Der Spätwestern, der auch ein Abgesang auf den Wilden Westen ist, hinterliess einen starken Eindruck bei den späteren Regielegenden wie Jean-Luc Godard ("Ausser Atem") und Sergio Leone ("Spiel mir das Lied vom Tod")." (tele) "Das Leben ist ein Schlachtfeld, sagt Sam Fuller, und die Liebe ist wie Krieg. "What's happening to us is like war, easy to start and hard to stop", erklärt Jessica Drummond überdeutlich, dem Mann, der sie besiegen wird, was bei Fuller nur bedeuten kann, dass er sie umbringt. Jessica Drummond ist indes nicht leicht umzubringen. Neben der Marlene Dietrich von Langs Rancho Notorious und der Joan Crawford von Johnny Guitar ist die Barbara Stanwyck von Forty Guns eine der schrecklich starken, alles dominierenden Frauengestalten des Western: sie wird zu einer anacronistischen Gestalt, weil der Westen aufhört, ihr die Herausforderungen zu bieten, von deren Bewältigung sie lebt. "This is the last stop" sagt Jessica Drummond, "the frontier is finished: no more towns to break, no more men to break." Griff Bonnell ist ihre letzte Chance, dass sie ihn nicht brechen kann, sondern von ihm gebrochen wird, macht sie kaputt. "Griff kann schliesslich nichts mehr für Jessica tun als sie zu erschiessen, denn in Fullers Welt ist die Niederlage nicht der Preis des Überlebens. Für Fuller und für Amerika ist die Grenze nie geschlossen." (Nicolas Graham: Samuel Fuller). Wie in seinen meisten Filmen springt Fuller wüst und rücksichtslos mit seinem Material um, vermengt brillante Szenen mit Passagen monumentaler Naivität und nimmt mit einem Achselzucken hin, dass Barbara Stanwyck ihn streckenweise völlig im Stich lässt." (Joe Hembus, Westernlexikon)

Gentlemen prefer Blondes

(Blondinen bevorzugt), Regie:   Howard Hawks, USA - 1953
Produktion: 20th Century-Fox Film Corporation - Produzent: Sol C. Siegel - Regisseur: Howard Hawks - Drehbuch: Charles Lederer - Nach einer Vorlage von: Joseph Fields play - Anita Loos novel - Kamera: Harry J. Wild - Schnitt: Hugh S. Fowler - Architekt: Joseph C. Wright - Lyle R. Wheeler - Set Decoration: Claude E. Carpenter - Darsteller: Roger Moore Chauffeur (/xx/) - Marilyn Monroe Lorelei Lee - Alphonse Martell Oberkellner bei Chez Louis - George Davis Pierre, Taxfahrer - Alex Frazer Pritchard - Leo Mostovoy Kapitän - Henri Letondal Grotier - Taylor Holmes Mr. Esmond Sr. - Charles Coburn Sir Francis 'Piggy' Beekman - Steven Geray Hotel Manager - Howard Wendell Watson - Norma Varden Lady Beekman - Marcel Dalio Magistrate - George Winslow Henry Spofford III - William Cabanne - Jane Russell Dorothy Shaw - Elliott Reid Ernie Malone - Tommy Noonan Gus Esmond -
Kritiken : "Mit brutalerem Charme als von Marilyn Monroe ist selten der Kapitalismus gepriesen und wörtlich genommen worden." (Die Zeit) "Perfekt inszeniert und gespielt - amerikanisches Kino der 50er Jahre par excellence ! (lhg) "Gleich zwei Sex-Bomben auf einen Schlag kann die Männerwelt hier – ohne „3-D“, trotzdem sehr dimensional – studieren: die schwarze rassige Jane Russell und die blonde leicht-dümmliche (laut Filmrolle) Marilyn Monroe, dazwischen als „alter Genießer“ Charles Coburn und – für die Damen im Parkett – eine 29köpfige Olympia- Mannschaft, vorwiegend in Badehosen und beim Training. Alles schön Technicolor-bunt (Kamera: Harry J. Wild, Technicolorberater: Leonard Doss), typisch amerikanisch, sehr „proportionell“, bisweilen heiter, dann sentimental, und mit viel Jazz angerichtet (Regie: Howard Hawks). Seine Herkunft – nach einer musikalischen Komödie von Joseph Fields und Anita Loos, Musik und Texte von Jule Styne und Leo Robin – kann das Drehbuch von Charles Lederer zwar nicht verleugnen. Aber was tut’s auch? Jane und Marilyn dampfen trotzdem männerjagend und mit Volldampf über den Ozean von den USA nach Frankreich. Jane ist noch ungebunden in der Liebe, entsprechend abwechslungsbedürftig, und hat Sehnsucht nach einem festen, männlichen Anker mit Herz und Charakter. Marilyn ist dummerweise schon verlobt, wird vom Verlobten – noch peinlicher – heimlich mittels Detektiv überwacht und hat eine – das ist das Ärgste – Schwäche für Diamanten wie ein Stier für rote Tücher. Die daraus sich entwickelnde Verwechslungskomödie hat also schon angemessene Voraussetzungen. Einige Übertreibungen (Spezialeffekte: Ray Kellogg) muß man freilich bis zum doppelten Happy-End schon in Kauf nehmen. Glücklicherweise beließ man die Schlager – „When Love Goes Wrong“ und „Anyone Here for Love?“ von Hoagy Carmichael und Harold Adamson – in ihrem Original. Ein dritter, zu deutsch: „Diamanten sind eines Mädchens bester Freund“, wurde zu einer ausgespielten Revue-Szene (Choreographie: Jack Cole, musikalische Leitung: Lionel Newman) aufgepulvert. Auch die übrigen Darsteller sind gute Typen: Elliott Reid als Liebhaber und Detektiv, der sich schließlich Jane kapert, Tommy Noonan als Marilyns trotteliger Verlobter, Taylor Holmes als dessen gestrenger Papa, Norma Varden als Xanthippen- Ehegespons von Charles Coburn, Marcel Dalio als Polizeirichter, vor dem Jane als Marilyn in der Gerichtsverhandlung tanzt, Steven Geray als Hotel-Manager und schließlich George Winslow und Howard Wendell in kleineren lustigen Aufgaben. Ein vergnüglicher Film, der sicher seinen Weg machen wird." Karl-Otto Gebert in: Die Filmwoche (Karlsruhe), Nr. 10, 13.3.1954.

Home before dark

Regie:   Mervyn LeRoy, USA - 1958
Regisseur: Mervyn LeRoy - Drehbuch: Eileen Bassing - Robert Bassing - Story : Eileen Bassing novel - Kamera: Joseph Biroc - Darsteller: Jean Simmons Charlotte Bronn - Dan O'Herlihy Arnold Bronn - Rhonda Fleming Joan Carlisle -
Kritiken : "Bei diesem Film stellt man fest, daß man die erstaunliche Person Jean Simmons, nachdem sie von London nach Hollywood übergewechselt ist, viel zu selten auf der Leinwand sieht. In dieser Warner-Brothers-Produktion nun ist sie wieder einmal eine äußerst sensible und hochgradig sensitive junge Frau. Ihr Ehemann, Professor in einer kleinen amerikanischen Universitätsstadt, holt sie nach ihrem einjährigen Aufenthalt in der Landesirrenanstalt wieder in ihr Haus zurück, in dem noch immer ihre Stiefschwester und ihre Stiefmutter leben. Wie sie langsam hinter die äußeren Dinge und die rein äußerlichen Vorgänge hindurchzuschauen vermag, wie sie merkt, daß man ihr wieder ihr krankhaftes Gefährdetsein suggerieren will, dem sie auch beinahe erliegt – diese Stationen einer gefährdeten Seele durchlebt die Simmons so erregend intensiv und auf ganz eigene Art, daß man von diesem Gesicht zwei Stunden in Bann geschlagen wird. So sehr, daß man gar nicht mehr sagen kann, ob auch der Film (unter Mervyn LeRoys Regie) oder nur die Simmons so gut war." R.P. in: Der Kurier (Berlin), 14.11.1959. „Eine Frau kämpft gegen das Abgleiten in die geistige Nacht. Man hat sie schon einmal in eine Heilanstalt bringen müssen, weil sie in ihrer Eifersucht auf die Stiefschwester das seelische Gleichgewicht verlor, und sie ist nach der Rückkehr in ihr Heim, wo sie von dem ihr ausweichenden Mann, der katzenfreundlichen Rivalin und einer herrschsüchtigen Stiefmutter nach wie vor als Kranke behandelt wird, nahe daran, endgültig zusammenzubrechen. Erst als sie sich zu der Erkenntnis durchringt, daß sie tatsächlich gefährdet ist und eines Psychiaters bedarf, wird ihr der Weg zur Genesung frei. Soviel über den Inhalt eines anspruchsvollen Films, der vom Zuschauer die Bereitwilligkeit verlangt, sich für ein sprödes Thema zu interessieren, das Mitdenken erfordert und ohne eine gewisse Ausführlichkeit nicht behandelt werden kann. Die Situation wird für das Publikum dadurch noch komplizierter, daß man sich bis zum Schluß hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem Ehemann und seiner Schwägerin auf Andeutungen beschränkt und so die Möglichkeit einer Wiederherstellung der Ehe vortäuscht. Um so deutlicher war man bei der Charakterisierung der lärmendgeschäftigen Mutter und ihres hohlköpfigen Bekanntenkreises. Die muffige Atmosphäre einer kleinen Universitätsstadt, in der man sich um der Karriere willen anheuchelt, ist von bisweilen recht bissigem Humor. Jean Simmons, die erst zum Schluß die blonde Perücke (oder die blonde Haarfarbe) ablegt, wird – nicht zuletzt dank der einfühlsamen Synchronisation – der Aufgabe gerecht, die Nähe des Abgrunds, vor dem sich die Frau bewegt, sichtbar zu machen. Von Dan O’Herlihy in der Rolle des Gatten verlangt der Film, sich durch Gefühlskälte gegenüber der um ihren seelischen Halt ringenden Frau unsympathisch zu machen. Efrem Zimbalist Jr. hat es da als Außenseiter im Intrigenspiel der Gelehrsamkeit und gern gefälliger Helfer der Kranken erheblich leichter. „. Georg Herzberg in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 94, 25.11.1959.

Hon dansade en sommar

(Sie tanzte nur einen Sommer), Regie:   Arne Mattson, Schweden - 1951
Produktion: Nordisk Tonefilm - Regisseur: Arne Mattson - Drehbuch: Volodja Semitjov - Nach einer Vorlage von: Per Olof Ekström novel - Kamera: Göran Strindberg - Musik: Sven Sköld - Schnitt: Lennart Wallén - Architekt: Bibi Lindström - Darsteller: Sten Lindgren Stendal - Folke Sundquist Göran - Gunvor Pontén Sylvia - Sten Maltsson Olle - Edvin Adolphson Anders Persson - Hedvig Lindby Grossmutter - Arne Källerud Viberg - Ulla Jacobsson Kerstin - Erik Hell Torsten - Nils Hallberg Nisse - Berta Hall Anna - Gösta Gustavsson Berndt Larsson - John Elfström Pfarrer - Irma Christensson Sigrid -
Inhaltsangabe : Der junge Abiturient Göran (Folke Sundquist) und die 17-jährige Kerstin (Ulla Jacobsson) lernen sich auf dem Landgut von Görans Onkel Persson (Edvin Adolphson) kennen und verlieben sich ineinander. Doch ihre Beziehung wird argwöhnisch von der verklemmten Erwachsenenwelt beobachtet. Während Persson Verständnis für die Jugend aufbringt, wettern Kerstins Eltern und der Pfarrer des Ortes (John Elfström) gegen die angebliche Unmoral der jungen Leute.

Allen Boshaftigkeiten zum Trotz entscheiden sich Göran und Kerstin für ihre Liebe. Doch diese Liebe soll nur einen Sommer lang währen. Nach einem Dorffest haben die beiden einen Motorradunfall, bei dem Kerstin stirbt. Unbarmherzig deutet der Pfarrer bei seiner Grabrede Kerstins Tod als Strafe Gottes für ihr ruchloses Verhalten. Göran flieht zum See. Dort auf dem Steg bewahrt er die unwiederbringlichen Stunden seines höchsten Glücks, die ein grausames Schicksal so plötzlich beendete, vor der geißelnden Strafpredigt des unbarmherzigen Pfarrers. (mdr Presse)
Kritiken : "Eine zauberhafte Geschichte von zwei jungen Menschen, die sich lieben und nicht zueinander kommen können, weil die Alten, die Weisen, die Vernünftigen dagegen sind. Eine Geschichte, so alt wie die Menschen und so süss wie der Sommer über dem schwedischen Land. Kein Wort mit „ismus“ am Ende könnte diesem Film gerecht werden. Er ist einfach, und nur wer sich ein gläubiges Herz bewahrt hat, wird ihn verstehen und lieben.
Man kann sich nur tragen lassen von dem jungen Spiel der Ulla Jacobsson, dieses schwedischen Mädchens, das wie eine Elfe über die Felder tanzt. Die Anmut der Gebärden und der Schnitt des Gesichtes sind eine Offenbarung im Zeitalter der Pin-up-Girls. Der Zauber um dieses Mädchen bleibt, der Zauber einer absoluten Körperlichkeit, die dennoch absolut keusch ist. Der ebenso junge Folke Sundquist mit einem edel geformten Gesicht und grossen, beherrschenden und zugleich traurigen Augen spielt mit Ulla das grosse Spiel, bei dem es den ganzen Einsatz gilt. Niemals hat man den Eindruck, dass diese jungen Menschen nur tun, was ihnen das Drehbuch vorschreibt. Das übrige Ensemble ist treffend gewählt und eingesetzt. Regisseur Arne Mattsson hat die unkomplizierte Handlung breit ausspielen lassen; sie verliert dadurch nicht an Dichte. Er hat die Menschen mitten in eine Natur voller Leben hineingestellt, er hat die Gräser und Bäume, den spiegelnden See und die Weiten der Landschaft nicht nur als Kulisse ohne Beziehung verwandt. Der traurige Schluss mag als einziges Negativum zu werten sein. Wir wollen beileibe nicht für ein filmübliches Happy-End plädieren, nur fehlt hier die Lösung, die Konfrontierung mit den Problemen, schliesslich auch die Tragik, die unweigerlich mit Schuld und Sühne verbunden sein muss; nicht nur dem Zufall sollten wir die Lösung überlassen. Die vielumstrittenen, angefeindeten oder belächelten Nacktbadeszenen sind bezaubernd, niemals jedoch anstössig oder gar obszön." Oswalt Kolle in: Die Filmwoche (Baden-Baden), Nr. 36, 6.9.1952.

"(…) Regie, Kamera und Musik halten den Film in der Mitte zwischen Realistik und Volkslied. Sie haben den Mut, das Liebespaar eine Vergissmeinnicht- Poesie reden zu lassen, die sich im Drehbuch wunderlich gelesen haben mag, und sie schufen die gewagteste Liebesszene, die je gedreht wurde, und die doch um vieles keuscher wirkt als die herkömmliche Zelluloid-Erotik. Der grosse internationale Erfolg des Films ist nicht dadurch zu erklären, dass in ihm zwei nackte Menschen zu sehen sind. Seine Wirkung liegt tiefer. Sie hat ihren Ursprung in dem harmonischen Zusammenklingen von Mensch und Landschaft, von Musik und Photographie und in dem reinen Liebreiz der Hauptdarstellerin Ulla Jacobsson." Georg Herzberg in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 35, 30.8.1952.

I want to live

(Lasst mich leben), Regie:   Robert Wise, USA - 1958
Regisseur: Robert Wise - Drehbuch: Nelson Gidding - Darsteller: Theodore Bikel - Susan Hayward - Simon Oakland - Virginia Vincent -
Kritiken : "Hier wird ein erbittertes Plädoyer gegen die Todesstrafe gehalten, nicht eigentlich rebellisch wie bei dem militanten Franzosen André Cayatte, ohne dessen große gallische Rhetorik. Dennoch zeigte sich vor einigen Monaten bei einer Diskussion (wir berichteten am 12. Dezember 1958 darüber), daß gerade dieser Film in seiner kalten Obstinanz bei dem anwesenden Juristengremium zum Teil ein ärgerliches Mißbehagen hervorrief: wird doch hier am Beispiel der 1953 „höchstwahrscheinlich“ unschuldig hingerichteten Barbara Graham in der Manier einer scheinbar unbeteiligten Reportage nachgewiesen, daß auch der Rechtsstaat in einer beängstigenden Unempfindlichkeit für die Moral der Institution und die Würde des Menschen nicht selten sich der unehrenhaftesten Mittel bedient, um das herzustellen, was er pharisäisch „Gerechtigkeit“ nennt. In diesem Prozeß wurden Lügendetektor, erpresserische, getarnte Polizeiagenten, heimliche Tonbänder und ein Kronzeuge als „Beweis“ verwendet, der, obwohl Beteiligter an dem fraglichen Raubmord, durch seine falsche Belastung der Graham sich selbst die Freiheit erkaufte. Selbst der gedankenlos Staatsgläubige muß da allmählich in eine vielleicht heilsame Empörung, in einen tief pessimistischen Zweifel hineingeraten über die Fragwürdigkeit, die Relativität jedweder Ordnung, die eigentlich nur ein Umriß ist, ein vager Rahmen, in dem Gutes und Böses geschehen können und den das aktiv kritische Mitdenken der Bürger erst ausfüllen muß. Diesen Schritt vom Wege der Gleichgültigkeit und Abstumpfung besorgt der Film unter der Regie von Robert Wise in einer furchtlosen Unbeirrbarkeit, er fordert die „Macht“ heraus, indem er sie einfach darstellt – und daß das in demselben Amerika möglich ist, dessen Willkür der Rechtsorgane, vor allem, schlimmer, dessen Mangel an Rechtsbewußtsein und Menschenachtung er attackiert, zeigt immerhin tröstlich, daß längst noch nicht alles verloren ist. Mag sein, daß der Film, wie die „Betroffenen“ erregt behaupten, nicht vor Überspitzungen zurückschreckt, daß er vielleicht manches, was die Schuld der jungen Angeklagten „naheliegend“ erscheinen ließ, in den Hintergrund schiebt. Aber nur so kann er seiner lauteren Tendenz gerecht werden, zum geistigen Krieg aufzurufen gegen eine Rechtsprechung, die sich legitimiert fühlt, offensichtliche Unklarheiten sogar bei einem Todesurteil fahrlässig und voreingenommen gegen eine mehrfach Vorbestrafte zu ignorieren. Der Film will ja ohne Umschweife ein Referat gegen die Todesstrafe überhaupt sein – da kann man es ihm nicht verübeln, wenn er sich polemisch eines solchen wahren Falles annimmt, der die Barbarei dieses mittelalterlichen Restbestandes unserer „Kultur“ besonders kraß demonstriert. Der Staat selbst geniert sich ja auch nie und nirgendwo, seine Vorrechte und Belange, obendrein noch „im Namen des Volkes“, mit robuster Eingleisigkeit zusammenzuhalten. Und schon gar nichts kann er sachlich vorbringen, wenn hier die Kamera sich in stummem Zorn zum registrierenden Zeugen einer Hinrichtung in der Gaskammer macht: Die Qual, die hier vierzig Filmminuten lang beobachtet wird, ist so über alle Maßen groß und menschenfern, daß davor im Grunde die vorangegangene Untersuchung über Recht und Unrecht dieses speziellen Falles gar nicht mehr in das Gewicht des Grauens fällt. (…) Dieser Film ist eine Art Kontrollregulativ für das Gewissen des einzelnen, der, wenn er das gesehen hat, kaum noch sich wird zurückziehen können mit der Behauptung, er habe sich „die Gerechtigkeit unfehlbarer und den Tod humaner vorgestellt“. Diese öffentliche Aufgabe wird ohne besonderes künstlerisches Raffinement mit nüchternem Geschick und bohrender Skepsis erfüllt. Und sie hat in Susan Hayward eine Mithelferin gefunden, die das leichtsinnige, nicht eben moralisch unangreifbare Vorleben des lügenhaften, dreisten Mädchens mit nur gerade den nötigsten sentimentalen Entschuldigungen, die ihr das Drehbuch vorschreibt, kaum beschönigt und die dann allmählich für die Steigerungen und Schwankungen ihrer Todesangst und Lebenshoffnung die glasige Gebärde kalter Verachtung findet, kindliche Aufsässigkeit der Wehrlosen und resignierte, unpathetische Unterwerfung unter ein Schicksal, das die Hayward sehr genau mit den alltäglichen Mitteln eines für das Tragische nicht zugeschnittenen Charakters spielt. Eine sehr feine und mit empfindlicher Phantasie ausgewogene Leistung." Karena Niehoff in: Der Tagesspiegel (Berlin), 24.4.1959.

I'll see you in my dreams

(In all meinen Träumen bist du), Regie:   Michael Curtiz, USA - 1951
Produktion: Warner Bros. - Regisseur: Michael Curtiz - Drehbuch: Jack Rose - Melville Shavelson - Kamera: Ted McCord - Musik: Ray Heindorf - Schnitt: Owen Marks - Darsteller: Doris Day Grace LeBoy Kahn - Danny Thomas Gus Kahn - Frank Lovejoy Walter Donaldson - Patrice Wymore Gloria Knight - James Gleason Fred Thompson - Mary Wickes Anna - Minna Gombell Mrs. LeBoy - Elsa Neft Mrs. Kahn -
Anmerkungen: „I’ll See You in My Dreams“ ist nicht nur der Titel eines Evergreens des erfolgreichen Song-Texters Gus Kahn, sondern auch der einer einer starbestückten und gefühligen Hollywood-Biographie, die Regie-Altmeister Michael Curtiz (CASABLANCA [USA 1942]) 1951 inszenierte. Der Spielfilm mit Doris Day, Danny Thomas und Frank Lovejoy präsentiert eine Fülle von populären Gus-Kahn- Songs, zu denen neben Isham Jones, Bronislau Kaper und Egbert Van Alstyne auch Kahns Ehefrau Grace LeBoy die Musik komponierte, in Original- Arrangements und von Doris Day gesungen (…). Die Begegnung des amerikanischen Texters Gus Kahn (Danny Thomas) mit der Musikverlags- Sekretärin Grace LeBoy (Doris Day) ist der Beginn einer großen Karriere des bislang erfolglosen Talents. Grace vertont einige Kahn-Texte und überzeugt damit Verleger wie Fred Thompson (James Gleason), Komponisten wie Egbert Van Alstyne (Dick Simmons) oder Theaterdirektoren wie Sam Harris (Jim Backus) und Florenz Ziegfeld (William Forrest) von der Qualität der Songs. Gus und Grace heiraten. Die an sich glückliche Ehe wird wiederholt auf die Probe gestellt, doch dem Komponisten und Freund Walter Donaldson (Frank Lovejoy) gelingt es immer wieder, das Paar zusammenzuführen; trotz Gus’ Seitensprüngen mit der Sängerin Gloria Knight (Patrice Wymore) und künstlerischer Schaffenskrisen. (ZDF Presse)

Imitation of Life

(Solange es Menschen gibt), Regie:   Douglas Sirk, USA - 1959
Produktion: Universal International Pictures (UI) - Verleih: Universal Pictures - Produzent: Ross Hunter - Produktionsleiter: Norman Deming - Regisseur: Douglas Sirk - Regieassistent: Frank Shaw - Drehbuch: Eleanore Griffin - Allan Scott - Nach einer Vorlage von: Fannie Hurst novel - Kamera: Russell Metty - Musik: Henry Mancini (/xx/) - Frank Skinner - Schnitt: Milton Carruth - Architekt: Alexander Golitzen - Richard H. Riedel - Set Decoration: Russell A. Gausman - Julia Heron - Kostümbild: Bill Thomas (gowns) - Maskenbildner: Bud Westmore - Larry Germain hair stylist - Stand Photos: Rollie Lane - Darsteller: Paul Cristo Show Spectator (/xx/) - Mike De Lay Marching Band Member (/xx/) - Richard Collier McKinney (/xx/) - Steve Carruthers Actor at Audition (/xx/) - George Calliga Security (/xx/) - Teddy Buckner Marching Band Member (/xx/) - Paul Bradley Preston Mitchell (/xx/) - Chuckie Bradley Bit Part (/xx/) - George Barrows Furniture Mover (/xx/) - Alex Ball Audience Member (/xx/) - Frank Baker Party Guest (/xx/) - Norman Stevans Bit Part (/xx/) - Joe Darensbourg Marching Band Member (/xx/) - Robert Darwin Waiter (/xx/) - Karin Dicker Sarah Jane - 8 - John Vivyan Young Man - David Tomack Mr. McKenney - Joel Fluellen Minister - Jack Weston Tom - Billy House Fat Man on Beach - Maida Severn Teacher - Than Wyenn Romano - Peg Shirley Fay - Karen Dicker Sarah Jane, 8 - Paul Gustine Bit Part (/xx/) - George Ford Show Spectator (/xx/) - Bess Flowers Geraldine Moore (/xx/) - Myrna Fahey Iris Dawn (/xx/) - Cicely Evans Louise Morton (/xx/) - Lee Goodman Photographer - Ann Robinson Show girl - Troy Donahue Frankie - Sandra Gould Receptionist - Tedd Hadfield Cop (/xx/) - Juanita Moore Annie Johnson - Robert Alda Allen Loomis - Dan O'Herlihy David Edwards - Lana Turner Lora Meredith - Susan Kohner Sarah Jane, 18 - Mahalia Jackson Choir soloist - John Gavin Steve Archer - Sandra Dee Susie Meredith, 16 - Forbes Murray Bit Part (/xx/) - Jeanne Westmore Bit Part (/xx/) - Ted Thorpe Dog Owner (/xx/) - Terry Burnham Susie Meredith, 6 - Cap Somers Truck Driver (/xx/) - Eddie Smith Funeral Onlooker (/xx/) - Jeffrey Sayre Audience Member (/xx/) - Cosmo Sardo Audience Member (/xx/) - Waclaw Rekwart Restaurant Patron (/xx/) - Eddie Parker Cop at Funeral (/xx/) - Elinor Donahue Lora's Friend (/xx/) - Joseph Mell Watchman (/xx/) - John McNamara Doctor (/xx/) - John Marlowe Bit Part (/xx/) - Leota Lorraine Bit Part (/xx/) - Paul Levitt Waiter (/xx/) - Nelson Leigh Doctor (/xx/) - Lynne Hunter Teacher (/xx/) - Shep Houghton Bit Part (/xx/) -
Inhaltsangabe : Zufällig begegnen sich zwei Frauen, die beide verwitwet und Mütter kleiner Töchter sind. Lora Meredith, Mutter von Suzie, die trotz aller Probleme als alleinerziehende Mutter versucht, Karriere als Schauspielerin Karriere zu machen, freut sich über die Bekanntschaft mit Annie Johnson. Sie engagiert die ebenfalls alleinstehende Farbige als Kindermädchen, deren Tochter Sarah-Jane etwa in Suzies Alter ist.
Als die Töchter heranwachsen, kommt es zu schweren Konflikten zwischen Müttern und Töchtern. Suzie, die sich von ihrer karrieresüchtigen Mutter vernachlässigt fühlt, wird in Liebesdingen zur Rivalin ihrer eigenen Mutter. Und Sarah-Jane, die eine viel hellere Hautfarbe als ihre Mutter Annie hat, verleugnet ihre Abstammung, gibt sich als Weisse aus und nimmt ein Engagement als Tänzerin in einem Varieté an.
"Solange es Menschen gibt" zeigt zwei Seiten einer schwierigen Rolle: Die eine Mutter ist nur selten für ihre Tochter da, weil ihr der berufliche Erfolg sehr wichtig ist. Die andere Mutter ist zwar präsent, vermag aber nicht, ihrer Tochter den Stolz auf ihre afro-amerikanische Herkunft zu vermitteln.... (Arte Presse)
Kritiken : "SOLANGE ES MENSCHEN GIBT: ein törichter, vielsagend nichtssagender Filmtitel. Der Originaltitel kommt der Sache schon näher: IMITATION OF LIFE. Wirkliches Leben, so will uns der Film erklären, das ist die Liebe, das Füreinander zwischen Mutter und Tochter, zwischen Mann und Frau. Nicht wenige Menschen begnügen sich mit einer Imitation des Lebens, indem sie äusserer Geltung, Erfolg und Wohlstand egoistisch nachjagen. Doch eines Tages merken sie, wie leer ihr Leben geworden ist. Solchen Selbstbetrug erlebt hier eine Schauspielerin, die Karriere machen will, zum Leidwesen ihrer halbflüggen Tochter, und ihre sich aufopfernde schwarze Bedienerin hat ähnlichen Kummer mit ihrer Tochter. Die Schauspielerin gewinnt Bühnenruhm, aber den geliebten Mann lässt sie zehn Jahre warten und für ihre Tochter hat sie keine Zeit. Die weisshäutige Tochter der Negermamie will die Deklassierung als Farbige nicht auf sich nehmen, läuft von zu Hause fort und kehrt erst heim, als die Mutter an gebrochenem Herzen gestorben ist. Die Konflikte dieser vier Menschen werden leider von Douglas Sirk ein bisschen zu tränenfeucht und in zu dick aufgetragenen sentimentalen Farben gemalt. Doch decken sich die Darsteller weitgehend mit ihren Rollen (…). Die grosse Mahalia Jackson singt herrlich das Spiritual „Trouble of the World“. Ha in: Der Tagesspiegel (Berlin), 18.12.1959.

"Eine Attacke gegen das Rassenproblem wird hier geritten und zu diesem Zweck das Schicksal zweier verschiedenfarbiger Mütter entrollt. Beide sind Witwen. Die Weisse, Lora Meredith, ist Schauspielerin, die Schwarze, Annie Johnson, hilft ihr im Haushalt. Die Jahre vergehen. Lora hat eine grosse Bühnen- und Filmkarriere gemacht und darüber ihre halbwüchsige Tochter Susie arg vernachlässigt. Annie, weiterhin der gute Geist im Hause Meredith, hat hingegen andere Sorgen: Ihre Tochter Sarah Jane sagt sich von ihr los, weil sie keine Negerin sein will. Aber der Versuch, ihre Herkunft zu leugnen, bekommt Sarah Jane schlecht, und so bekennt sie sich am Sarg der Mutter reumütig zu ihrer schwarzen Abstammung. Auf die Tränendrüse drückt dieses in Farbe getauchte Schwarz-Weiss-Drama ganz ungemein. Vor allem die Szenen, in denen die treue Haut Annie stirbt oder die berühmte Blues-Sängerin Mahalia Jackson an ihrem Sarg singt, sind so breit und anschaulich ausgemalt (Regie: Douglas Sirk), dass kein Auge trocken bleibt und die Schnulze vollkommen ist. Dennoch: trotz aller effektvoll arrangierter Drücker meint es der Film ehrlich mit der Behandlung der angeschnittenen, menschlichen Probleme. Die zahlreichen dramatischen Auseinandersetzungen in der an kompakter Handlung überreichen Story (Buch: Eleanore Griffin und Allan Scott) bieten überdies genügend fesselnde Höhepunkte. Lana Turner wirkt als ehrgeizige Lora sehr überzeugend. Juanita Moore strahlt als Annie eine ergreifende Herzensgüte aus. John Gavin ist als selbstloser Liebhaber von sympathischer Unaufdringlichkeit. Ausgezeichnet in ihren Kontrasten auch die beiden Töchter: Sandra Dee als verwöhnte, dennoch unglückliche Susie, Susan Kohner als überaus attraktive, vielseitige und bestimmt in der Erinnerung haften bleibende Sarah Jane. Beim weiblichen Publikum wird der Film zweifellos gut liegen, so dass man ihm annehmbare Erfolgschancen einräumen kann." M.R. in: Filmwoche (Karlsruhe), Nr. 46, 14.11.1959.

«Schönes Hollywood Melodram mit allem, was dazu gehört...» (lhg 2009)
Anmerkungen: «Eleanore Griffin und Allen Scott schrieben das Drehbuch für das Melodram nach einem Buch von Fannie Hurst.
Die Schauspielerinnen Susan Kohner und Juanita Moore waren 1960 für einen Oscar als beste Nebendarstellerinnen nominiert. Susan Kohner erhielt in dieser Kategorie im gleichen Jahre den Golden Globe.
Das "Lexikon des Internationalen Films" schreibt: "Ein handlungsreich verschlungenes Mutter-Kind-Drama um glamouröse Lebenslügen des amerikanischen Alltags; Douglas Sirk inszenierte seinen letzten Film in Hollywood in dem ihm eigenen melodramatischen Stil ...".» (arte Presse)

Johnny Guitar

(Wenn Frauen hassen, Johnny Guitar, gehasst, gejagt, gefürchtet), Regie:   Nicholas Ray, USA - 1954
Produktion: Republic Pictures - Produzent: Herbert J. Yates - Nicholas Ray - Regisseur: Nicholas Ray - Drehbuch: Philip Yordan - Nach einer Vorlage von: Roy Chanslor Roman - Kamera: Harry Stradling - Musik: Victor Young - Peggy Lee Song - Schnitt: Richard L. Van Enger - Architekt: Henry Bumstead - Hal Pereira - Set Decoration: John McCarthy jr. - Edward G. Boyle - Darsteller: Will Wright Ned - Ian McDonald Pete - John Maxwell Jake - Rhys Williams Mr. Andrews - Paul Fix Eddie - Robert Osterloh Sam - Frank Marlowe Sam - Trevor Bardette Jenks - Ernest Borgnine Bart Lonergan - Scott Brady Dancin' Kid - Ward Bond John McIvers - Mercedes McCambridge Emma Small - Sterling Hayden Johnny 'Guitar' Logan - Frank Ferguson Sheriff Williams - Royal Dano Corey - Joan Crawford Vienna - Ben Cooper Turkey Ralston - John Carradine Old Tom -
Inhaltsangabe : Die resolute Vienna (Joan Crawford) führt in Arizona einen lukrativen Spielsalon. da sie durch Grundstückkäufe noch reicher wurde, wird sie von den Siedlern neidisch beäugt. Emma (Mercedes MacCambridge) hasst sie sogar, denn beide liebten einst den Revolverhelden Johnny Guitar (Sterling Hayden). Als der unerwartet zurückkehrt, eskalieren die Ereignisse. (tele 2008/50)

Der einstige Revolverheld Johnny Guitar kommt in den Saloon seiner ehemaligen Geliebten Vienna. Diese hat inzwischen mit ihrem Casino viel Geld, sich damit aber auch zahlreiche Feinde gemacht. Neben McIvers, dem mächtigsten Mann der Gegend, will vor allem die Rancherin Emma Small die erfolgreiche Konkurrentin aus dem Tal vertreiben. Aus blanker Eifersucht, da ihr Glücksritter Ted an Vienna viel Interesse zeigt, plant sie eine gefährliche Intrige.

Der einstige Revolverheld Johnny "Guitar" Logan kommt nach fünf Jahren im Gefängnis in den Saloon seiner ehemaligen Geliebten Vienna.

Vienna ist eine starke Frau, die sich von niemandem beeindrucken lässt. Mit eiserner Härte, besonders gegen sich selbst, hat sie ihr Lokal in der trostlosen Wildnis von Arizona fernab jeder Ortschaft aufgebaut und Grundstücke erworben. Nicht ohne Grund: Sie spekuliert zu recht darauf, dass die neue Eisenbahnstrecke durch ihr Land führen und sie reich machen wird. Aber auch mit ihrem Casino verdient sie viel Geld. Wegen ihres wirtschaftlichen Erfolgs hat sie sich aber auch zahlreiche Feinde gemacht. Neben McIvers, dem mächtigsten Mann der Gegend, will vor allem die Rancherin Emma Small die erfolgreiche Konkurrentin aus dem Tal vertreiben.

Die Dinge spitzen sich zu, als Emma mit einem Mob Einheimischer in den Saloon stürmt und Vienna für den Mord an ihrem Bruder mitverantwortlich macht: Viennas Stammgast, der berüchtigte Ted, und seine Männer hätten Emmas Bruder bei einem Überfall auf die Postkutsche erschossen. Ein richtiger Zeuge der Tat findet sich nicht. Dennoch wird Vienna und Ted das Ultimatum gestellt, innerhalb von 24 Stunden zu verschwinden.

Während sich Vienna nicht einschüchtern lässt, will Ted sich McIvers und den anderen nicht entgegenstellen. Bevor er sich mit seinen Leuten aus dem Staub macht, überfällt er Emmas Bank. Ein perfekter Anlass für die eifersüchtige Frau: Was wäre ein besserer Weg, die Rivalin loszuwerden, als sie für den Banküberfall verantwortlich zu machen? (arte Presse)
Kritiken : "Diese Geschichte aus dem Wilden Westen hat trotz ihrer handlungsmässigen Üblichkeit ein gewisses Format. Das ist vor allen Dingen der Hauptdarstellerin Joan Crawford und ihrem Partner Sterling Hayden zu verdanken. Beide bieten Leistungen, die in den Rahmen eines jeden grossen Filmes passen würden. Man sieht sich zurückversetzt in jene Zeit, in der im Westen Amerikas die grossen Eisenbahnen gebaut werden. In ihrem Gefolge befinden sich skrupellose Frauen, harte Desperados sowie Hass und Liebe. Wenn dann zum Schluss eine Spielhölle zum Raub der Flammen wird, die Desperados unter den Schüssen der Polizei sterben und sich eine schöne Frau mit einem Guitarrenspieler in Liebe verbindet, dann gibt das den Farben von Trucolor alle Möglichkeiten. Und so möchten wir glauben, dass der Film WENN FRAUEN HASSEN bei Leuten, die das Genre lieben, besonders gute Kassen machen wird." Dieter Fritko in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 45, 6.11.1954.

"Der Guitarren-Johnny (Sterling Hayden) weckt in der feurig-schönen Roulette-Bossin (Joan Crawford) fast gelöschte Leidenschaften und gerät dadurch in den Intrigenmittelpunkt ihrer Gegenspielerin. In letzter Sekunde kann er die Geliebte noch dem Strangulationskommando entreissen. Folgen noch viele Komplikationen, bis die beiden in ein neues, sauberes, edleres Leben ziehen können. Ein Wild-West-Reisser mit Ambitionen: hart, nahtgenau, mit grossartiger Charakterisierung der Personen, scharfäugiger Kamera und in Trucolor. In seiner Klasse: Klasse." Walter A. Persich in: Filmblätter (Berlin), Nr. 47, 26.11.1954.

"Ein Western ausserhalb der gängigen Schemata, schon der Anfang des Films überrascht: da fliegt bei Sprengungen die halbe Landschaft in die Luft, ein Reiter mit einer Gitarre macht auf einem Hügel halt und sieht, wie unten im Tal eine Postkutsche ausgeraubt wird, und der Boss des in der gottverlassenen Einsamkeit stehenden Saloons ist eine Lady (Vienna). Bald spürt man, dass es um sie gehen wird, dass hier die Frauen das Sagen haben, dass ihre Rivalin Emma alles daran setzen wird, sie zu vernichten. Nach weniger als 48 Stunden ist die Katastrophe perfekt, der Saloon niedergebrannt, Vienna um Haaresbreite gelyncht, die vier Männer um Dancing Ted tot. Nur Johnny, der sich Guitar nennt, weil er 'vielleicht nicht der schnellste Schütze' ist, überlebt die organisierte Hetzjagd auf die Aussenseiter durch eine Bande ach so wohlanständiger Bürger in ihren schwarzen Trauergewändern, umd am Schluss klingt dann programmatisch das Lied von Johnny Guitar, die Melodie, die Johnny früher im Film nicht zu Ende spielen durfte, weil sie Vienna wohl an ihre Zeit davor erinnerte."

«Herausragender Western und psychologische Studie» (tele 2008/50) «Ungewöhnlich dank seinen subversiven Ideen» (tele 22/2008)

«Der ehemalige Revolverheld Johnny Guitar kommt auf der Suche nach einem friedlichen Leben in eine Gegend, in der eine Eisenbahnstrecke gebaut wird. Er hofft, in einem Spielcasino Arbeit zu finden, das von der resoluten Vienna geleitet wird. Viennas Erfolg - sie hat in Kenntnis des geplanten Streckenverlaufs der Eisenbahn fast das gesamte Weideland der Umgebung aufgekauft - provoziert den Neid ihrer Nachbarn, vor allem der Rancherin Emma Small, die zudem Grund hat, auf sie eifersüchtig zu sein. Dies sind die Voraussetzungen für ein Drama entfesselter Leidenschaften, dem sich Johnny Guitar auf Dauer nicht entziehen kann. Nicholas Rays aussergewöhnlicher Western wurde bei einer Umfrage unter französichen Kritikern (nach Rio Bravo) zum zweitbesten Western aller Zeiten gewählt.. "Nicolas Rays Western sind in ihren Outriertheiten unerreicht, zweifellos darin Meisterwerke einer spielerischen Phantasie. In der Thematik und Farbgebung, Inszenierung und Dimensionierung der Charaktere lassen sie alle anderen Stilrichtungen hinter sich. Die Geschichte Johnny Guitars und seiner Geliebten, einer Spielsalonbesitzerin, hat Akzente, die der klassischen Tragödie entnommen sein könnte. Es gibt in diesem Film Stellen von so krasser Brutalität, die selbst durch den Filter der Rayschen Inszenierung (Montagen aus der Totalen, Grossaufnahmen und Bewegung in schneller Folge) kaum gemildert werden. Die Farben sind künstlich und betonen den exemplarischen Charakter der Fabel. Für Ray gilt die Bezeichnung "Poet der grausamen Liebe": die Gegenspielerin Joan Crawfords, die als Besitzerin des Saloons fungiert, ist eine Megäre wie nur wenige andere in diesem Genre."» (Peter H. Schröder, Filmkritik 3/65)

Körhinta

(Karussell), Regie:   Zoltán Fábri, Ungarn - 1955
Regisseur: Zoltán Fábri - Drehbuch: Zoltán Fábri - Kamera: Barnabás Hegyi - Darsteller: Antal Farkas Samu János - Piri Peéry - László Misoga Sógor - János Makláry Elszámoltatóbizottság tagja - László Kozák - Mária Kovács - Ervin Kibédi - Flóra Kádár - József Juhász - Gyula Bakos - Manyi Kiss Patakiné - Béla Barsi Pataki István - Adám Szirtes Farkas Sándor - Imre Soós Bíró Máté - Mari Töröcsik Pataki Mari -
Kritiken : "So oder ähnlich hat es sich schon oft zugetragen. In einem Dorf, mitten in der weiten ungarischen Ebene, lieben sich zwei junge Menschen. Doch der Vater des Mädchens Mari hat andere Pläne. Als tüchtiger Bauer ist er es seit Generationen gewohnt, daß bei Heiraten Land zu Land kommen muß. Maris Liebster aber hat kein Land, sie muß sich einen anderen Bräutigam aufzwingen lassen. Die unbeugsam trotzige Liebe des jungen Máté jedoch macht auch Mari stark. Und schließlich ist ihre Liebe stärker als alle Vorurteile. Was gibt den Liebenden diese Kraft? Unsere Geschichte geschieht 1953. Maris Vater ist aus der Produktionsgenossenschaft ausgetreten, weil dort nicht alles so in Ordnung ist, wie es sein sollte. Mit einem anderen jungen Bauern will er sich seine Einzelwirtschaft wieder aufbauen. Dieser junge Bauer soll Mari zur Frau bekommen. Máté ist Genossenschaftsbauer, er weiß um den verhängnisvollen Irrtum der beiden Bauern. Leidenschaftlich ist sein Glaube an die Zukunft, die den Bauern nicht mehr zum Sklaven seines Ackers machen wird. Máté erkennt die alten Vorurteile und überholten bäuerlichen Lebensformen nicht mehr an, er kämpft um seine Liebe, um sein Glück, um die selbständige Gestaltung seines eigenen Lebens. Das gibt Mari und Máté die Kraft, ihre Liebe auch in härtesten Konflikten zu bewahren. Ein Karussell mit seiner himmelanstürmenden Freude, seinem mitreißenden Rhythmus, seinem traumhaften Höhenflug wird zum Symbol dieser Liebe. Der ganze Film braucht kaum Dialoge, er dichtet mit der Kamera, läßt nur die Gesichter sprechen in meisterhaften Bildkompositionen von erregender dramatischer Kraft und ergreifender Zartheit. Glück und Leid der Liebenden – immer in Beziehung gesetzt zum Grunderlebnis ihrer gemeinsamen Karussellfahrt – spiegeln sich stets in ihrer Beziehung zur Umwelt wider. Breites Volksleben (in den beiden Zentralszenen Jahrmarkt und Bauernhochzeit) bildet die Basis dieser einzigartigen Liebesromanze, die eben dadurch bedeutsam wird für das Erstarken einer neuen, menschenwürdigen Ordnung. Mari Töröcsik spielt die Mari mit seltener inniger Beseeltheit und gibt dieser Gestalt einen zauberhaften Reiz in der seeligen Verklärung und tiefen Schwermut einer ersten Liebe und ihrer Konflikte. Imre Soós erfüllte den Máté mit felsenfestem Glauben an eine glückliche Zukunft, mit schlichtem Stolz und dem Vertrauen in die eigene bodenständige Kraft. Buch (Zoltán Fábri und László Nádasy), Regie (Zoltán Fábri) und Kamera (Barnabás Hegyi) sind zu gleichen Teilen an diesem Meisterwerk ungarischer Filmkunst von Imre Sarkadi beteiligt." Ch. Funke in: Der Morgen (Berlin), 2. 4.1957. "Es ist ein altes Thema, das der ungarische Film KARUSSELL gestaltet: Die Geschichte der großen, schönen Liebe zweier junger Menschen, die an dem harten Widerstand der Eltern des Mädchens fast zerbricht, ihn aber im Kampf schließlich besiegt. Doch das ist nur der äußere Rahmen der Geschichte, ihr Inhalt ist neu. Dieses brennende individuelle Drama spielt sich vor dem Hintergrund der gewaltigen gesellschaftlichen Umwälzung ab, die sich im Leben der Bauern des heutigen Ungarn vollzieht. Die unerbittliche Auseinandersetzung zwischen der alten und neuen Lebensform, zwischen der alten und neuen Weltauffassung der Bauern prägt die scharfen Konflikte der Handlung und ihre Lösung. (…) Den Schöpfern dieses Films ist unter der Regie Zoltán Fábris ein ungemein erregendes Kunstwerk gelungen, das sich besonders durch große Gefühlsdichte auszeichnet. Mit unerhörter Wucht, wie wir sie nicht oft in Filmen erleben, prallen die dramatischen Gegensätze aufeinander. Zoltán Fábri und Kameramann Barnabás Hegyi (…) haben dabei aus der Vielfalt der künstlerischen Ausdrucksmittel geschöpft, über welche die Filmkamera verfügt. So lösen sie vielfach die seelischen Konflikte und inneren Vorgänge der Akteure nicht in äußere Handlung auf, sondern verwenden subjektive Einstellungen und einen subjektiven Schnitt und erreichen damit immer wieder überraschende und neuartige Bildwirkungen. Im Hochgefühl ihres Glücks möchten die Liebenden sich über die Erde erheben und allen Hindernissen entfliehen. Máté zieht Mari zum Karussell. Bäume, Menschen und Hütten fliegen an ihnen vorüber, verschwimmen und werden unwichtig. Das Karussell trägt sie gleichsam in die Wolken, der Flug der Kamera wird zum Symbol, wird gesteigerter Ausdruck ihres Glücks. Die Kameraeinstellungen verfolgen nie Selbstzweck, sondern einen tiefen Sinn und entsprechen stets dem Gehalt der Szene. Die schauspielerischen Leistungen der Darsteller verdienen uneingeschränktes Lob. In keiner Phase ihres Spiels gibt es sentimentale Züge oder oberflächliches Pathos. In keiner Szene setzen sie schematische Charakterisierungsmittel ein. Die Vertreter der neuen Generation (Mari Töröcsik und Imre Soós) sind ebenso lebendig und interessant gezeichnet, handeln ebenso konsequent und überzeugend wie die Vertreter der alten Welt (Kossuthpreisträger Béla Barsi, Manyi Kiss und Ádám Szirtes). Die Zuschauer werden die von ihnen verkörperten Gestalten noch lange im Gedächtnis behalten." Stefan Burg in: Neues Deutschland -– Vorwärts (Berlin), 7.4.1957.

Letjat zhuravli

(Wenn die Kraniche ziehen, Die Kraniche ziehen), Regie:   Mikhail Kalatozov, UdSSR - Sowjet Union - 1957
Produktion: Mosfilm - Produzent: Mikhail Kalatozov - Regisseur: Mikhail Kalatozov - Drehbuch: Viktor Rozov - Nach einer Vorlage von: Viktor Rozov play: "Die Ewig Lebenden" - Kamera: Sergej Urusevskij - Musik: Moisej Vajnberg - Schnitt: Marija Tomofejeva - Architekt: Jevgenij Svidjetelev - Kostümbild: Leonid Naumov - Darsteller: Konstantin Nikitin Volodja - Konstantin Kadochnikov - Valentin Zubkov Stepan - Aleksandr Shvorin Mark - Tatjana Samojlova Veronika - Aleksej Batalov Boris - Vasilij Merkurjev Fjodor Ivanovich - Jekaterina Kuprijanova Anna Mikhajlovna - Boris Kokovkin Tjernov - Svjetlana Kharitonova Irina - Antonina Bogdanova Grossmutter -
Inhaltsangabe : "Die Kraniche am Himmel zieh'n hoch droben ihre Bahn - schau einmal hin, schau zweimal hin, dann sieh mich wieder an ..." Unbeschwert und verliebt schlendern Veronika (Tatjana Samoilowa) und Boris (Alexej Batalow) am Kai der Moskwa entlang. Der folgende Tag nimmt ihnen den Frieden. Boris meldet sich freiwillig an die Front, für einen Abschied ist keine Zeit mehr und so lässt er seinem "Eichhörnchen" ein Eichhörnchen mit einer versteckten Liebeserklärung übergeben. Veronika verliert bei einem Luftangriff ihr Zuhause und ihre Eltern und zieht zu Boris' Familie. Aus Verzweiflung und Einsamkeit gibt sie schließlich dem Drängen von Boris' drückebergerischem Bruder nach und heiratet Mark (Alexander Schworin). Doch das Gefühl der Schuld gibt sie nicht frei. In einer Ehe, die keine mehr ist, büßt sie, wartet und hofft weiter nur auf Boris. Der Nachricht eines Kriegskameraden, dass Boris gefallen ist, will Veronika nicht glauben und eilt bei Kriegsende mit Blumen im Arm an den Bahnhof, wo man die heimkehrenden Soldaten empfängt. Ihre Blumen bekommen andere Menschen, und die Kraniche fliegen über Moskaus Himmel. Veronikas und Boris' Sehnsucht nach einem freien und glücklichen Leben hat sich nicht erfüllt. Für Veronika bleibt nur der letzte Gruß des Geliebten, den sie zu spät gefunden hat ... (ARD Presse)
Kritiken : "Die Geschichte eines Mädchens, das im Krieg seinen Verlobten verliert und nun gezwungen wird, einen Drückeberger zu heiraten. Ein Film, der nicht nur durch seine Thematik, sondern auch durch seine hinreissende Gestaltung alle Welt aufhorchen liess." (Falter Studio Kinos, Mümchen)

"In Russland ist die Filmproduktion Sache des Staates. Sie hat deshalb in erster Linie der staatlichen Ideologie zu dienen. Es ist also weder erstaunlich noch bedauerlich, wenn wir kaum je einen russischen Film zu sehen bekommen und also kein rechtes Bild darüber bekommen, wieweit der russische Film noch in den Fusstapfen jener einmaligen Gestaltungskunst daher geht, wie sie Eisenstein und Pudowkin verkörpert haben. Es wäre uns ja auch kaum möglich, ein russisches Werk ganz unbefangen zu betrachten, da alle Freude an der schönen Gestaltung überschattet würde von der Erinnerung an Grausamkeiten, die den gleichen russischen Staat als Urheber haben und alle Kunst ein wenig mit dem Geschmack des Verlogenen versehen. - Dies mag man auch an diesem Film feststellen, der uns thematisch so unrussisch vorkommen kann: keine Propaganda, keine Verherrlichung der Revolution oder der Arbeiterschaft, kein Heroismus. Es wird eine Geschichte erzählt, wie sie während eines Krieges in jedem Lande vorkommen könnte: ein Mädchen blieb ohne Nachricht von seinem Bräutigam, der im Felde steht, es verliert seine Eltern bei einem Bombenangriff und unternimmt in seiner äussersten Verlassenheit eine Kurzschlusshandlung: es lässt sich von einem anderen Burchen - dem Vetter seines Bräutigams - überreden, ihn zu heiraten. Aber damit wird es nicht glücklich, da seine Gedanken bei seinem Bräutigam sind. Dass er indessen gefallen ist, ahnt es nicht, und als ein Kamerad ihm diese Nachricht bringt, will es dies auch gar nicht glauben. Erst das Kriegsende bringt ihm diese Gewissheit, aber nun weiss es sich zu fassen. Diese elegisch gestimmte Erzählung ist in ein filmisches Gewand von grosser Zartheit, von starker Poesie, voll Feingefühl für seelische Regungen gekleidet - schlechthin von einer Liebenswürdigkeit und Menschlichkeit, die ganz entgegengesetzt sind dem, was wir heute beim Klang des Namens Russland fühlen (und die in manchem Zuschauer die lebensgefährliche Illusion von einer geistigen Koexistenz auslösen oder sonstwie die russische Gefahr verharmlosen könnten)." (Der Filmberater, Dezember 1958, XVIII. Jahrgang Nr. 19)

"Die sehr sensibel dargestellte Tragik während des letzten Weltkrieges, dessen Chaos wiederspiegelnd: das Mädchen fällt widerstrebend dem intellektuellen Bruder ihres Verlobten, einem Drückeberger, anheim, während jener an der Front stirbt. Kunstvolle russische Filmschöpfung mit selbstkritisch - patriotischer Haltung bei nur geringer politischer Lehrhaftigkeit. Sehenswert." (Filmdienst 7298 / 6000 Filme)

"Die Geschichte einer vom Krieg zerrissenen Liebe: Veronika lässt sich von dem intellektuellen Bruder ihres Verlobten, einem Drückeberger, verführen, während Boris an der Front stirbt. Der sensibel gestaltete Film des vormaligen Dokumentaristen Kalatosow war einer der wenigen Welterfolge des sowjetischen Kinos der 50er Jahre. Seine Wirkung verdankt er vor allem seiner selbstkritisch - patriotischen Sicht bei nur geringer politischer Lehrhaftigkeit sowie der wunderbaren Kaneraarbeit." (Lexikon des Internationalen Films)

"Ein künstlerische Explosion brachte das Jahr 1957 mit dem Film 'Die Kraniche ziehen' des Regisseurs Kalatosow, Szenarium: W. Rosow, Kamera: S. Urussewski. Kein Film in der ganzen Welt ist in diesem Jahr mit gleichen Superlativen bedacht worden wie dieses Werk des sozialistischen Realismus. Das war ein Film, in dem der Inhalt die ihm gemässe Form gefunden hatte und der erst aus dieser vollkommenen Einheit heraus ein überwältigendes Kunstwerk geworden war. Während der Internationalen Filmfestspiele in Cannes 1958 wurde der Film mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Die Hauptdarstellerin, Tatjana Samoilowa, war der Mittelpunkt des Festivals.

'Die Kraniche ziehen' erzählt vom tragischen Schicksal eines jungen Mädchens im Kriege. Veronika (Tatjana Samoilowa) fühlte sich vor Beginn der Kampfhandlungen als das glücklichste Geschöpf der Welt. Sie lebte nur dem Glück der ersten Liebe, die sie für den jungen Arbeiter Boris (Alexej Batalow) empfand. Dieser junge Arbeiter ist eine der schönsten Gestalten des neuen sowjetischen Films. Boris meldet sich freiwillig, als das Land von den Faschisten überfallen wird. Schon in den ersten Kämpfen trifft ihn die tödliche Kugel. Veronika bleibt ohne Nachricht. Als die Eltern des Mädchens bei einem Bombenangriff umkommen und von Boris immer noch keine Nachricht kommt, bleibt in ihr nur eine grosse Leere zurück. Boris' Bruder Mark, ein Musikstudent, hat es verstanden, sich dem Kriegsdienst zu entziehen. Er wirbt um die Braut des Bruders. In einer Bombennacht, in der das Mädchen in seiner Not am Rande des Wahnsinns steht, zwingt es der Feigling, seine Frau zu werden. Sie lebt an der Seite des ungeliebten Mannes und stürzt sich in die Arbeit, um zu vergessen. Als sie, überall verfolgt von der Schmach ihres Treubruchs, die Nachricht von Boris' Tod erhält, weigert sie sich, es zu glauben. Ein elternloser Junge gibt ihrem Leben nach der Trennung von ihrem Manne wieder einen Sinn. Am Tage des Sieges schmückt sie sich mit ihrem schönsten Kleid, nimmt den Arm voller Blumen und geht zum Bahnhof, um dort ihren Boris zu empfangen. Aber er ist nicht dabei, er wird nie wiederkehren. Da gibt sie, noch schmerzerfüllt, die Blumen denen, die mit ihm waren. In ihrem Herzen wird er weiterleben als der liebste Mensch, der sein Leben gab, damit sie leben konnte. Ihre Schuld vor Boris hat sie durch ihr eigenes Leid gebüsst.

Als dieser Film um die Welt ging, verspürte man wieder, was Filmkunst sein konnte. Nicht, dass Kalatosow und Urussewski ausschliesslich neue Wege beschritten hätten, doch sie haben Vergessenes wiedergefunden, haben den Film vor allem wieder zu einem optischen Erlebnis werden lassen. Sie haben das Visuelle über das gesprochene Wort gestellt, ohne dabei die Ausdruckskraft des Films einzuschränken. Wie sie die Kamera führten, das war meisterlich beherrschte Technik, gepaart mit künstlerischer Phantasie. Katalosow und Urussewski wiesen auch der Montage wieder den ihr gebührenden Platz zu und stellten sie ganz in den Dienst ihres künstlerischen Anliegens. Mit 'Die Kraniche ziehen' demonstrierte der Film in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seine ungebrochene Lebenskraft gegenüber dem Fernsehen. Das geschah an keinem abseitigen Thema, sondern durch einen erschütternden Appell an alle Menschen, den Frieden in der Welt zu wahren." (Horst Knietzsch, Film gestern und heute, Berlin 1961, pg 311ff)

"In Cannes gab es während der diesjährigen Filmfestspiele eine Sensation: den russischen Beitrag WENN DIE KRANICHE ZIEHEN und seine Hauptdarstellerin Tatjana Samoilowa. Der Film erhielt den 1. Preis, die „Goldene Palme“, und Tatjana Samoilowa wurde zum umworbensten Festspielgast, ohne auch nur ein Gran ihrer Natürlichkeit einzubüssen. (…) Der Film (…) ist ein tendenzloses Mahnmal gegen den Krieg. Er greift zwei junge Menschen aus dem Alltag heraus, um an ihnen allgemeingültig den grossen Zerstörer aller Dinge zu demonstrieren. Die zwei sind jung, lieben sich, sind verspielt in ihrem Glück wie Kinder. Sie haben den Übermut der vollständigen Sicherheit, bewegen sich im Schosse ihrer Familien, gehen ihrer Arbeit nach und träumen dem Tage ihrer Hochzeit entgegen. Da bricht der Krieg aus: Der Verlobte meldet sich freiwillig. Nicht, um den Helden zu spielen, sondern weil er glaubt, dass es der Krieg unmöglich mache, im Stil des Friedens weiterzuleben. Sein Bruder ist der gegenteiligen Meinung. In einer entsetzlichen Bombennacht verführt er die künftige Schwägerin, heiratet sie, die nicht aufhört, auf den Verlobten zu warten, der jedoch starb, wie ihre Eltern unter Bomben starben. Das Gerüst der Story sagt wenig über den ergreifenden Film, der unter der Regie Michail Kalatosows direkt dort anknüpft, wo die grossen Pioniere des Russenfilms, Eisenstein, Pudowkin oder Dowshenko, aufhörten. Es gibt da Aufnahmen von unvergleichlicher Schönheit, viele aus der Vogelperspektive (…). In anderen Augenblicken wieder ist die Kamera so entfesselt, wie wir es letzthin in den besten japanischen Filmen sahen. Wenn das Mädchen Veronika, das „Eichhörnchen“, im Trubel des Abschiednehmens noch einmal ihren geliebten Boris sehen will; oder am Ende, wenn die Heimkehrer kommen und sie, den Arm voller Blumen für den Geliebten, erfährt, dass er fiel und nun die Blumen anderen schenkt, dann hetzt man herumgestossen mit ihr durch die taumelnde Menge. Oder man erlebt das Sterben des jungen Boris in traumwandlerischer, beklemmender Weise an sich selbst. Und das aus solchem Grunde, weil Regisseur Kalatosow die filmische Sprache vollendet beherrscht, weil er dem Film das Ureigene zurückgibt: die optische Aussage. Tatjana Samoilowas Gesicht bleibt unvergesslich. Die junge Darstellerin kann in herzzerreissender Weise Glück und Schmerz zugleich ausdrücken. Das schöne Antlitz mit den hohen Backenknochen, den dunklen, leicht schräggestellten Augen und der kecken Nase ist temperamententfesselt, und die Kamera darf es aus nächster Nähe bei allen Regungen belauschen, ohne dass der geringste darstellerische Krampf zu bemerken wäre. Eine solche Schauspielerin muss für den Regisseur ein Geschenk sein! Alexej Batalow gibt den Boris; ein schlanker, intelligenter, sensibler Mensch, mit der Ausstrahlung grosser Güte. (…)" D.F. in: Telegraf (Berlin), 3.8.1958.

"Poetischer Realismus aus dem Land der Planerfüllung und der Traktoren-Erotik, aus Russland: Das ist eine Überraschung, ein Geschenk! (…) [Man] erlebt ergriffen das Wunder einer Liebesgeschichte aus dem letzten Kriege, die darum so anrührt, weil sie so einfach ist. Weil sie jedem Pathos, wie wir es in ähnlichen Handlungen bereits über uns ergehen lassen mussten, konsequent aus dem Wege geht. Weil sie ein Muster jener Kunst ist, die Weglassen heisst. Weil sie von einer Kamera fotografiert ist, die ebenso turbulent wie zart sein kann, die mitläuft, mitfährt und mitstirbt. Weil sie von guten Darstellern getragen wird. Und weil da eine Frau ist, die man umarmen möchte: Tatjana Samoilowa. In Cannes nannte man sie die russische Hepburn. Doch sie ist ein ganz eigener Typ. Ihr Gesicht ist nicht eigentlich schön, es ist mehr: so beseelt, dass die Kamera es oft nur von den Augen bis zum halben Mund zu zeigen braucht, um uns darin alles lesen zu lassen. Sie hat eine Ausstrahlung, die alles Schauspielerische vergessen macht. Eine Frau „aus dem Volke“, im besten und schönsten Sinne, die es fertig bringt, dass wir ihr Film-Schicksal, obwohl schon dutzendfach gesehen, wie zum ersten Male erleben. (…) So kompromisslos, so verhalten und so realistisch wie Michail Kalatosows Film (…) wünschen wir uns den ernsten Film von heute. B.K. in: Berliner Montags-Echo, 4.8.1958.

Die letzte Brücke

Regie:   Helmut Käutner, Deutschland, Österreich, Jugoslawien - 1953
Produzent: Carl Szokoll - Regisseur: Helmut Käutner - Drehbuch: Helmut Käutner - Norbert Kunze - Kamera: Elio Carniel - Musik: Carl de Groof - Architekt: Otto Pischinger - Darsteller: Zvonko Zungul - Bernhard Wicki Boro - Steffi Schwarz - Maria Schell Helga Reinbeck - Barbara Rütting Militza - Walter Regelsberger - Carl Möhner Martin Berger - Pable Mincic - Robert Meyn - Helmut Käutner verwundeter Landser - Horst Hächler - Franz Eichberger - Fritz Eckhardt - Tilla Durieux -
Kritiken : "Episodenartig fügt sich Impression an Impression, und Stück für Stück rundet sich das Bild der grossen Not und ihrer Überwindung. Die spannend geführte Kamera und die liebevolle Einfühlung in das Wesen der Menschen und ihrer Landschaft machen den Film zu einem Kunstwerk..." (Filmbeobachter) "...stellt endlich wieder den Anschluss an die wichtigsten und besten Produkte der Filmwelt her" (Friedrich Luft, Neue Zeit 1954) "(…) IV. DIE LETZTE BRÜCKE spielt zwischen deutschen Soldaten und Tito-Partisanen. Keiner von ihnen redet Ideologie. Keiner verkörpert, wie es immer so schön heißt, eine Idee. (Es gibt keinen Menschen, der ganz und gar eine Idee verkörpert – und wenn es doch einen gibt, dann ist das kein Mensch.) V. Das heißt nicht, daß der Film keine große Idee hätte. Es ist die größte aller Ideen: Barmherzigkeit und Liebe. Doch sie wird nicht beredet; sie ist auch nicht selbstverständlicher und lehrreicher Besitz dieser Filmfiguren. Sie wird errungen. Eine deutsche Truppenärztin wird von Partisanen gezwungen, deren Verwundete zu betreuen. Sie weigert sich: Es sind ja die Feinde, meint sie, denen sie dienen, es sind ja die Heckenschützen, meint sie, denen sie dazu verhelfen würde, weiter auf Deutsche zu schießen, vielleicht auf ihren Verlobten … Doch die Verwundeten leiden, und sie hilft. Für den Heilenden gibt es nur eine Pflicht: zu heilen. Und sie sieht, wie die Partisanen verzweifelt für ihr Land kämpfen, sieht ihre verbrannten Dörfer, sieht, daß überall Mütter um ihre Söhne weinen, daß überall Söhne, Väter und Brüder fallen… Jetzt tut sie ganzen Herzens, was sie vordem nur zögernd tat; doch immer wieder versucht sie zu fliehen. Am Ende gerät sie in eine klassische Konfliktsituation: Sie soll Medizin für die Verwundeten holen und kommt durch deutsche Linien; jenseits der Brücke die Partisanen (und ihre Patienten), diesseits die Deutschen (ihr Volk, ihre Freunde, ihr Verlobter) – wohin soll sie, wohin gehört sie? Sie fällt auf der Brücke, mitten zwischen den Feinden. Wer über den Fronten dieser Welt steht, gerät in dieser Welt leicht zwischen die Fronten. Die Brücke zwischen Volk und Volk ist noch die allerletzte nicht – die letzte Brücke, zwischen dieser Welt des Hasses und jener andern, ist der Tod. VI. Ein Thema der heißen Eisen. Käutner gestaltet es, als hätten wir das in Deutschland schon immer gekonnt. Französische Kunst der Atmosphäre – Käutner kann’s auch. Amerikanische Perfektion – Käutner bewältigt es. Italienische Wirklichkeitsnähe – Käutner packt genau so zu. Er tut es, ohne zu imitieren, auf scheinbar mühelose Art. Sein Film wirkt nirgends angestrengt, wie sonst die meisten, selbst die guten deutschen Filme. Die Angestrengtheit ist ein Zeichen ihrer Unvollkommenheit. Das Vollkommene wirkt mühelos. VII. Nicht, daß dieser Film vollkommen wäre. Nicht, daß er keine Schwächen hätte. Doch ich sehe keinen grundsätzlichen Rangunterschied zwischen diesem Film und einem Werk von Litvak, Renoir oder Reed. Damit aber ist der Anschluß des deutschen Films an die Weltproduktion besiegelt. Drei Dinge machen ihn zum besten Film unseres interessantesten Regisseurs. Das erste ist die Form: die Verbindung von realistischer Präzision und symbolischer Überhöhung, von schlichter Echtheit und optischem Glanz. Das zweite ist das Ethos dieses Films: die Idee, die ganz und gar Gestalt wird. Und das dritte ist die Darstellung. VIII. Maria Schell war nie so hinreißend. Sie war meistens liebenswert und manchmal bezaubernd. Aber das unsichtbare, doch unverkennbare Zeichen der Meisterschaft, das allein einen Darsteller zum großen Schauspieler macht, wird erst hier ganz deutlich. Eine große Entdeckung: Bernhard Wicki als Partisan. Er wird im Film seinen Weg gehen. Barbara Rütting, gescheit und vital, und Tilla Durieux, gespenstisch und erschütternd, ragen aus der Fülle wohlgelungener Nebenrollen. Der Film hat etwas, das uns sehr selten ist: Würde. Bei uns verwechselt man Würde meist mit Korrektheit oder mit Pomp. IX. Unter den ernsthaften deutschen Nachkriegsfilmen, von den vielzitierten Ausnahmen abgesehen, gab es drei Sorten. Die einen wußten nicht, was sie wollten, waren aber fest entschlossen dazu. Die anderen wußten zwar, was sie sollten und was eigentlich wünschenswert wäre, wollten es aber nicht. (Sondern plätscherten lieber halb verlegen und halb verbissen herum.) Die dritten wußten, was sie wollten und sollten, versuchten es auch, konnten es aber nicht. DIE LETZTE BRÜCKE weiß, was sie will, tut, was Deutschlands Film sollte, und kann es auch. (…)" Gunter Groll in: Süddeutsche Zeitung (München), 6.1.1954. "(…) Die Fülle des dramatischen Geschehens, die Konflikte der einzelnen Menschen, die niemals „privat“ werden, die drängenden, unheimlichen Spannungen des Guerillakrieges und die stillen, nicht weniger erregenden Augenblicke der seelischen Spannungen – das ist von Käutner so meisterhaft getroffen, wie Luft, Weite und karge, steinige Wildheit der jugoslawischen Landschaft. Es hat eine Dichtheit, eine so wirkliche Nähe, daß man sich unwillkürlich duckt, wenn die Schüsse peitschen und immer wieder den Atem anhält. Und in der Erzeugung dieser Dichtheit gibt der Kameramann Elio Carniel seinem Regisseur nichts nach, er schuf unvergeßliche Bilder und unvergeßliche – ungeschminkte – Gesichter. Wenn man von einer Schauspielerin behaupten kann, daß sie die Rolle ihres Lebens spielt, so muß man es hier von Maria Schell sagen. Diese uneitelste, sensitivste und wahrhaftigste Schauspielerin erreicht eine Stärke des Ausdrucks und der persönlichen Ausstrahlung, die kaum zu übertreffen ist. Man erlebt das Wunder des absoluten „Aufgehens“ in einer Rolle. (…)" Edith Hamann in: Filmblätter (Berlin), Nr. 7, 19.2.1954.

Mikaël

(Michael), Regie:   Carl Theodor Dreyer, Deutschland - 1924
Produktion: Universum-Film AG (UFA), Berlin - Decla-Bioscop AG., Berlin - Produzent: Erich Pommer - Regisseur: Carl Theodor Dreyer - Drehbuch: Thea von Harbou - Carl Theodor Dreyer - Nach einer Vorlage von: Hermann Bang novel - Kamera: Rudolph Maté - Karl Freund - Schwenker: Robert Baberske - Musik: Hans Joseph Vieth - Architekt: Hugo Häring - Kostümbild: Hugo Häring - Darsteller: Didier Aslan Duc de Monthieu - Mady Christians (/xx/) - Wilhelmine Sandrock Witwe de Monthieu - Karl Freund LeBlanc, Kunsthändler - Grete Mosheim Mrs. Alice Adelsskjold - Alexander Murski Mr. Adelsskjold - Benjamin Christensen Claude Zoret - Walter Slezak Eigène Michael - Max Auzinger Jules, Majordomo - Nora Gregor Fürstin Lucia Zamikow - Robert Garrison Charles Switt, Journalist -
Inhaltsangabe : Michael ist ein junger Maler, der von seinem Meister Claude Zoret als untalentiert abgetan wird. Angezogen von der Schönheit des jungen Mannes taugt ihm dieser lediglich als Modell, das den Meister zu zahlreichen Bildern inspiriert. Als aber eines Tages die Prinzessin Zamikov erscheint und Zoret bittet, ihr Porträt zu malen, will es dem alten Künstler einfach nicht gelingen, den Blick der Prinzessin auf die Leinwand zu bringen. Da greift der angeblich so untalentierte Michael zum Pinsel und macht aus dem Bildnis ein Meisterwerk. Zwischen dem jungen Maler und der Prinzessin Zamikov entwickelt sich eine Liebe, die den alten Meister allein zurücklässt. Als verlassener und gebrochener Mann macht er sich mit letzter Kraft an ein letztes grosses Gemälde...... (Arte Presse)
Kritiken : " High-flown romantic drama on homosexual themes, looking back to Greek precedents for male-male relationships, through the lens of late 19th-century Aestheticism (the plot of Dreyer's movie could have been a short story in The Chameleon, or some lost chapter of Teleny or the Reverse of the Medal). As such, it's a delicious slice of queer history. Zoret (Christensen) is an ageing artist who gives his young protégé, Mikaël (Slezak), a leg up, and gets a leg over in return. It's one of those destructive, panther-feasting type of relationships around which stories of this type usually revolve (Oscar Wilde and Max Nordau have a lot to answer for in this respect)." (Channel 4 Reviews)

"Was hier geschaffen ist, bedeutet eine Kulturtat ersten Ranges, eine Hebung des Filmniveaus, zu der heutzutage leider ungewöhnlicher Mut gehört. Dieser Film kennt auch nicht eine einzige Konzession an den Publikumsgeschmack (im üblen Sinne des Wortes), er ist von einer Gepflegtheit des Stils, der Darstellung und der Technik, wie wir sie in so lückenloser Zusammenfügung wohl nur ganz selten einmal erleben dürfen. Thea von Harbou und Carl Theodor Dreyer sind an die Verfilmung mit einer Delikatesse herangegangen, die trotz aller Wahrung filmischen Wesens doch auch dem Grundmotiv des Originals vollauf gerecht geblieben ist. Es entstand eine Symphonie in Moll, die ohne jede Sentimentalität und doch in warmen Herzenstönen das Lied unauslöschlicher Liebe erklingen lässt. Allerdings führte auch eine Regie die Zügel, wie wir sie uns edler nicht denken können. Einen besseren Beweis, wie eng seelisch verwandt uns die Nordländer sind, als diesen, den uns der Däne Dreyer geliefert hat, konnte man nicht erbringen. Weder die tiefe resignatorische Melancholie der Slawen, noch die kitschige Rührseligkeit der Angelsachsen kann uns auch nur entfernt das geben, was uns die echten Herzenstöne dieses ganz grossen Werkes zu sagen wissen. Die Handlung ist von einer fast rührenden Schlichtheit. Sie erzählt kaum mehr, als das Zugrundegehen an einer grossen väterlichen Liebe, die durch die Rücksichtslosigkeit und den ahnungslosen Egoismus der Jugend getötet werden soll, und die doch nimmer stirbt. Wie uns das erzählt wird, das aber ist gradezu hinreissend. Abermals ist es die hohe Kultur der Dänen, die uns im Hauptdarsteller Benjamin Christensen, dem bekannten Regisseur und Autor des Hexenfilms [HÄXAN, Schweden 1920–22], entgegentritt. Schauspieler wie er sind für den deutschen Film ein ganz hoher Gewinn. Überhaupt hat dieser im vorliegenden Werke eine Blutzufuhr erfahren, wie wir sie uns lange vergeblich gewünscht haben, und wie sie uns doch bitter not tut. Auch hier muss man den Mut anerkennen, der für den Film bisher fast unbekannte Darsteller an so grosser und wichtiger Stelle herausstellt. Und man muss sagen: Der Versuch ist glänzend geglückt. Ein ganz grosser Wurf ist mit Walter Slezak gelungen, einem wirklich schönen und jungen Menschen, der aber nun einmal auch wirklich zu spielen vermag. Der tiefe Ernst, mit dem er seine gewiss nicht leichte Rolle erfasste, geht eigentlich weit über seine noch sehr jungen Jahre hinaus. Theaterblut! Und eine grosse Hoffnung für die Zukunft; – wenn er sich von Starmanieren freizuhalten versteht. Auch Nora Gregor, die rassig und interessant eine junge russische Fürstin verkörperte, ist eine solche Hoffnung; ganz ebenso Grete Mosheim, eine zarte, fast ätherische Blondine, die die gegebene Sentimentale für den Film zu sein scheint. Ein Kabinettstück war die Leistung Robert Garrisons, der einen äusserlich rauhbeinigen Journalisten hinstellte, dem man doch die treue Herzenswärme aus jeder Gebärde herausfühlen durfte. Uneingeschränktes Lob auch dem Kamera- Mann Karl Freund. Wie wundervoll trifft er in seinen fast hingehauchten Bildern den lyrischen Ton, der sich durch den ganzen Film hinzieht. Tiefe Symbolik, wie er sie rein bildmässig auszudrücken wusste, als er den eben noch im Glanze äusseren Ruhms erstrahlenden Mann in schnellem Übergang im tiefsten Schatten seelischen Kummers erscheinen liess, riss das Publikum zu stürmischem Applaus auf offener Szene hin. Hugo Härings Bauten waren ein würdiger Rahmen für dieses edelste deutsche Kammerspiel. (…) Das Ganze ein Werk, auf das wir sehr stolz sein dürfen, auch wenn es einem internationalen Banausentum vielleicht nicht gefallen sollte." Dr. M–I. (Georg Victor Mendel) in: Lichtbild- Bühne (Berlin), Nr. 113, 27.9.1924.

"(…) Aus diesem aus Schmerzen geborenen Bekenntnisbuch eines der grössten Romanciers des neunzehnten Jahrhunderts hat Carl Theodor Dreyer auf der Basis eines fein ziselierten Drehbuchs von Thea von Harbou einen Film geschaffen, der die Seele der Bangschen Dichtung heraufbeschwört. Dieser Regiekünstler hat es vermocht, die Atmosphäre zu gestalten, die herum ist um diese Menschen, die sich wund stossen am Leben, die Luftschicht, in die diese Gesellschaft gehüllt ist, diese hinwelkende Generation verfeinerter Nervenmenschen, deren Leben Nervenrausch bedeutet. Und im Rhythmus dieser Szenenfolgen klingt die Melancholie dieser zum Sterben verurteilten müden Geschlechter. (…) Auf eine leise andeutende Zeichensprache ist das Zusammenspiel gestellt, das aber tausendmal eindringlicher wird als jener Schrei der Gebärde, der ernüchtert, weil er gewaltsam überreden will. Dreyer dämpft das Minen- und Gebärdenspiel bis zur letztmöglichen Feinheit, die Gebärde wird bei ihm, was sie sein soll und was sie so selten ist: Symbol seelischer Zustände. (…)" Heinz Michaelis in: Film-Kurier (Berlin), Nr. 229, 27.9.1924.

Anmerkungen: Anmerkungen: Remake von VINGARNE (Mauritz Stiller, Schweden 1916). ø In Grossbritannien lief Dreyers Film unter dem Titel HEART’S DESIRE. ø Das Ende des Films wurde von Erich Pommer ohne das Einverständnis von Carl Theodor Dreyer geändert.

»Ein Film voll Donner heraufziehender Veränderungen. Wie die Kunst, um die Jahrhundertwende, durch den Einbruch der Sexualität in ihrer Basis getroffen wurde. Nicht das homosexuelle, idealistische Verhältnis zwischen dem Meister und dem Schüler, dem klassizistischen Maler und seinem Modell ist gemeint. Die Frau tritt wieder auf den Plan. Der Junge macht die Kunst seines geistigen Vaters zu Geld für die teure Geliebte. Ein unfassbarer Film in der Komplexität seiner Artikulation.« (Frieda Grafe) »Ausser DIES IRAE hat kein Dreyer-Film eine derart kunstvolle Ausleuchtung. Das Licht streichelt die Gesichter, um sie aus dem Dunkeln zu locken, und fast der ganze Film besteht aus einer bewundernswerten Abfolge von Grossaufnahmen, die nicht so aggressiv sind wie die von JEANNE D’ARC, aber ebenso kühn.« (Jean Sémolué) Filmmuseum München

«Immer wieder von christlichen Motiven fasziniert, wendet sich Regisseur Carl Theodor Dreyer in dieser Studie über einen um Anerkennung und Liebe kämpfenden Künstler einem weiteren zentralen Thema zu: dem Verhältnis des Bewussten zum Unbewussten. "Michael", einer von Dreyers neun Stummfilmen, deutet mit der mutigen Verwendung von Grossaufnahmen auf die berühmten aber weitaus aggressiveren Kameraeinstellungen seines letzten und renommiertesten Stummfilms "Die Passion der heiligen Johanna" voraus. Darüber hinaus besteht die Besonderheit des Films in seinem kunstvollen Lichteinsatz, der ansonsten nur noch in Dreyers späterem Tonfilm "Tag der Rache" zu bewundern ist. Indem der Regisseur dem engelsgleichen Antlitz des jungen Malerschülers die bleichen Fratzen alter Männer gegenüberstellt, schafft er ein kontrastreiches Stück Stummfilm-Kunst.» (arte Presse)

Mogambo

(Abenteuer in Afrika), Regie:   John Ford, USA - 1954
Produktion: Metro-Goldwyn-Mayer - Produzent: Sam Zimbalist - Regisseur: John Ford - Regieassistent: Peter Price (third assistant director - /xx/) - Drehbuch: John Lee Mahin - Story : William Collison play - Kamera: Robert Surtees - Freddie Young - Schnitt: Frank Clarke - Architekt: Alfred Junge - Kostümbild: Helen Rose - Darsteller: Grace Kelly Linda Nordley - Laurence Naismith Kapitän - Denis O'Dea Pater Josef - Eric Pohlmann Leon Boltchak - Donald Sinden Donald Nordley - Clark Gable Viktor Marswell - Ava Gardner Eloise Y. Kelly - Philip Stainton John Brown Price -
Inhaltsangabe : Auf Einladung eines Maharadschas fährt Eloise Kelly nach Afrika, um an einer Safari teilzunehmen. Doch anstelle des Gastgebers, der vorzeitig nach Indien zurückkehren musste, nimmt der Safari-Veranstalter Victor Marswell sie in Empfang. Eloise wird seine Geliebte. Einige Zeit später trifft das britische Anthropologen-Ehepaar Donald und Linda Nordley ein. In Liebe zu Victor entbrannt, will Linda ihren Mann verlassen. Doch als Victor bemerkt, wie sehr Donald seine Frau liebt, zieht er sich zurück. Er gibt Linda zu verstehen, dass sie nur ein Abenteuer für ihn gewesen sei. Blind vor Wut gibt Linda einen Revolverschuss auf Victor ab und verletzt ihn. Eloise stellt Victor als Flegel hin, damit Linda zu ihrem Ehemann zurückkehrt. Daraufhin macht Victor Eloise einen Heiratsantrag, den sie annimmt... (arte Presse)
Kritiken : "MOGAMBO. Hinter dem schwerblütigen Wort vermutet man einen Film, in dem schweißtriefende Neger unermüdlich die Trommeln rühren und dunkelhäutige Frauen bei exaltierten Tänzen ihre kriegsbemalten Leiber wiegen, also etwa das, was einem bei afrikanischen Expeditionsfilmen die Langeweile in die Augen treibt. Beim leibhaftigen Gott aller Negerstämme: hier ist das nicht der Fall. Durch diesen teils bunten, teils farbigen Afrika- Film weht der frische Wind eines kessen Humors, so daß man sich mit lachendem Gesicht der dargebotenen Schönheiten und Seltsamkeiten des schwarzen Erdteils erfreuen kann. Die Geschichte selbst ist abstrakt genommen eine banale Liebesaffaire: Weißer Tierfänger mit grauen Schläfen erhält überraschend Besuch moderner Dame mit biologischer Halbbildung made in USA. Kurze heiße Liebe, kurzer kalter Abschied. Neue weiße Frau kommt mit krankem Gatten angereist, der Gorillas fotografieren will. Wieder kurze heiße Liebe und – neuer überraschender Besuch moderner Dame. Doch Meisterregisseur John Ford verschwendete seine Kunst an diesen Dreieckskonflikt und schuf eine ebenso entzückende wie beglückende Urwald-Komödie, der man parodistische Züge nicht absprechen kann. Seinen Hauptdarsteller Clark Gable, dessen Ruhm vom Winde noch längst nicht verweht ist, setzte er einem gütig-ironischen Lächeln aus und stellte ihm eine quicklebendige, spöttisch-forsche und doch kameradschaftlich-nette Ava Gardner an die Seite. An sie vergab die ausgefuchste MGM-Synchronisation das Witz-Reservoir eines ganzen Jahres. Robert Surtees und Fredrick A. Young, die Kameramänner, hatten bei der Gorillajagd ihre große Chance. Der Film besitzt vor allem für das Publikum in größeren Städten einen immensen Unterhaltungswert (…)." Rudolf Neutzler in: Die Filmwoche (Karlsruhe), Nr. 37, 18.9.1954. "I. MOGAMBO ist ein entfernter Verwandter von BOSAMBO [SANDERS OF THE RIVER, Zoltan Korda, Großbritannien 1935], dem klassischen Afrika-Reißer, und auch DER ROTE SPEER [SCARLET SPEAR, George Breakston /Ray Stahl, USA 1954] ist ein sozusagen ärmerer Vetter aus der gleichen Familie. Es ist die Familie der Urwaldromanzen mit Negern, Jägern, Eifersucht und Tierschau … die Trommel dröhnt … der Geier kreist … der Löwe brüllt, wenn er nicht beißt … und am Ende sagt man dann: „Die Tiere waren gut.“ II. In MOGAMBO sind die Menschen auch nicht übel. Den Großwildfänger spielt Clark Gable (Rauhbein mit grauen Schläfen), die eifersüchtigen Frauen sind Ava Gardner (Bardame, schwarzhaarig, Mutterwitz) und Grace Kelly (Ehefrau, blond, Kummer), die Neger sind vom Stamme der Samburu und reden auch so („Buru buru“, während sie sonst in solchen Fällen meist fließendes Synchron-Deutsch sprachen), und die Tiere sind hauptsächlich Gorillas, ein jugendliches Nashörnchen und dann und wann ein kleiner Elefant. III. Seit Hemingway für Amerika Afrika entdeckt hat, wirken Hollywoods Afrika-Fabeln, als seien sie von einem allerdings bedeutend rosigeren Hemingway-Epigonen, einem Happy- Hemingway, mit grad’ noch ein klein wenig Schnee vom Kilimandscharo, viel Whiskey, etwas Einsamkeit und barschem Mannesmut. So auch hier. John Ford inszenierte das farbfroh, attraktiv und erfreulicher Weise nicht ganz ernst. (…)" Gunter Groll in Süddeutsche Zeitung (München), 11.11.1954.
Anmerkungen: «Hintergrundinformationen: Das Drehbuch entstand nach dem Theaterstück von Wilson Collison. Regisseur John Ford inszenierte mit seinem spannungsvollen Abenteuerfilm ein Remake des Victor-Fleming-Films "Dschungel im Sturm" aus dem Jahr 1932, in dem Clark Gable ebenfalls die Hauptrolle spielte. "Mogambo - Abenteuer in Afrika" wurde 1954 für den Bafta Film Award nominiert, im gleichen Jahr wurden Ava Gardner in der Kategorie beste Darstellerin und Grace Kelly in der Kategorie beste Nebendarstellerin für den Oscar nominiert. Für diese Kategorie gewann Grace Kelly den Golden Globe. Das "Lexikon des Internationalen Films" schreibt: "Stimmungsvoller Abenteuerfilm mit schönen Tieraufnahmen, der Urwaldmilieu und -atmosphäre meisterhaft einfängt. Obwohl die Liebesgeschichte weniger überzeugend ausgefallen ist, bietet der Film dank hervorragender Darsteller fesselnde Unterhaltung.» (Arte Presse) "In dem Remake seines Films Dschungel im Sturm (1932) verkörpert Clark Gable einmal mehr den Inbegriff der Männlichkeit. Ava Gardner spielt die kratzbürstige Eloise mit dem Herz aus Gold. Und Grace Kelly ist die zugeknöpfte Gattin eines Anthropologen, auf die Frauenheld Victor ein Auge wirft. Beide Frauen wurden für den Oscar® nominiert, und Kelly gewann den Golden Globe® als Beste Nebendarstellerin." (DVD-Covertext) Remake von "Red Dust" (1932) mit Clark Gable, Jean Harlow und Mary Astor

Le Notti bianche

(Die weissen Nächte, Weiße Nächte), Regie:   Luchino Visconti, Italien - 1957
Produzent: Franco Cristaldi - Regisseur: Luchino Visconti - Drehbuch: Luchino Visconti - Suso Cecchi d'Amico - Nach einer Vorlage von: Fjodor Dostojevskij novel 'Weisse Nächte' - Kamera: Giuseppe Rotunno - Musik: Nino Rota - Schnitt: Mario Serandrei - Ausstattung: Mario Garbuglia - Architekt: Mario Chiari - Set Decoration: Enzo Eusepi - Kostümbild: Piero Tosi - Maskenbildner: Alberto de Rossi - Darsteller: Sandra Verani - Renato Terra Un coinvolto nella rissa - Jean Marais L'inquilino - Maria Schell Natalia - Dirk Sanders Il ballerino (AKA Dick Sanders) - Marcella Rovena La padrona della pensione - Marina Zanoli La domestica (AKA Maria Zanolli) - Lys Assia - Corrado Pani Un giovinastro - Sandro Moretti - Leonilde Montesi - Marcello Mastroianni Mario - Giorgio Albertazzi - Giorgio Listuzzi - Fernando Gerra - Angelo Galassi Un coinvolto nella rissa - Anna Filippini - Elena Fancera La cassiera - Lanfranco Ceccarelli Un coinvolto nella rissa (AKA Lanfranco Ceccarelli) - Alberto Carloni - Clara Calamai La prostituta - Romano Barbieri -
Kritiken : "Liebe beflügelt einen liebenswerten jungen Mann, der nächtens ein mit offenen Augen träumendes Mädchen kennenlernt. Sie hängt der Erinnerung an einen anderen nach, dessen vage versprochene Rückkehr sie sehnlichst erwartet. Zitternd zwischen Hoffnung und Zweifel, gelingt es dem jungen Manne, die Erinnerung an den längst entschwundenen Geliebten zurückzudrängen und das Herz der Träumerin zu gewinnen – als plötzlich der andere wieder auftaucht und das Mädchen in seine Arme stürzt. Auf Dostojewskis gleichnamige gefühlvolle Erzählung zurückgreifend, hat Luchino Visconti hier im Sinne des Dichters ein Abbild der zwiespältigen Menschenseele gegeben. Sein Film ist sehr literarisch und theaternah, er leugnet die Kulisse nicht. Mit einem wirkungsvollem Dekor von Brücken und Treppen, einem überhöhten dynamischen Dialog, einer puccinesken Musik und fotografischer Hell-Dunkel-Malerei wird das Traumhafte der Romanze zwar oft packend herausgearbeitet, doch hat diese Poesie eine sehr wechselnde Stärke und gleitet mitunter ernüchternd ins Beziehungslose ab. Sperrkonto einer phantasieverklärten Liebe, das dann mit Happy-End-Coup und Blankoscheck abgehoben wird: Maria Schell macht das sehr konzentriert, strahlend, lächelnd und kunstreich. Ihr Partner Marcello Mastroianni, der beseligte, doch unglückliche „zweite Mann“, ist ihr an sensitiver Ausdruckskraft ebenbürtig. Jean Marais gibt den Geliebten als ein „Denkmal“ männlicher Schönheit. Viscontis neoromantisches Experiment forderte in Venedig die Kritik heraus und gewann den Silbernen Löwen. Das Werk distanziert den Zuschauer und richtet sich an ein bewußt genießendes, interessiert beobachtendes Publikum." Edmund Luft in: Filmwoche (Karlsruhe), Nr. 9, 1.3.1958. "(…) Diese Verfilmung einer Novelle von Dostojewski hat mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, die jede Verfilmung der Werke des großen Russen mit sich bringt. Daß trotzdem ein kleines Kunstwerk aus diesem Streifen geworden ist, muß man seinen Herstellern hoch anrechnen. Die größte Schwierigkeit liegt darin, daß man Dostojewskische Atmosphäre nur schwer auf die Leinwand bringen kann, ohne Längen zu schaffen. Wenn man der Novelle gerecht werden will, läßt sich nur mühsam ein Handlungsfluß aufrechterhalten. Man hat daher auch einige Einlagen gemacht, welche die Handlung „bereichern“ sollen. Überwiegend hat man sich jedoch um die Atmosphäre bemüht, weswegen vielleicht mancher, der für diese Dinge nicht so viel Empfinden hat, von Längen des Films sprechen wird. Die souveräne Gestaltung der Atmosphäre besticht. An ihr sind Regie und Kamera gleichermaßen beteiligt. Die realistische Inszenierung, die trotz allem Realismus Platz für Träume und Hoffnungen läßt, eine Kamera, die mit den Ruinen und Brücken einer alten Stadt, die im Süden Italiens stehen könnte, so sicher umzugehen weiß, Großaufnahmen, die in einer Massierung als interessantes filmisches Mittel eingesetzt werden, haben wesentlichen Anteil an der Verdichtung des Streifens. Einen mindestens gleich großen Anteil haben jedoch die Darsteller. Maria Schell, die alle Verhaltenheit, alles Leid und Glück, alle die unsinnigen und letztlich doch tragenden Hoffnungen des jungen, reinen und doch schon von der Liebe verwundeten Mädchens so überzeugend darzustellen vermag. Ihr Partner Marcello Mastroianni, der auf der Suche nach einem kleinen Abenteuer selbst zum unglücklich Liebenden wird, der sich von der Frau, die er liebt, die Geschichte ihrer Liebe zu einem anderen anhören muß, der das tragen will, ohne es tragen zu können. Dann der Mann, der weggeht, um in einem Jahr wiederzukommen, Jean Marais in einer kleinen Rolle, die er jedoch mit menschlicher Wärme zu füllen versteht. Figuren, gefüllt mit Paradoxien, wie sie das menschliche Leben immer wieder gebiert und die man so wenig auf der Leinwand sieht. (…) Als filmische Kostbarkeit (ab 16) warm zu empfehlen." Krp. in: Evangelischer Film-Beobachter (München), Nr. 11, 13.3.1958.

The Nun's Story

(Die Geschichte einer Nonne), Regie:   Fred Zinnemann, USA - 1959
Produktion: Warner Bros. Pictures, Inc. - Verleih: Warner Bros. Pictures, Inc. - Produzent: Henry Blanke - Regisseur: Fred Zinnemann - Regieassistent: Sergio Leone (/xx/) - Script Supervisor: Elaine Schreyeck - Drehbuch: Robert Anderson - Kamera: Franz Planer - Musik: Franz Waxman - Stand Photos: Léo L. Fuchs - Darsteller: Edith Evans Mutter Emmanuel - Peter Finch Dr. Fortunati - Audrey Hepburn Gabrielle von der Mal - Dean Jagger Dr. Van der Mal - Lionel Jeffries Dr. Goovaerts - Eva Kotthaus Schwester Marie - Mildred Dunnock Schwester Margarita - Beatrice Straight Mutter Christoph - Rosalie Crutchley - Patricia Collinge Schwester William - Peggy Ashcroft Mutter Mathilde - Elsa Albani -
Inhaltsangabe : Der Arzt Dr. Van der Mal (Dean Jagger) bringt seine Tochter Gabrielle (Audrey Hepburn) ins Kloster. Er respektiert zwar ihren Entschluss, Nonne zu werden, doch gutheissen kann er ihn nicht. Im Kloster zu Brügge muss sich das empfindsame Mädchen den strengen Gehorsamsregeln des Ordens unterwerfen. Das fällt ihr nicht leicht. Aber Mutter Emmanuel (Edith Evans) ist angetan vom ernsten Bemühen der Novizin, sich in Geduld und Demut zu üben. Die Oberin erkennt bald, dass Gabrielles wacher Verstand gegen manche Regel des Klosterlebens rebelliert, sie ihren Widerstand jedoch unterdrückt, schweigt und gehorcht. Nach dem Noviziat nimmt die junge Nonne den Namen Schwester Lukas an, legt das schwierige Examen in Tropenmedizin ab und steht einen harte Zeit als Pflegerin in einer psychiatrischen Anstalt durch. Ihr Herzenswunsch erfüllt sich, als sie auf eine Missionsstation in Afrika versetzt wird. Hier arbeitet sie unter der Leitung von Dr. Fortunati (Peter Finch) im Krankenhaus. Der Chirurg schätzt und bewundert seine neue Assistentin, obwohl er mit Nonnen nicht viel anfangen kann. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Beziehung, die für Schwester Lukas zu einem Prüfstein wird.... (Presse SF DRS)
Kritiken : "Im Rahmen höchster Filmkunst werden hier geheime Seelenregungen in aller Ehrfurch vor der Würde des Menschen sichtbar gemacht. Fred Zinnemann zaubert mit trefflich beobachteten Szenen eine lebendige Atmosphäre. Audrey Hepburn ist die ideale Darstellerin der Schwester Lukas" (Christ und Welt) "Eine junge Belgierin, Tochter eines bedeutenden und wohlhabenden Arztes, geht Anfang der 30er Jahre in ein Kloster, das Schwestern für die Krankenhäuser in Belgisch-Kongo stellt. Das Mädchen faßt seinen Entschluß gegen den schwachen Widerstand der Familie, weil es Gott nahe sein und der leidenden Menschheit helfen will. Aber es stellt sich in langen, von inneren Kämpfen erfüllten Jahren heraus, daß seine Auffassung von der Arbeit einer als Krankenpflegerin ausgebildeten Nonne eine andere ist als die des Ordens. Das Mädchen ist zu sehr Tochter seines Vaters, um auf die Dauer dem strengen religiösen Ritus den Vorrang vor der geliebten Arbeit geben zu können. Es verläßt mit Einwilligung des Bischofs das Kloster und kehrt in das zivile Leben zurück. (…) Der Regisseur Fred Zinnemann und sein Drehbuchautor verdienen Anerkennung für den Ernst, mit dem sie sich des immerhin ungewöhnlichen Stoffes angenommen haben. Sie verwendeten einen großen Teil des langen Films dazu, den Werdegang einer Nonne vom Tage ihres Klostereintritts bis zur endgültigen Bindung an den Orden aufzuzeigen und sie machten dem Zuschauer mit aller Ausführlichkeit deutlich, welch Konsequenzen das Gebot demütiger Unterordnung für einen von Natur aus selbstbewußten Menschen haben kann. Diese Ausführlichkeit war, auch wenn man sie bisweilen als Länge empfinden sollte, zur Deutlichmachung des Konflikts und für das Verstehen seiner Lösung notwendig. Vom Dramaturgischen her ebenso notwendig war es aber auch, wenigstens einen Teil der Szenen, in diesem Falle also die, die im Gebiet des Kongo spielen, mit so etwas wie kinomäßiger Spannung anzufüllen. Selbst die leise Andeutung von Sympathien zwischen der Nonne und dem sarkastischen Stationsarzt und das Offenlassen aller Weiterungen aus dieser Begegnung sollte man den Schöpfern dieses zu Recht mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichneten Films konzedieren. Audrey Hepburn kann man wohl kein größeres Kompliment machen als das, daß man im Verlaufe des Films immer mehr das Gefühl verliert, einem Filmstar in der Rolle einer Nonne gegenüberzusitzen. Dieser Eindruck verstärkt sich bis zu der erschütternden Schlußszene, in der zum zweiten Male nach mehr als dreitausend Filmmetern der entblößte Kopf der Hepburn sichtbar wird und in der eine vom Leid gezeichnete Frau den Weg ins Ungewisse antritt. Peter Finch gelingt es, in der Rolle des Arztes vom ersten Auftritt an als starke Persönlichkeit zu erscheinen. Es ist anzunehmen, daß man auch in Deutschland diesem Film als einer freimütigen Diskussion von Glaubensfragen starkes Interesse entgegenbringen wird." Georg Herzberg in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 92/93, 21.11.1959.
Anmerkungen: "I preferred not to use Roman Catholics in creative situations. It seemed important to keep an objective approach to the work." (Fred Zinnemann, cit. Diagonale) "In der Rolle der Klosterschwester zeigte Audrey Hepburn, die bis dahin vor allem in Romanzen und Komödien aufgetreten war, eine neue Facette ihres Könnens. Nach zehn erfolgreichen Jahren im Filmbusiness war die Zeit für den damals 30-jährigen Star reif für eine neue Herausforderung. Die Dreharbeiten im damaligen Kongo dauerten mehr als sechs Monate und wurden für die zierliche Schauspielerin zur echten Belastung. Nicht nur die Hitze machte ihr zu schaffen - mehr als einmal erlitt sie in ihrem schwarzen Kostüm einen Schwächeanfall - sie wurde sogar buchstäblich von einem Affen gebissen. "The Nun's Story" sollte für Audrey Hepburn zu einem ihrer grössten Erfolge werden, für den sie unter anderem den Bafta-Award, den Preis der New Yorker Filmkritik, und ihre dritte Oscar-Nominierung erhielt." (Presse SF DRS)

Peccato che sia una canaglia

(Schade, dass du eine Kanaille bist), Regie:   Alessandro Blasetti, Italien - 1955
Regisseur: Alessandro Blasetti - Drehbuch: Suso Cecchi d'Amico - Sandro Continenza - Ennio Flaiano - Story : Alberto Moravia novel: il fanatico - Kamera: Aldo Giordani - Musik: Alessandro Cicognini - Darsteller: Charles Stacy Englischer Tourist - Margherita Bagni Elsa, Egons Frau - Michael Simone Toto - Mario Scaccia Carletto, Valerias Mann - Mauro Sacripante Peppino - Mario Passante Der Inspektor - Umberto Melnati Egon, bestohlener Busfahrgast - Marcello Mastroianni Paolo Sivistrelli - Sophia Loren Lina Stroppiani - Vittorio De Sica Professor Stroppiani - Giulio Cati Der Nachtwächter - Memmo Carotenuto Cesare, der Röntgenarzt - Maria Britneva Englische Touristin - Vittorio Braschi Der Hehler - Wanda Benedetti Valeria, Bestohlene im Bahnhof -
Inhaltsangabe : Voller Stolz fährt der Taxifahrer Paolo (Marcello Mastroianni) mit einem funkelnagelneuen Wagen seines Unternehmens durch Rom. Zu seinen ersten Fahrgästen gehören die schöne Lina (Sophia Loren) und ihre beiden Brüder Peppino (Giorgio Sanno) und Totò (Michael Simone). Das Trio will vor die Tore der Stadt zum Strand von Ostia kutschiert werden. Dort angekommen, lädt die verführerische Lina Paolo ein, sie zum Baden zu begleiten. Aber kaum lässt er sein Taxi für einen Moment aus den Augen, versuchen Peppino und Totò, den neuen Wagen zu stehlen. In letzter Sekunde kann Paolo die Halunken in die Flucht schlagen. Danach schnappt er sich Lina, den Lockvogel des Trios. Sie soll ihm wenigstens die lange Fahrt bezahlen. Dummerweise gelingt aber auch ihr die Flucht. Wie der Zufall es will, sieht Paolo die drei Kanaillen ein paar Tage später auf den Straßen von Rom wieder. Um sie nicht entkommen zu lassen, legt er eine Vollbremsung hin - mit dem Ergebnis, dass der nachfolgende Wagen ihm ins Heck rauscht. Durch den Unfall aufmerksam geworden, machen die Halunken sich schnellsten aus dem Staub, allein Lina kann der aufgebrachte Paolo sich schnappen. Von ihren Tränen und ihrer Reue gerührt, bringt Paolo es nicht übers Herz, das hübsche Mädchen der Polizei zu übergeben. Stattdessen sucht er ihren Vater Vittorio (Vittorio De Sica) auf, um ihn über die Machenschaften seiner Tochter zu informieren - freilich ohne zu ahnen, dass Linas feiner Herr Papa in Wahrheit der durchtriebenste Ganove von allen ist. Weil er sich längst in sie verliebt hat, macht Paolo Lina schließlich einen Heiratsantrag. Damit aber geht für den braven Taxifahrer der Ärger erst richtig los: Zuerst schenkt seine Verlobte ihm als Liebesbeweis ein goldenes Zigarettenetui, das sie ausgerechnet seinem Chef gestohlen hat, und dann benutzt Vittorio ihn nach einem dreisten Kofferdiebstahl als Fluchthelfer. (ARD Presse)
Kritiken : "SCHADE, DASS DU EINE KANAILLE BIST ist eine römische Spitzbubenkomödie (Regie: Alessandro Blasetti). Da wird ein junger, gut aussehender Taxifahrer (Marcello Mastroianni) von einem Ganoventrio, dessen weibliches Mitglied ein prächtiger Lockvogel ist, beinahe um sein Auto gebracht. Seine Bemühungen, mit den Dreien abzurechnen, bringen ihm immer nur neuen Ärger, zumal er auch den Reizen der so gewandten jungen Dame nicht immer widerstehen kann. Deren Vater, mit dem er es dann auch noch zu tun bekommt, ist ein charmanter Langfingersenior, auf Gepäckstücke spezialisiert, verblüffende Lebensweisheiten von sich gebend und sich mit seinen paradox gepflegten Manieren allen heiklen Situationen gewachsen zeigend. Da dieser sympathische alte Herr nichts dagegen hat und seine Tochter sich ihrerseits in allen Situationen vor allem gut gewachsen zeigt, nimmt am Schlusse der ehrbare Taxichauffeur seine märchenhaft lügende, wohltätig stehlende und immerfort attraktive Kanaille in die Arme. Nun – man sieht ein, daß Vittorio De Sica mit komisch aufgesetzten Hüten und grotesk-besänftigenden Suaden ein höchst amüsanter Darsteller dieser zwar unwahrscheinlichen, aber humorvoll fabulierenden Rolle des Ganovenvaters sein muß. Doch wichtiger ist, daß Sophia Loren die Ganoventochter spielt; und daß nicht sie dem Stoff gerecht wird, sondern der Stoff ihr. Diese Kanaillen- Rolle (wieder einmal eine Erfindung von Alberto Moravia) ist ungefähr auf sie zugeschnitten wie ihre Kleider: Sie sitzt nur allzu gut, der Rest ist Nebensache. Gerechterweise muß man bemerken, daß die Loren nicht nur für die spezifischen Attribute des Lockvogels, sondern auch für die dabei fällig werdende plebejische Mimik und fast ordinäre Wildheit ureigene Talente mitbringt. Die daraus geschöpften schauspielerischen Leistungen würden vielleicht mehr hervorstechen, wenn der teure Star nicht wieder mit seinen Proportionen die Proportionen der ganzen Story beeinflussen dürfte. Dies bringt die Komödienstruktur auf Abwege. Trotz gewisser neoveristischer Mittel, südlicher Freude an Wortgeplänkeln und vielen heiteren Selbstironien hapert’s doch am psychologischen Unterbau: Diese liebenswerte Kanaille ist eine erotische Märchenfigur, und allzuviele Märchen verträgt auch ein Lustspiel nicht, denn gelacht wird über die Entlarvungen, nicht über die Illusionen. Daß der Film, obschon er auch als Regieleistung nicht gerade von großem Schwung erfüllt ist, in seinem Humor immer noch witziger und intelligenter ist als entsprechende deutsche Erzeugnisse, erscheint beinahe als selbstverständlich." R.H. in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.12.1955. "SCHADE, DASS DU EINE KANAILLE BIST. Nein, es ist gar nicht schade; es ist sogar angenehm vergnüglich, daß die junge Dame ein so unberechenbar verlockendes Biest ist, eine kleine, stachlige Ganovin, die von ihrem Vater das Stibitzen gelernt, aber zugleich soviel herzhaften Charme von ihm mitbekommen hat, daß sie sich einen netten, braven Jungen als Ehemann angeln darf, auch ohne, daß dessen Umerziehungsversuche an ihr und ihrer Familie besonders wirkungsvoll sind. Sophia Loren hat, unter der Regie von Alessandro Blasetti, ihre bisher frechste und amüsanteste Rolle, und sie schaukelt sich recht munter durch all die komisch unverschämten Situationen hindurch. Aber Vittorio De Sica, der bezaubernd gaunerische Papa, ist natürlich die Hauptperson. Man kann sich einfach nicht satt sehen, wenn er mit wegwerfender Selbstsicherheit, mit der Allüre eines etwas verarmten großen Herren und obendrein mit einem heiteren, unbelasteten Gewissen sich ganze Warenlager zusammenklaut und auf dem Polizeirevier mit hinreißender Empörung den beleidigten Ehrenmann mimt. Dieses geistvolle, blitzende Spiel mit kleinen Gesten und großen Worten, diese unschuldige Verruchtheit macht ihm keiner nach. (…)" Anonym in: Der Tagesspiegel (Berlin), 17.3.1956. (…) "Der Film hat soviel echtes, volkstümliches Kolorit, daß man meint, die Kamera hätte an irgendeiner Straßenecke für ein paar Stunden das Leben eingefangen. Unvergleichlich wieder Vittorio De Sica, der als Diebesvater die Züge eines Grandseigneurs trägt und sich selbst treffend parodiert. Ein großer Komödiant glanzvoller alter Schule. Und auch Sophia Loren, die Kurvenreiche, ist hier viel mehr als nur das attraktive Pullovergirl. Wenn sie temperamentgeladen ihr Wortfeuerwerk abschießt, bedauert man, sie nicht Wort für Wort verstehen zu können. (…) Im ganzen ein liebenswerter Film, der kompromißlos dem Lachen dient und trotzdem mit künstlerischer Sicherheit zusammengefügt wurde. (…)" Hans-G. Berthold in: Filmblätter (Berlin), Nr. 27, 8.7.1955.
Anmerkungen: Sophia Loren („Arabeske") und Marcello Mastroianni („Das süße Leben") gehören zu den unsterblichen Traumpaaren der Kinogeschichte. „Schade, dass Du eine Kanaille bist" markiert die erste Zusammenarbeit des legendären Duos, das insgesamt zehnmal gemeinsam vor der Kamera stand. Stilistisch dem Neorealismus verpflichtet, lebt die temporeiche Liebeskomödie vom Zusammenspiel der beiden charismatischen Hauptdarsteller, bei deren Katz-und-Maus-Spiel gehörig die Funken fliegen. In der dritten Hauptrolle ist der nicht minder legendäre Regisseur und Schauspieler Vittorio De Sica („Fahrraddiebe") zu sehen. (ARD Presse)

Pillow Talk

(Bettgeflüster), Regie:   Michael Gordon, USA - 1959
Regisseur: Michael Gordon - Michael Gordon - Drehbuch: Stanley Shapiro - Russell Rouse - Kamera: Arthur E. Arling - Musik: Frank de Vol - Schnitt: Chester W. Schaeffer - Darsteller: Nick Adams Tony Walters - Doris Day Jan Morrow - Rock Hudson Brad Allen - Tony Randall Jonathan Forbes - Thelma Ritter Alma -
Inhaltsangabe : Normalerweise ist Jan Morrow (Doris Day) ein verträglicher Mensch. Doch den Schlagerkomponisten Brad Allen (Rock Hudson) wünscht die attraktive Innenarchitektin ins Land, wo der Pfeffer wächst. Sein Liebesgesäusel, mit dem er für Stunden den gemeinsamen Telefonanschluss blockiert, bringt sie zur Weissglut. Der tägliche Kleinkrieg mit dem Weiberhelden spielt sich nur über den Draht ab, denn persönlich kennen sich die beiden nicht. So ahnt die hübsche Jan nichts Böses, als sie eines Abends in einem New Yorker Nachtlokal einen gewissen Rex Stetson kennen lernt, der ihr aus einer peinlichen Lage hilft. In Wirklichkeit macht sich jedoch ausgerechnet ihr Intimfeind Brad Allen, als Cowboy aus Texas getarnt, an die Schöne heran. Er findet seine streitbare Telefonpartnerin so begehrenswert, dass er sie einem reichen Freund (Tony Randall) ausspannen will. Seine perfide Taktik verfängt. Die New Yorkerin, der Salonlöwen des Grossstadt-Dschungels überdrüssig, findet Gefallen am späten Asphaltcowboy. Doch bis die beiden sich in Minne finden können, gibt es Verwirrungen am laufenden Band.... (Presse SF DRS)
Kritiken : Sie ist eine tüchtige Innenarchitektin, er ein erfolgreicher Schlagerkomponist. Sie wird nebenbei von einem veritablen Millionär umworben, er hat einen ganzen Schwarm williger Anbeterinnen. Anfangs verbindet die beiden nur ein gemeinsamer Telephonanschluß. Immer, wenn sie telephonieren will, flirtet er gerade per Fernsprecher mit einer seiner Verehrerinnen. Sie hält ihn für einen Sexualprotz, er findet sie ein wenig säuerlich. Als sie sich schließlich kennenlernen, gibt er sich für einen redlichen Texaner-Naturburschen aus. Natürlich kommt schließlich alles heraus, die Tränen fließen, aber da es sich in diesem munteren Stück Traumfabrik selbstverständlich um die große Liebe handelt, ist das alle erfreuende Happy- End nicht weit. Der Film ist ein herzhaftes Vergnügen, weil er witzig konstruiert ist und die Dialoge auch in der Synchronisation einen fröhlichen Charme haben. Intelligent sind die oft spöttischen und ironisierenden Gags eingebaut. Doris Day, die auch wieder zwei hübsche Liedchen singt, spielt ihr kluges, bezauberndes, verliebtes Mädchen mit viel Natürlichkeit, ihr Partner Rock Hudson weiß seine breitschultrige Männlichkeit sympathisch ins Treffen zu führen. Der skurrile Komiker Tony Randall als törichter Millionär und Thelma Ritter als stets verkaterte, trinkfrohe Aufwartefrau sorgen mit dafür, daß der Spaß hübsch trocken bleibt. Michael Gordon hat es bei diesem Ensemble nicht schwer, die angenehme, Auge und Ohr gleichermaßen erfreuende Belustigung flott und pausenlos unterhaltsam zu inszenieren." Ha in: Der Tagesspiegel (Berlin), 25.1.1960. "(…) Wieder einmal haben die Amerikaner bewiesen, daß sie aus einer dünnen, anspruchslosen Geschichte ein reizendes, spritziges, amüsantes Lustspiel zimmern können. Sie benötigen dazu, ganz im Gegensatz zu den Gepflogenheiten bei uns, weder Klamauk, noch Zweideutigkeiten und Entkleidungsszenen. Sie kommen aus mit einem geschliffenen Dialog, kleinen, originellen Einfällen, zügiger Regie und hatten diesmal freilich auch die unbezahlbare Doris Day zur Verfügung, deren frisches, natürliches Temperament so ansteckend wirkt, daß man sich der von ihr ausgestrahlten Spiellaune nicht entziehen kann. Neben ihr hat Rock Hudson nicht viel mehr zu tun, als gut auszusehen. Für eine männliche Variante des Komischen sorgt Tony Randall. Die moralische Haltung dieses Streifens ist leider nicht ganz einwandfrei. Der in dieser Hinsicht tadellosen Bildgestaltung und der sauberen Grundhaltung der weiblichen Hauptgestalt (Doris Day) stehen mehrere Anzüglichkeiten in den Gesprächen und die anfechtbaren Äußerungen gegenüber, die der Held über die Ehe von sich gibt, ja überhaupt eine recht unbekümmerte Art bei der Behandlung menschlicher Beziehungen. Schade! (…)" Anonym in: Evangelischer Film-Beobachter (München), Nr. 1, 1.1.1960. "Spritziger und witziger Film" (Gong Lexikon) "Der erste von drei gemeinsamen Filmen von Doris Day und Rock Hudson ist dank dem "Oscar"-gekrönten Drehbuch eine Komödie mit Esprit" (tele)
Anmerkungen: "Pillow Talk" gehört zu den Klassikern der Beziehungskomödien und war der Beginn einer erfolgreichen Partnerschaft zwischen den Hauptdarstellern. Für Doris Day, die am 3. April 2004 80 Jahre alt wird, begann mit diesem Film die erfolgreichste Periode ihres Lebens; zwischen 1959 und 1966 war sie in vier Jahren der Kassenstar Nr.1 in den USA. Was aussieht wie eine der Filmkaprizen, die im Amerika der 50er-Jahre dutzendweise produziert wurden, entpuppt sich als muntere Parodie auf die Wohlstandswelt aus Chrom und Lack. Keine sozial- oder gesellschaftskritische Parodie allerdings, aber eine augenzwinkernde Abrechnung mit dem oberflächlichen "American Way of Life". Die Geschichte, die im Zeitalter der Mobiltelefone schon kaum mehr denkbar wäre, wurde zwei damals gefeierten Hollywoodstars auf den Leib geschrieben: der Schauspielerin und Sängerin Doris Day und dem einstigen Inbegriff des Maskulinen und Frauentraum schlechthin, Rock Hudson. Sie spielt eine elegante, erfolgreiche berufstätige junge Dame und trägt während der 100 Filmminuten mindestens 15 verschiedene Garderoben. Er wirkte damals, nach dramatischen Rollen in "Giant" und "A Farewell to Arms" erstmals seit längerer Zeit wieder in einer Komödie mit." (SF DRS Presse)

A Place in the Sun

(Ein Platz an der Sonne), Regie:   George Stevens, USA - 1951
Regisseur: George Stevens - Drehbuch: Harry Brown - Michael Wilson - Nach einer Vorlage von: Theodore Dreiser Roman: An American Tragedy - Kamera: William C. Mellor - Musik: Franz Waxman - Darsteller: Keefe Brasselle - Raymond Burr - Montgomery Clift - Anne Revere - Elizabeth Taylor Angela Vickers - Shelley Winters -
Inhaltsangabe : George Eastman (Montgomery Clift), der junge Sohn eines mausarmen Wanderpredigers, will in der Bademode-Fabrik seines reichen Onkels seinen Traum vom sozialen Aufstieg verwirklichen. Dank seines Ehrgeizes schafft er es, auf der Karriereleiter des Unternehmens emporzusteigen. Er lässt sich mit der Fabrikarbeiterin Alice (Shelley Winters) ein, heimlich, da dies von der Geschäftsleitung nicht gerne gesehen wird. Die beiden planen eine gemeinsame Zukunft. Doch dann lernt George an einem Ball im Hause seines Onkels die bildhübsche Angela Vickers (Elizabeth Taylor) kennen. Die junge Frau aus gutem Haus ist von dem ernsthaften jungen Mann fasziniert, der im Gegensatz zu ihren Freunden echte Ziele im Leben zu haben scheint. Die beiden sehen sich immer häufiger und verlieben sich unsterblich ineinander. Gegenüber Alice verschweigt George seine Beziehung zu Angela. Doch Alice spürt natürlich, dass er ihr immer mehr aus dem Weg geht. Als sie merkt, dass sie ein Kind von ihm erwartet, will sie George zwingen, sie zu heiraten. Er aber träumt von einer strahlenden Zukunft an der Seite Angelas. Alice hat keinen Platz mehr in seinem Leben. In seiner Fantasie beginnt George, sich Wege und Mittel auszudenkenm, wie er Alice loswerden könnte. Als er mit ihr einen Ausflug auf einem einsamen See macht und sie dabei ertrinkt, wird er des Mordes angeklagt. Vor Gericht verwickelt er sich in Widersprüche und versucht vergeblich zu beweisen, dass Alices Tod eine Unfall war.... (Presse SF DRS)
Kritiken : "Eine optische Delikatesse, die mit französischer Eleganz, Originalität und Intensivität das Geschehen umkleidet, ihm Gestalt gibt – das ist Paramounts Verfilmung des amerikanischen Romans „Eine amerikanische Tragödie“ von Theodore Dreiser. EIN PLATZ AN DER SONNE formulierte der amerikanische Filmtitel: Das ist für George Eastman (Montgomery Clift) ein freigewähltes Leben in finanzieller Ungezwungenheit. Die verkrampft gelebte bittere Jugend (…) kommt ihm noch krasser zum Bewusstsein, als er eine Stellung in der Badeanzug-Fabrik seines reichen Onkels erhält. Alice, die Fabrikarbeiterin, die ein Kind von ihm erwartet, und ihn damit zeitlebens an Entbehrungen und Sorgen ketten würde; oder Angela, ein süsses Ding voller Anmut und – Reichtum, die ihn im eigenen Wagen zu den Parties fährt. Den Ausweg aus dieser Entscheidung sieht er nur in einem Mord, und dann nimmt ein Unglücksfall bei der Bootsfahrt auf einsamer See seine Tat vorweg. Ein Mord in Gedanken? Eine Schuld? Die Richter verurteilen ihn … Dieses ernsthaft analysierende Buch fand einen kongruent-analysierenden Verfilmer: Das klar betonte soziale Moment, die Liebesromanze zwischen der jungen Angela und dem ehrgeizigen George, das Schuld- und Sühneproblem geraten George Stevens zu einer fast traumsicher angelegten Filmhandlung. Die innere Spannung ist da, und der Kameramann gibt ihr äusserlich mit den sublimsten Mitteln Form. So wird einem jene Bootsfahrt auf dem grossen, schweigenden See und dann in der dunklen Nacht unvergesslich bleiben. Auch die Schauspieler sind die Gestalten des Buches. Shelley Winters, hier eine fast ungefüge Fabrikarbeiterin, die doch jetzt den Sex- Appeal in Reinkultur verkörpert; Elizabeth Taylor ist von bezaubernder Anmut und grosser Natürlichkeit. (…)" Anonym in: Der Kurier (Berlin), 26.7.1952.

(…) Ein psychologisch und filmisch bezwingender Film, der zu den besten gehört, die uns Amerika jemals zeigte. Ein Film, der sich wie selten zuvor vom Hollywood-Klischee befreit hat und im Streben nach dem Verismo italienischer Schule seine grössten Wirkungen erzielt. Sauber und ohne peinliches Pathos, unaufdringlich und ohne willkürliche Spannungseffekte versteht es George Stevens, den sich mit unerbittlicher Logik er- füllenden Schicksalsweg jenes Sternesuchers menschlich verständlich nachzuzeichnen. Regie und Kameraleistung übertreffen einander; in der plastischen Dämmerlichtigkeit französischer und italienischer Spitzenfilme leuchtet die Kamera Gesichter und Charaktere aus, schwelgt als letztem Überrest bekannter Konventionen in Millionärspalästen und haftet mit merkwürdig starrem Bildwinkel in dem Armenmilieu, als schäme sie sich noch der Schau in den Alltag. Neben geschickten Blenden und Musik von sinfonischer Kraft sind auch die drei Hauptdarsteller des Films ein Gewinn: Montgomery Clift, ein unheldischer Held, und als seine Gegenspielerinnen der armen und der reichen Welt Shelley Winters und Elizabeth Taylor. In der Liste der amerikanischen Importe wie in den Theaterspielplänen gebührt dem Film „ein Platz an der Sonne“. Manuel in: Filmblätter (Berlin),Nr. 31, 1.8.1952.

"Hintersinnig und in edlen Bildern inszeniert" (tele 17/2018)
Anmerkungen: "George Stevens Melodram "Ein Platz an der Sonne" ist ein Remake von Josef Sternbergs "An American Tragedy" aus dem Jahr 1931. Beide Filme basieren auf einem Bestseller von Theodore Dreiser, der darin einen realen Mordfall aus dem Jahre 1906 verarbeitet hatte. Elizabeth Taylor war gerade zwanzig Jahre alt, als sie die glamouröse Angela Winters spielen durfte und Zuschauer und Kritiker mit ihrem Charme bezauberte. Sie wurde auch privat eine enge Freundin ihres Leinwandpartners Montgomery Clift, der für seine Leistung in der Rolle als grüblerischer und ambitiöser George Eastman für den Oscar nominiert wurde. Insgesamt erhielt der Film 1952 neun Oscar-Nominationen und gewann deren sechs, darunter den Oscar für die beste Regie, das beste Drehbuch und die beste Kamera." (Presse SF DRS)

Pote tin Kyriaki

(Sonntags nie), Regie:   Jules Dassin, Griechenland - 1960
Regisseur: Jules Dassin - Drehbuch: Jules Dassin - Kamera: Jacques Natteau - Musik: Manos Hadjidakis - Darsteller: Jules Dassin Homer - Despo Diamantidou Despo - Mitsos Liguisos Kapitän - Melina Mercouri Ilya - Georges Papas - Titos Vandis Jorgo -
Inhaltsangabe : Wenn Ilya (Melina Mercouri) durch das Hafengelände von Athen schlendert, spielen die Männer verrückt. Sie ist eine Dirne, aufregend hübsch und überaus wählerisch. Ihre Gunst kann nur erwerben, wer ihr auch gefällt. Ilyas Dauerfreund Tonio (Georges Foundas) hat sich damit abgefunden, hofft aber immer noch, sie einmal zu heiraten. Etwas anders sieht das der Amerikaner Homer (Jules Dassin), ein Amateurphilosoph. Die Suche nach dem Schönen und Wahren hat ihn nach Griechenland gebracht. Allein schon der Name Ilya sagt ihm, dass die bewunderte Frau all das Edle verkörpert, was er mit dem Land der grossen Klassiker verknüpft. Dann hört er gar, dass die aparte Liebesdienerin nur werktags arbeitet, weil sie am Sonntag im Amphitheater die Inszenierung grosser griechischer Dramen besucht. Es ist der Spekulant und Bordellbesitzer Noface (Alexis Salomos), der Homer das Geld vorstreckt, um Ilya zu bezahlen - mit sehr eigensüchtigen Zielen, wie sich bald zeigen wird. Der unerschütterliche Idealist Homer startet sofort eine umfassende Kultivierungsaktion der Schönen. Der Erfolg jedoch ist nicht von Dauer. Ilya erweist sich als Naturkind mit viel Bodenhaftung.... (SF DRS Presse)
Kritiken : "Illya, der Schwarm der Matrosen im Hafen von Piräus, handelt für ihre Schönheit zunächst stets Naturalien ein, erst dann kommt die „zahlende Kundschaft“ an die Reihe, die kein Verständnis dafür aufbringt, daß eine Dirne für antike Tragödien schwärmt und sonntags nie mit sich reden läßt. Ihre mißverstandenen Tragödien, ihre selbstgebastelte, baufällig glitzernde Welt will ein amerikanischer Amateurphilosoph namens Homer ins ihm richtig scheinende Gleichgewicht rücken. Er glaubt, in ihr das Symbol des Unterganges griechischer Kultur und Sittenstrenge entdeckt zu haben, und versucht, seine Urlaubsumwelt mit tiefenpsychologischen Amerikanismen, gewachsen auf halbwegs verstandenem europäischen Urgrund, glücklich zu machen. Betrübt stellt er fest, daß weder mit Aristoteles noch mit Shakespeare, weder mit Cellosonaten noch mit den Grundbegriffen der Algebra etwas zu machen ist. Nur einmal imponiert er Illya nach zweiwöchigem Pygmalion-Dasein wirklich: als er abreisend bekennt, wie gern er sie besessen hätte. Autor-Regisseur Jules Dassin, Freund der Griechen und filmisch unentschlossener Wanderer zwischen zwei Welten (RIFIFI [DU RIFIFI CHEZ LES HOMMES, Frankreich 1954]; DER MANN, DER STERBEN MUSS [CELUI QUI DOIT MOURIR/ COLUI CHE DEVE MORIRE, Frankreich/Italien 1956/57]), sagt zweierlei unter der ausgelassenen, brillant bespielten Oberfläche: Man solle diese netten, freigiebigen Hafenmädchen so glücklich lassen, wie sie sind: ein Tor, wer sich vorstelle, sie könnten nicht glücklicher sein als er. Und: Wir Amerikaner – Dassin ist in Connecticut geboren – sollten endlich unsere Weltbeglückungsseligkeit an den Hut stecken; die Welt ist auch ohne uns glücklich. Da sitzt mancher gutgezielte Hieb nicht nur unter dem rechten Auge Homers, sondern auf der ganzen Sternenbanner-Nation. Da gehen aber ebenso manche Gags ins Leere; denn ganz ohne Psychologie geht’s nun auch wieder nicht. Die Festspiel-Lorbeeren, die dem Film zuteil wurden, sind bei der wandlungsfähigen Melina Mercouri gut aufgehoben, ansonsten fanden wir sie nicht bestätigt. (…) Ev. in: Film-Dienst (Köln), Nr. 42, 12.10.1960. "Die Handlung schreit nicht nach Analyse. Was da spärlich an Tiefsinn hineingestopft ist, bleibt die pure Ironie. Dassin schwebte wohl eine kleine Liebeserklärung an die ungestümen Hafen- Griechen vor. Er gab seinem Film soviel Schwung, Pfeffer, Temperament und quicke Frechheit, daß dieser Spaß neunzig Minuten lang von der Leinwand herunterquirlt als etwas ungemein Ehrliches – als purer Spaß nämlich. Melina Mercouri (Illya) faucht, gurrt und tollt durch diesen Film mit einer selten erlebten, bravourösen Vehemenz (nicht einmal ihrer wie Sabotage wirkenden deutschen Synchronstimme [Gisela Trowe] gelingt es, diese sexy-Windstärke zu vertreiben!). Jules Dassin als seelenwühlender Amerikaner ist in dem Film des Autors und Regisseurs Jules Dassin ganz und gar fehlbesetzt; dafür immerhin hält er sich tapfer. Längst berühmt geworden: Die schicke Musik von Manos Hadjidakis. Sie gibt diesem Film den rechten Pfiff." Klaus Hebecker in: Film-Telegramm (Hamburg), Nr. 38, 20.9.1960. "Als eine Komödie von überschäumender mittelmeerischer Volkstümlichkeit läßt sich der Film von Jules Dassin genießen. Die Lebenslust, die er versprüht, gebärdet sich recht sinnenhaft. Die Dialoge funkeln von Grazie, von Gescheitheit. In ihrem raffinierten Bezug auf die ganz simplen Charaktere, auf die kleinen Glanzlichter des Herzens, werden sie zum Inbegriff geistvoll-paradiesischer Unschuld. (…) Den größten Reiz verdankt der Film jedoch der hinreißend weiblichen Melina Mercouri, deren tierhafte Grazie von einem menschlichen Charme, von einer heiteren Intelligenz überstrahlt wird, wie man sie selten auf der Leinwand erlebt hat." Anonym in: Hannoversche Allgemeine, 7.10.1960. "Herzerfrischend frech und deftig" (Gong Lexikon)
Anmerkungen: " Die Rolle der lebenslustigen Hafendirne schrieb Regisseur Jules Dassin der griechischen Schauspielerin Melina Mercouri auf den Leib. Mit Erfolg: In Cannes errang die Athenerin, die damals schon in Paris lebte, mit ihrer Ilya die Goldenen Palme als beste Darstellerin. Am New Yorker Broadway verkörperte sie 1967 die Ilya auch in einer Musical-Fassung. Als engagierte Gegnerin des Obristenregimes wurde sie nach dessen Sturz in den frühen 80er-Jahren Kulturministerin in Griechenland. Melina Mercouri, die am 6. März 1994 an Lungenkrebs starb, war übrigens von 1966 bis zu ihrem Tod mit ihrem Regisseur und Filmpartner Jules Dassin verheiratet." (DRS Presse)

Roman holiday

(Ein Herz und eine Krone), Regie:   William Wyler, USA - 1953
Regisseur: William Wyler - Drehbuch: John Dighton - Ian McLellan Hunter - Kamera: Henri Alekan - Franz Planer (AKA Franz F. Planer) - Musik: Georges Auric - Darsteller: Eddie Albert Irving Radovitch - Audrey Hepburn Princess Ann - Hans Hinrich - Gregory Peck Joe Bradley - Hartley Power Mr. Hennessy - Harcourt Williams Ambassador - Margaret Rawlings Countess Vereberg - Tullio Carminati General Provno - Paolo Carlini Mario Delani - Claudio Ermelli Giovanni -
Inhaltsangabe : Prinzessin Anne (Audrey Hepburn), charmante Repräsentantin eines alten Herrscherhauses, befindet sich auf einer Europa-Reise. Vor Gräfin Vereberg macht Anne keinen Hehl daraus, dass ihr das offizielle Programm allmählich auf die Nerven geht. Die Gräfin ruft schleunigst den Arzt, der redet Hoheit gut zu und gibt ihr etwas zur Beruhigung. Kaum haben die beiden sich zurückgezogen, schleicht sich Anne aus der römischen Botschaft ihres Landes, ohne zu ahnen, dass sie ein Schlafmittel genommen hat. Bald darauf findet der amerikanische Journalist Joe Bradley die schlaftrunkene Prinzessin zwischen antiken Denkmälern. Ohne zu wissen, wen er da aufgelesen hat, gibt er ihr ein Nachtquartier; erst am nächsten Morgen dämmert ihm, wer da in seinem Zimmer geschlafen hat. 5 000 Dollar könnte ihm ein Interview mit der Prinzessin einbringen. Inzwischen ist ihr Verschwinden in der Botschaft natürlich längst entdeckt worden, wird aber geheim gehalten. Joe Bradley ist entschlossen, seine einmalige Chance zu nutzen. Anne genießt einen aufregend schönen Tag, an dem sie alles tun kann, was normale Menschen tun: zum Friseur gehen, Eis essen, tanzen und flirten. Sie ahnt nicht, dass Joes netter Freund in Wirklichkeit ein Fotograf ist, der alle ihre Unternehmungen mit versteckter Kamera festhält für den Reportageknüller "Ein Tag im Leben einer Prinzessin".... (BR Presse)
Kritiken : Ist das ein süßer Film! Ein freundlicher, lustiger, rührender Film – voller Liebe und Sorgfalt, angefüllt mit reizenden Einfällen –, ein Film, der vom ersten bis zum letzten Meter mit stillem, klugem Lächeln gemacht sein muß. Das ist die Eintagsgeschichte einer kleinen Prinzessin in Rom. Sie ist auf Reisen. Auf Staatsreisen. Absolviert ihr Programm, hat Empfänge und noch einen Empfang, begrüßt tausend hohe Leute – und darf nicht einmal Mädchen sein. Aber auch eine Prinzessin hat geheime Wünsche, Sehnsüchte und ein kleines, klopfendes Herz. Gewiß war nicht „eingeplant“, daß sie es an einen amerikanischen Journalisten verliert. Aber sie verliert es, nimmt einfach Reißaus und ist für einen Tag ein kleines, verliebtes Mädchen in Rom. Wie aber ist das gemacht! William Wyler konnte nach einem vorzüglichen Drehbuch arbeiten – und dieser erfahrene Altmeister tupfte einen Film mit Herz, Gemüt und Fröhlichkeit, über dem die Sonne scheint, in dem die großen und kleinen Pointen sitzen, in dem jeder Charakter stimmt – obwohl doch alles nur ein Märchen ist. Und doch: was wäre dieser Film ohne Audrey Hepburn! Sicher ist die junge Hepburn die größte Filmentdeckung der letzten Jahre. Vortrefflich, mit welch lieblicher Sicherheit Audrey Hepburn zu Throne sitzt, Eis lutscht, Konferenzen gibt, Motorroller fährt und einem Polizisten eine Mandoline auf den Kopf haut. Sie ist klein, ganz zart, hat ein winziges Gesicht, das nur von den Augen beherrscht ist – und wenn sie lächelt …. na, gehen Sie hin und versuchen Sie, diesem Zauber zu widerstehen. Schnell noch ihren Partner: Gregory Peck. Dieser freundliche, lange Herr, der immer ein Zwinkern in den Augen hat – er hat den ersten Platz im Herzen der kleinen Prinzessin." Kr. in: Der Abend (Berlin), 13.1.1954. "(…) Ein neues Gesicht beherrscht diesen Film: Audrey Hepburn. Sie leiht der Prinzessin Gestalt und Leben, spielt sie mit königlicher Haltung, mädchenhaft-verschmitzter Schelmerei, mit fraulicher Wärme und dem ganzen Charme ihrer eigenen quicklebendigen Persönlichkeit. Welch ein Glück für sie, daß sie in ihrer ersten großen Filmaufgabe einen Regisseur vom Formate William Wylers fand. Er kostet mit Liebe und Genuß jede Episode der im Grunde handlungsarmen Story aus, zeichnet jede Randfigur zum ganzen Charakter durch, macht Klamaukszenen mit Herz, fast unmerklich in das Geschehen eingefügt, läßt immer zur rechten Zeit einen brillanten Gag aufblitzen – kurz, er weiß genau, wann aus Rührungstränen des Publikums Lachtränen werden müssen, wann er dämpfen, wann er forcieren muß. Gregory Peck ist der Pressemann, immer „fit“, bis ihn die Liebe packt, und auch dann von jungenhafter Frische. Als Partner ihrer königlichen, ach so verliebten Hoheit, geradezu ideal gewählt. Die Kamera hatte in den römischen Straßen ungezählte Motive und bringt sie, vom pfiffigen Gesicht des Wohnungsvermieters bis zur majestätischen Ruhe des Colosseums, geschickt ins Bild. (…) Der außergewöhnlich gut und sauber gemachte Film trägt zweifellos alle Merkmale eines Kassenschlagers in sich: ein wenig Sentiment, eine Menge Spaß, ein reines Vergnügen." Hans-G. Berthold in: Filmblätter (Berlin), Nr. 1, 8.1.1954. "Charmante Unterhaltung" (film-dienst)
Anmerkungen: «Mit seiner heiter-melancholischen Romanze schuf Regisseur William Wyler (1902 - 1981) einen der größten Filmerfolge der frühen 50er-Jahre. Audrey Hepburn ist und bleibt eines der zauberhaftesten Leinwandgesichter der Filmgeschichte. Als Prinzessin Anne spielte sie hier ihre erste Hauptrolle und gewann auf Anhieb einen Oscar. Zwei weitere Oscars gingen an den Film: für die beste Story und die besten Kostüme. "Prinzessin Anne" erhielt u. a. auch den New Yorker Filmkritikerpreis und führte im Jahr darauf sofort die Liste der "Stars von morgen" an. Schauplatz der melancholischen Romanze ist Rom, und Wyler drehte, ganz gegen die üblichen Gepflogenheiten, "on location": Der Film gehört zu den ersten Hollywoodproduktionen, deren Schauplatz in Europa liegt und deshalb auch dort gedreht wurde.» (BR Presse)

The Snows of Kilimanjaro

(Schnee am Kilimandscharo), Regie:   Henry King, USA - 1952
Produktion: 20th Century-Fox Film Corporation - Produzent: Darryl F. Zanuck - Regisseur: Henry King - Drehbuch: Casey Robinson - Story : Ernest Hemingway - Kamera: Leon Shamroy - Musik: Bernard Herrmann - Schnitt: Barbara McLean - Architekt: Lyle R. Wheeler - John De Cuir - Set Decoration: Thomas Little - Darsteller: Victor Wood Charles - Leonard Carey Dr. Simmons - Helene Stanley Connie (Harrys erste Freundin) - Ava Norring Beatrice (Modell) - Ava Gardner Cynthia Green - Gregory Peck Harry Street - Paul Thompson Medizinmann - Torin Thatcher Johnson - Emmett Smith Molo - Nicole Regnault - Hildegard Knef Gräfin Liz (AKA Hildegarde Neff) - Susan Hayward Helen - Marcel Dalio Emil - Leo G. Carroll Onkel Bill - Charles Bates Harry, 17 Jahre - Richard Allan Spanischer Tänzer -
Kritiken : "Aus einer meisterlichen Novelle von Ernest Hemingway hat ein erfahrener Drehbuchautor wie Casey Robinson ein Filmmanuskript gestaltet, das trotz seiner episodischen Ausweitung die Gedankenwelt des Originals erkennen lässt. Allerdings mit Ausnahme des Happy-End, das eine von geschäftlichen Erwägungen diktierte Konzession an das Publikum ist. Der Film erzählt mit unverkennbar autobiographischen Reminiszenzen das ruhelose und unerfüllte Leben eines Schriftstellers und Jägers, der nach einem Jagdunfall in einem Zelt am Fusse des immer schneegekrönten Kilimandscharo im Wundfieber mit dem Tode ringt. Er sieht die entscheidenden Stationen seines vergeudeten Lebens an sich vorüberziehen und begegnet dabei auch noch einmal jenen Frauen, die sein Schicksal bestimmten: Cynthia, dem grazilen Pariser Maler- Modell, und Liz, der herzkalten Aktrice in einer Riviera-Romanze. Die opfervolle Hingabe von Helen, der dritten Freundin, die durch einen mutigen chirurgischen Eingriff das Leben des Geliebten rettet, lässt ihn erkennen, dass man sich nicht an quälende Erinnerungen klammern darf, sondern am Ausgangspunkt neu beginnen muss. Henry King hat als Regisseur die reich angebotenen Möglichkeiten der Milieuschilderungen aus der Pariser Boheme, aus der mondänen Welt an der Côte d’Azur, aus Spaniens Bürgerkrieg und brodelnden Stierkampf-Arenen, aus Afrika mit erregenden Flusspferd- und Nashornjagden ausgenutzt und doch auch die innere Struktur des Hemingway-Stoffes im Projektionslicht sichtbar gemacht. Wesentliche Unterstützung hat er durch die ausgesuchten darstellerischen Kräfte gefunden. So durch Gregory Peck, der als der komplizierte Held in dem nuancierten Wechsel zwischen gelockerter Haltung und zupackender Treffsicherheit seine schauspielerische Kraft beweist. In den differenzierten Frauenrollen erscheinen Ava Gardner, die eine vom Reiz ihrer Erscheinung angereicherte Ausdruckskunst verströmt, und Susan Hayward, die mit fraulicher Reife der letzten Geliebten echte Züge gibt. Hildegard Knef bleibt in der episodischen und konstruierten Vamp-Rolle im Schatten der amerikanischen Kolleginnen und wirkt irgendwie fremd. Die grossartigen Bilder aus der Kamera von Leon Shamroy sind in virtuoser Art von einer farbigen Lasur überzogen. Die motivisch verzierte Begleitmusik von Bernard Herrmann verstärkt den Filmeindruck. Ein hintergründiger Film, dem im Stofflichen, Darstellerischen und Technischen bestes Format nachgerühmt werden kann und dessen geschäftliche Chancen allgemein sehr günstig liegen." whz. in: Filmwoche (Baden-Baden), Nr. 11, 21.3.1953.

"(...) Im afrikanischen Busch versucht ein todkranker Globetrotter seinem ruhelosen Leben eine Sinndeutung zu geben. Zügiger Episidenfilm, bis auf die Hildegard-Knef-Szene bemerkenswert dicht und anregend. Symbolisierte positive Aussage." (FD 2430 / 6000 Filme)

"Brillant fotografiert" (Frankfurter Rundschau)

"Wirkt heute doch etwas angestaubt und antiquiert, auf Strecken auch eher langatmig." (lhg 2006)

«Zügig inszeniert - ein Kassenknüller von 1952... (tele 15/2011)

Sommaren med Monika

(Die Zeit mit Monika, Ein Sommer mit Monika, Rausch der Liebe), Regie:   Ingmar Bergman, Schweden - 1953
Produktion: Svensk Filmindustri AB - Regisseur: Ingmar Bergman - Drehbuch: Ingmar Bergman - P.A. Fogelström - Nach einer Vorlage von: P.A. Fogelström - Kamera: Gunnar Fischer - Musik: Erik Nordgren - Schnitt: Tage Holmberg - Gösta Lewin - Architekt: Nils Svenwall - P.A. Lundgren - Darsteller: Gösta Prüzelius The Salesman - Torsten Lilliecrona - Åke Fridell Monikas Vater - Ivar Wahlgren - Catrin Westerlund - Georg Skarstedt Harry's father - John Harryson Lelle - Åke Grönberg - Sigge Fürst Employee in glass shop - Harry Ahlin - Arthur Fischer - Gustaf Färingborg - Bengt Eklund - Lars Ekborg Harry - Dagmar Ebbesen Harrys Tante - Naemi Briese Monikas Mutter - Renée Björling - Harriet Andersson Monika -
Kritiken : "Wer um die Besonderheit des von herber Realistik erfüllten schwedischen Liebesfilms und um das Wesen eines Films von Ingmar Bergman weiss, ist Nachdenklichkeiten über filmische Erotiken und dazu gehörigen Spekulationen enthoben. Also ein „Sünderinnen“-Film? Ja, aber einer, der sich nicht so leicht in ein Schema pressen lässt. Nach dem ausgefeilten Drehbuch von Per Anders Fogelström schildert der eigenwillige schwedische Regisseur die Stationen einer aufwühlenden und zerstörenden Grossstadtliebe zwischen der gerade flügge gewordenen Monika und dem guten, grossen Jungen Harry. Die Zwei entfliehen der sie bedrückenden Umwelt mit einem Motorboot in die zauberhafte Einsamkeit der Schären-Inseln bei Stockholm. Einen Sommer in Sonne und Wind, allein mit ihrer hemmungslosen Leidenschaft. Nach der zwingenden Rückkehr in die grosse Stadt – Monika erwartet ein Kind – beginnen Zerwürfnis und Zerfall des ersehnten Familienglücks. Monikas schamloser Betrug an ihrem Liebesgefährten bringt die endgültige Trennung. Ihm bleibt das Kind und die Erinnerung, sie aber in ihrer Triebhaftigkeit wird wahrscheinlich eine aus dem Heer derer werden, die von der „Liebe“ leben. Ingmar Bergmans zupackende Inszenierung liess die Kamera Gunnar Fischers stimmungsdichte Bilder schaffen und brachte mit gewagten, szenischen Abwechslungen zu den Liebesübungen einer jungen Mannstollen eine beklemmende Wirklichkeitsnähe zustande, die auch von den Darstellern, vor allem von Harriet Andersson als die ins Haltlose sinkende Monika, und von Lars Ekborg als sauberer und deshalb auch so enttäuschter Kamerad Harry ausgeht. (…)" Walter Hanns Zeller in: Filmwoche (Baden-Baden), Nr. 39, 3.10.1953.

"(…) Mit seinem neuen Film DIE ZEIT MIT MONIKA, den er nach dem gleichnamigen Roman von P. A. Fogelström drehte und der schon, bevor ihn Constantin-Film jetzt nach Deutschland brachte, internationales Aufsehen erregte, präsentiert uns Ingmar Bergman wieder eine junge Schauspielerin, deren Name noch vor einem Jahr selbst in ihrem Heimatlande kaum bekannt war: Harriet Andersson. (…) [Sie] gibt (…) eine so einzigartige, überzeugende und verblüffende Charakterstudie eines jungen Arbeitermädchens, dass man die faszinierende Wirkung, die ihr Spiel auf die Kritiker Schwedens ausübte, wohl verstehen kann. Harriet Andersson als Monika ist zugleich liebreizend und ordinär, bezaubernd und hässlich, zärtlich und gemein, – sie durchspielt eine so weitreichende Skala von Gefühlen, Stimmungen und dramatischen Aktionen, dass sie in jedem Bild, in jeder Szene eine neue, andere zu sein scheint. Und doch ist sie immer die eine Monika, aber die ist sie ganz. Wenn es nach ihren ersten Erfolgen für Harriet Andersson noch einer neuen Prüfung ihrer Begabung bedurfte, – es konnte keine schwerere geben, aber sie hat sie bestanden. Ohne Zweifel wird man ihr als einem der stärksten jungen Filmtalente Europas noch oft begegnen." Anonym in: Herzdame (Düsseldorf), 3.10.1953.

Die Sünderin

Regie:   Willi Forst, Deutschland - 1951
Produktion: Deutsche Styria-Film GmbH, München - Junge Film-Union Rolf Meyer, Hamburg-Bendestorf - Regisseur: Willi Forst - Drehbuch: Georg Marischka - Gerhard Menzel - Willi Forst - Kamera: Václav Vích - Musik: Theo Mackeben - Darsteller: Wera Frydtberg - Benno Gellenbeck - Gustav Fröhlich Alexander - Hildegard Knef - Aenne Bruck Mutter - Jochen Meyn Stiefbruder - Jochen-Wolfgang Meyn - Robert Meyn Stiefvater - Irene Mirbach - Theo Tecklenburg - Horst von Otto - Carl Voscherau - Andreas Wolf Arzt -
Kritiken : "Das Thema des Filmes ist aus zwei Einzelstoffen zusammengesetzt, nämlich aus der Lebensgeschichte des Mädchens Marina, das zur Kokotte wird und dennoch ihre große Liebe erlebt, und aus dem Drama des wissend blind werdenden Malers Alexander. Es ist klar, daß die Zusammenballung zweier so hintergründiger und tragischer Themen zu einer neuen stofflichen Intensität führen muß, die allein schon den Rahmen des Üblichen sprengt. Dazu kommt die ebenso ungewöhnliche, mitreißende und erregende Form. Die nahtlos dahinfließende Erzählstimme wird von dramatischer Bewegtheit des Bildes untermalt. Und dieses wiederum erhält seine besonders profilierte Form durch die vielen Rückblenden, die zwar die Gefahr der Unübersichtlichkeit in sich bergen, aber das schicksalhafte Geschehen stark symbolisieren. Forst erweist sich hier trotz des Neulandes, das er mit diesem seinem ersten Film nach dem Krieg betritt, wieder als Regisseur von hohen Graden. Unter seiner Hand blühen so starke Begabungen wie Hildegard Knef zu neuer Reife auf. Als Mädchen Marina bietet sie die überragende schauspielerische Leistung dieses Filmes. Gustav Fröhlich, hier als Charakterdarsteller, hat zweifellos seine großen Augenblicke. (…) Nach der Frankfurter Premiere sind sich alle Theaterbesitzer darüber einig, daß der Film ein überragender Kassenschlager sein wird. Allein der Titel zieht die Besuchermenge an, dazu kommen noch die bekannten Namen Forst, Knef und Fröhlich. (…)" F. in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 3, 20.1.1951. "(…) VI. So spekulativ und sentimental sein Gehalt bleibt, so rühmenswert ist seine Form. Wie dieser Bildrhythmus pulsiert und lebt, wie Bild und Ton sich kontrapunktisch enteilen, finden und zusammenspielen, wie stumme Requisiten, stumme Szenen mehr als die Dialoge sagen, wie hier geschnitten, überblendet und montiert wird, wie diese Kamera zu zaubern weiß, symbolhaft ohne billigen Aha-Stil, wie sich die Handlung raffiniert aus vielen Rückblenden zu kunstvoller Einheit fügt – das ist (trotz mancherlei Entgleisungen) im ganzen eine Leistung, mit der Willi Forst einen Gipfelpunkt seines Könnens erklimmt. Dies und die ungewöhnlich ausdrucksstarke Intensität Hildegard Knefs, Gustav Fröhlichs gute Gediegenheit, die Prägnanz der Nebenrollen: alles zusammen ist – formal – ein Musterbeispiel künstlerischen Films. VII. Die Form ist viel. Besonders hier und heute. Aber die Form ist nicht alles. Sie ist, mitunter, gefährlich: Wenn reine Artistik Arabesken ins Nichts malt. Wenn Nihilismus sich als Dokument maskiert. Wenn etwas wie geheime Untergangssüchtigkeit in solche Filme einzuströmen scheint. Dann setzen sie dem Verfall, den sie schildern, nichts mehr, nicht einmal Verzweiflung entgegen – fast wirken sie (wenn auch gewiß wider Willen) im Einverständnis mit dem leichten Glanz von schöner Fäulnis, den sie spiegeln. Wenn Film der Seismograph der Zeit ist und wenn wir diesen Film ernst nehmen, dann weht uns eine maßstabslose trübe Müdigkeit an, die immer zu den Vorzeichen der Verhängnisse gehörte. VIII. Wenn wir ihn ernst nähmen … Jedoch: man hat diesen Film bislang wohl viel zu ernst genommen. Die Selbstkontrolle scheint es getan zu haben, Willi Forst tat es, als er so erbittert um diesmal belanglose Schnitte stritt, die Öffentlichkeit tut’s, indem sie allzu laut verdammt und rühmt (…) – und eben, so scheint mir, in Absatz VII, tat ich es auch. Er reizt dazu. Es schadet nichts, ein wenig den Konsequenzen nachzusinnen, die solche sonderbar gemischten Filme nahelegen (gemischt aus Kunst und Bluff, aus Zeitproblemen und Kinokonstruktion). Doch letztlich ist der ganze schöne, böse Kokottenfilm doch wohl nur doppelte Koketterie: mit der Kunst (des Films), die ihm denn auch zurücklächelt, und mit der großen Problematik (der Zeit), die sich ihm rasch entzieht." (…) Gunter Groll in: Süddeutsche Zeitung (München), 15.2.1951. "(…) Hildegard Knef hat unter der Meisterhand des Regisseurs an Ausdruckskraft ungemein gewonnen. Sie ist vielleicht um eine Idee zu jung, zu herb und zu gerade für die Sünden des Vorlebens, aber ihr Gesicht fasziniert in einem großen Spiel der kleinen Nuancen und der vielsagenden Stummheit. (…) Es ist manches hart am Thema dieses Films, gerade so hart wie die Zeit, und es steht manches auf des Messers Schneide in dem gelegentlich mehr als eindeutigen Lebensweg dieser „Sünderin“. Vom Was möchte so mancherlei unverdaulich im Magen liegen bleiben, wenn das Wie nicht so unheimlich virtuos wäre. Die wahrhaft meisterliche, überlegene Form spült ungestüm über alle Klippen des Inhalts hinweg. Und so hat schon alles seine Richtigkeit: Das Verbot auf den ersten Blick wie die Freigabe auf den zweiten. Und sollte es immer noch schwer fallen, vor einem eigenwilligen Werk wahrer Kunst ein sittliches Auge einmal zuzudrücken, dann verbiete man als Ausgleich dafür drei der platten „Sittenfilme“ – dann stimmt’s wieder." (…) Peter Bevelius in: Filmwoche (Baden-Baden), Nr. 4, 27.1.1951.

Tea and Sympathy

(Anders als die anderen), Regie:   Vincente Minnelli, USA - 1956
Produktion: Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) - Produzent: Pandro S. Berman - Regisseur: Vincente Minnelli - Drehbuch: Robert Anderson - Nach einer Vorlage von: Robert Anderson play - Kamera: John Alton - Musik: Adolph Deutsch - Maskenbildner: William Tuttle - Darsteller: Jacqueline De Wit Lilly Sears - Leif Erickson Bill - Jimmy Hayes Henry - Dean Jones Ollie - Deborah Kerr Laura - John Kerr Tom - Kip King Ted - Tom Laughlin Ralph - Norma Crane Ellie Martin - Don Burnett Vic - Steven Terrell Phil - Richard Tyler Roger - Ralph Votrian Steve - Edward Andrews Herb Lee -
Kritiken : "Ein klug und subtil verfilmtes Theaterstück, das sich kühl und kritisch mit gewissen amerikanischen Lebensnormen auseinandersetzt: Der Überbewertung des Sportes etwa, der groben Sexprotzerei, vor allem aber mit der nahezu krankhaften Angst, nicht „normal“ zu sein. Wobei das „Nichtnormal- sein“ bereits dort anfängt, wo die Konvention des kameradschaftlich schulterklopfenden Sportlergeistes durchbrochen wird, wo einer so entartet ist, nicht Baseball spielen zu mögen, „unmännliche“ Gedichte zu lesen und nächtliche Abenteuer zu scheuen. In einer solchen robusten Jungmännergemeinschaft wird ein junger Einzelgänger schliesslich unnatürlicher Neigungen verdächtigt, nur weil er ein etwas „weicher“ Typ ist, und die einzige, die ihm in dieser Krise der Vereinsamung und gewaltsam gezüchteter Minderwertigkeitsgefühle die Stange hält, ist eine Lehrersgattin, die, ihrerseits an einen robusten USA-Normal-Idealmann verheiratet, in dem melancholischen Jungen bald mehr sieht als nur einen anlehnungsbedürftigen Studenten. Da sich der Konflikt immer stärker auf die Dialoge konzentriert, schwächt sich die anfänglich präzise und atmosphärestarke Charakter- und Milieustudie etwas ab. Aber die Regie hält einen behutsamen Kammerspielton durch, der von Deborah Kerr und John Kerr in den Hauptrollen (neben vorzüglichen Chargen) glänzend getroffen wird und dieser noblen Seelenromanze besonderes Niveau gibt. (…)" Ponkie in: Filmblätter (Berlin), Nr. 5, 31.1.1958.

"So „heiss“ wie die diversen anderen amerikanischen Filme über Jugendprobleme wird dieser Streifen dem unbefangenen europäischen Betrachter gar nicht erscheinen. Es geht hier vergleichsweise stiller zu. Und dennoch ist dies wohl einer der mutigsten Filme, die Amerika in letzter Zeit hervorgebracht hat. Seine Kritik zielt nicht auf Auswüchse, sondern ins Zentrum der amerikanischen Wirklichkeit. Anders zu sein als die anderen, als die Norm, gilt dort ja geradezu als unanständig, als unmoralisch. In einem College verschliesst sich ein Achtzehnjähriger gegen die robust kraftmeierische Lebensform der Gemeinschaft. Er findet keinen Geschmack an den rauhen Vergnügungen seiner Kameraden. Er liebt gute Musik und einsame Spaziergänge. Er trägt keinen Bürstenhaarschnitt. Und was dergleichen Anstössigkeiten mehr sind. (…) Der einzige Mitschüler, der sich noch etwas seiner annimmt, rät ihm schliesslich, den allgemein üblichen „Männlichkeitsbeweis“ in den Armen eines käuflichen Schankmädchens zu erbringen. Durch die gehäufte Verachtung an sich selbst irre geworden, geht der „Einzelgänger“ zunächst auf den Vorschlag ein, wird dann aber vom Ekel überwältigt und will sich töten. Nur die warme, verstehende Zuneigung der Frau eines Lehrers fängt ihn auf. In der Geschichte dieses Ehepaares ist die Frage nach den Spannungsverhältnis zwischen dem einzelnen und der Norm wirkungsvoll kontrapunktiert. Der Mann existiert gewissermassen nur noch als entpersönlichter Vertreter des Männlichkeitsideals, sportlich-kameradschaftlich, hart und allem Gefühl abhold. Deshalb ist er auch unfähig, seine Frau in der Besonderheit zu erkennen, und behandelt sie als Konventionstyp Frau. Die Ehe wird leer und zerbricht schliesslich an der Frage, die der Achtzehnjährige aufwirft. Es wäre an die Lösung manche Frage zu stellen. Es mag auch an der Geschichte dieser Ehe manches allzu drastisch gezeichnet sein. Aber solche Überdeutlichkeit ist wohl durch die kritische Absicht gerechtfertigt. (…) Er ist keine filmische Glanzleistung, wohl aber eine darstellerische. Gegen diese beherrschte, scharf charakterisierte und doch effektlose Darstellung junger Menschen müssen noch die besten Leistungen des deutschen Films bei vergleichbaren Themen verblassen. Die Vertreter der älteren Generation werden in überaus präzisen Typenbildern gegeben, plastische Erscheinungen eines verödeten Konformismus’. Besonders eindrucksvoll ist Deborah Kerr in der ungemein differenzierten Rolle der unverstandenen, aber verstehenden Frau. Ein genau komponiertes Zusammenspiel, das immer wieder Szenen von künstlerischem Höchstwert hervorbringt." Fr. in: Evangelischer Film-Beobachter (München), Nr. 4, 23.1.1958.

To catch a thief

(Über den Dächern von Nizza, Haltet den Dieb), Regie:   Alfred Hitchcock, USA - 1955
Produktion: Paramount Pictures, Inc. - Regisseur: Alfred Hitchcock - Drehbuch: John Michael Hayes - Nach einer Vorlage von: David Dodge novel - Darsteller: Georgette Anys Germaine - Brigitte Auber Danielle - Cary Grant John Robie - Grace Kelly Frances - Roland Lesaffre Claude - Jean Martinelli Foussard - Charles Vanel Bertani - John Williams H.H.Hughson - John Alderson - Martha Bamattre Kitchen Helper (/xx/) -
Inhaltsangabe : Ein amerikanischer Meisterdieb, genannt "Die Katze", hat sich an der Riviera zur Ruhe gesetzt. Als er in neuen Verdacht gerät, weil ein Kollege seine Methode kopiert, muss er noch einmal aktiv werden. - Cary Grant in einer zeitlos amüsanten, temperament- und geistvollen Kriminalkomödie von Alfred Hitchcock, die mit scharfzüngigen Dialogen und raffiniert aufgebauter Spannung perfekt unterhält. Der berühmte ehemalige Juwelendieb John Robie führt seit einigen Jahren in seiner Villa in Cannes ein ehrliches Leben. Plötzlich taucht ein neuer Dieb auf, der Robies Arbeitsweise genau nachahmt und die Polizei auf die Spur der "Katze" lockt, wie der gewandte Gauner einst genannt wurde. Um nicht selbst verurteilt zu werden, muss Robie den Täter möglichst auf frischer Tat ertappen. Im Strandklub von Cannes führt ihn eine Liste reicher Hotelgäste zu Mrs. Stevens und deren Tochter Frances. Als kurz darauf die neue "Katze" zuschlägt, kann Robie der Polizei nur mit Mühe entkommen. Dann wird er auch noch hinterrücks überfallen. Immerhin hat die schöne Frances ihren Irrtum inzwischen eingesehen und lässt Robie zu einem großen Kostümfest einladen, wo er unter den Reichsten der Reichen seinen Widersacher entlarven will.... (3Sat Presse)
Kritiken : "Ein Sommerfilm, der sich dem Thema Lebensherbst widmet. Cary Grant, der sich nach einer erfolgreichen Karriere als Ede-Fassadenkletterer zur Ruhe setzte, wird nochmal reaktiviert, als Meisterdieb und als Charmeur, um ein par Collierdiebstähle an der Côte d'Azur aufzuklären. Und um dem armen reichen Mädchen Grace Kelly zu zeigen, worum es wirklich geht in der Welt." (Süddeutsche Zeitung 4/5. 9. 2004) "Dies ist ein rechter Spaß. Alfred Hitchcock, der so oft mit harten Kriminal-Thrillern unsere Nerven attackierte, zeigt hier, daß er dieses Genre auch von der heiteren Seite anpacken kann. Ein Meisterdieb im Ruhestand, der in seiner Villa an der gesegneten Côte d’Azur die ihm offenbar belassenen Früchte seiner Arbeit verspeist, wird in seinem beschaulichen Leben gestört, als ihn die Polizei für eine Serie sensationeller Juwelen-Diebstähle verantwortlich macht. Der Verdächtigte betätigt sich als Amateurdetektiv und liefert, bald Jäger und bald Gejagter, den Herren von der Sûreté den Beweis seiner Unschuld. Mit dem ruhigen Dasein zwischen Weinstöcken und Blumenbeeten ist es jedoch vorbei; dafür werden schon eine temperamentvolle Millionenerbin und deren lebhafte Frau Mama sorgen. Schauplatz dieser mit leichter Hand geschriebenen und inszenierten Kriminalkomödie ist die Landschaft zwischen Cannes und Nizza, deren Schönheit von der VistaVision-Kamera Robert Burks’ höchst verlockend aufgenommen wurde. (…) Die Darsteller agieren ganz im Sinne dieses lockeren Spiels aus der Welt des kostspieligen Nichtstuns. Cary Grant bewegt sich mit so lässigem Charme durch die gefahrvollen Stationen seiner Rolle, daß man gar nicht dazu kommt, sich über das logische Fundament seiner Figur Gedanken zu machen. Der Flirt zwischen dem Exdieb und dem Fräulein Dollar geht erheblich weiter, als es sich die Hollywood-Autoren gemeinhin einfallen lassen. Aber erstens spielt ja dieser Film in Europa, wo den Amerikanerinnen manches erlaubt zu sein scheint, was ihnen daheim verboten ist, und zweitens vermag eben Grace Kelly eine Frau zu spielen, die auch dann noch eine Dame bleibt, wenn sie es nicht bei dem Gutenachtkuß vor der Schlafzimmertür beläßt. Jessie Royce Landis kann sich in der dankbaren Rolle einer Frau Neureich viele Lacher erspielen, Brigitte Auber ist die richtige Besetzung für ein junges Ding, das dem Publikum manches Rätsel aufgibt. (…)" Georg Herzberg in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 1, 4.1956. "Einigermaßen originell an diesem Kriminalfilm ist die Liebesgeschichte zwischen dem berühmten Juwelendieb außer Diensten, der sich an der Riviera zu einer von immer neuen Verdächtigungen beeinträchtigten Ruhe gesetzt hat, und der freudlos in ihrem Gelde und in ihrem hochmütigem Herzen wühlenden Millionärstochter. Sie liebt ihn aggressiv und deutlich, er läßt sich etwas mürrisch und faul umwerben – die konventionellen Rollen sind mutig vertauscht, und die gängige Filmseligkeit kommt bis zum Schluß nicht recht auf. Die spröde Grace Kelly mit ihrer heftigen Eisigkeit, bei der die Sinnlichkeit auch im Angriff immer halb verschüttete Ahnung bleibt, macht das ganz interessant, während Cary Grant außer seiner lockeren Männlichkeit nicht viel zum Thema beizutragen hat. Ihn bewegen ja auch ernstere Sorgen, denn der neue Dieb, der nun nach seinem Muster wie eine Katze über die Dächer steigt und verängstigten Touristinnen den Schmuck unter dem Kopfkissen hervorangelt, macht ihm viel zu schaffen. Er muß, obwohl er unschuldig ist, dauernd vor der Polizei ausrücken und sich mit einem allmählich von so viel Schaden etwas entnervten englischen Versicherungsagenten über recht abenteuerliche Methoden einigen, um den wahren Schuldigen auf frischem Dachspaziergang zu erwischen; schließlich hat er dieses Handwerk ja mal gelernt. (…)" Karena Niehoff in: Der Tagesspiegel (Berlin), 3.1.1955. "Leichtfüssiger Klassiker" (tele 36/2007)
Anmerkungen: "Obwohl es auch einige Szenen auf dem Blumenmarkt in Nizza gibt, müsste dieser ungeschlagene Hollywoodklassiker präziser "über den Dächern von Cannes" heißen. Doch ob Cannes oder Nizza - Hauptsache Côte d'Azur, der Tummelplatz der Reichen und Schönen, Oscar-prämiert fotografiert von Robert Burks. Zu sehen ist die vom ZDF rekonstruierte und farbrestaurierte Version der Urfassung in VistaVision, mit dem Meister der "suspense", Alfred Hitchcock, in einem Kurzauftrittt. Die Hauptrolle als cooler Meisterdieb spielt Cary Grant, seine Partnerin ist Grace Kelly. Die 1982 nach einem Autounfall gestorbene Fürstin von Monaco, drehte insgesamt drei Filme mit Hitchcock, der eine Schwäche für unterkühlte Blondinen hegte. Bei den Dreharbeiten von "über den Dächern von Nizza" traf Grace Kelly Fürst Rainier III. zum ersten Mal. 1956 - ein Jahr später - heirateten sie." (3Sat Presse)

Ukigumo

(Treibende Wolken), Regie:   Mikio Naruse, Japan - 1954
Produktion: Tôhô - Regisseur: Mikio Naruse - Darsteller: Masayuki Mori - Mariko Okada - Hideko Takamine -
Kritiken : "Unter den zahlreichen Filmen, in denen Naruse sich mit Problemen japanischer Frauen befaßt, gilt dieser allgemein als der beste. Er beruht auf einem der letzten Romane von Naruses Lieblingsschriftstellerin Hayashi (1903–1951). Das Drehbuch schrieb die Autorin Yôko Mizuki, die bereits an drei anderen Naruse-Filmen mitgewirkt hatte. Seit 1952 pflegte der Regisseur seine Drehbücher nicht mehr selbst abzufassen, sondern Frauen mit dieser Arbeit zu beauftragen. Eine junge Frau namens Yukiko Kôda ist von ihrem Schwager vergewaltigt worden. Resigniert bewirbt sie sich beim Ministerium für Forst- und Landwirtschaft um einen Posten im Ausland. So gelangt sie mitten im Krieg nach Indochina und verliebt sich dort in einen verheirateten Landsmann und Kollegen, den Ingenieur Tomioka. Nach dem Kriegsende kehren beide in die Heimat zurück. Tomioka hat Yukiko sein Wort gegeben, daß er sich scheiden lassen und sie heiraten werde. Doch als Yukiko ihn in Japan wiedersieht, gibt er nur unschlüssige Antworten. Aus Verzweiflung läßt sie sich mit einem amerikanischen Soldaten ein, bringt es aber auch gleichzeitig nicht fertig, Tomioka abzuweisen. Die beiden beschließen, einen neuen Anfang zu machen: Tomioka quittiert seinen Dienst beim Ministerium, und Yukiko trennt sich von dem Amerikaner. Anschließend fahren sie gemeinsam in ein Feriendorf. Doch an Ort und Stelle beginnt Tomioka eine neue Liebschaft mit der Ehefrau eines Bekannten. Yukiko will nun nichts mehr mit ihm zu tun haben. Erst als sie merkt, daß sie ein Kind von ihm erwartet, sucht sie wieder Kontakt (…)." Keiko Yamane: Das japanische Kino. Geschichten. Filme. Regisseure. München/ Luzern: Bucher 1985, S. 133. "UKIGUMO gilt in Nippon als vollendetes Werk Mikio Naruses und als Auftakt zu einer neuen Wende des japanischen Films. Ozu, der „japanischste Regisseur“ und stilistisch zutiefst wahlverwandt mit Naruse: „Es gibt nur zwei Filme, die ich niemals erreichen werde – Mizogushis GION NO SHIMAI [Japan 1936] und Naruses UKIGUMO.“ UKIGUMO ist geprägt von einer doppelten Zusammenarbeit: mit Hideko Takamine, Naruses bevorzugter Schauspielerin, und Fumiko Hayashi, jener Autorin, von der Naruse sechs Romane verfilmt hat und deren Weltsicht der seinen frappant gleicht; in der Tat könnte ein Satz Hayashis das Motto zu Naruses OEuvre formulieren: „Ich fühle eine marternde Liebe für das leidvolle Ausharren der Menschen, die ihr Leben in der Mitte von endloser Zeit und endlosem Raum bewältigen.“ Auch die Heldin von UKIGUMO, hoffnungslos, aber unbeirrbar in ihrer Liebe zu einem verheirateten Mann, lebt dies leidvolle Ausharren mit selbstzer- störerischer Illusionskraft. UKIGUMO ist Naruses Vision der heroischen Lebenstat, die sich auch und gerade im Scheitern erfüllt." Anonym in: Mitteilungen des Österreichischen Filmmuseums (Wien), November 1983.

La vérité

(Die Wahrheit), Regie:   Henri-Georges Clouzot, Frankreich - 1960
Produzent: Raoul Lévy - Associate Producer: Roger Debelmas - Produktionsleiter: Louis Wipf - Regisseur: Henri-Georges Clouzot - Drehbuch: Christiane Rochefort - Véra Clouzot - Henri-Georges Clouzot - Kamera: Armand Thirard - Schnitt: Albert Jurgenson - Ausstattung: Jean André - Darsteller: René Blancard L'avocat général - Jacques Perrin Jérôme - Claude Berri Georges - Fernand Ledoux Le médecin légiste - Barbara Sommers Daisy (AKA Barbara Sohmers) - Suzy Wille Mme Marceau - Christian Lude M. Marceau - Jean-Loup Reynold Michel - Jacqueline Porel La secrétaire de Me Guérin - André Oumansky Ludovic - Louis Seigner Le Président - Marie-José Nat Annie Marceau - Sami Frey Gilbert Tellier - Paul Meurisse Maître Éparvier - Charles Vanel Maître Guérin - Brigitte Bardot Dominique Marceau -
Inhaltsangabe : «Paris ist ihr Traum, die provinzielle Enge ihr Grauen: Die schöne Dominique hatte schon immer ihren eigenen Kopf. Doch der Traum wird zum Alptraum, als die Liebe zu dem talentierten jungen Dirigenten Gilbert Tellier durch seine Eifersucht und ihre Provokationen vergiftet wird. Die junge schöne Dominique Marceau muss sich wegen Mordes an ihrem Liebhaber Gilbert Tellier vor dem einem Pariser Schwurgericht verantworten. Die Vorgeschichte wird - wie im Gerichtsfilm üblich - in Rückblenden erzählt. Der freiheitsliebenden Dominique gelingt es, dem engen und reaktionären Familienleben in der Provinz den Rücken zu kehren und endlich ihren Traum von Paris wahr zu machen - wenn sie auch bei ihrer braven und ehrgeizigen Schwester Annie zusammenleben muss. Sie genießt das legere Stadtleben und diverse Affären - unter anderem mit Gilbert Tellier, einem Freund von Annie. Obwohl Dominique weitere Romanzen eingeht, will der talentierte junge Dirigent sie heiraten. Schließlich erkennt auch sie ihre Liebe für ihn. Ihre Affären jedoch hat sie weiterhin, und Gilbert verlässt sie deswegen. Dominique versucht, ihr Leben allein zu meistern, doch Geldprobleme treiben sie in die Prostitution. Als Dominique erfährt, dass Gilbert nun mit Annie verlobt ist, taucht sie nachts bei ihm auf und die beiden schlafen miteinander. Gekränkt von Gilberts kalter und entwürdigender Zurückweisung am nächsten Morgen, schießt sie ein paar Tage später auf ihn und versucht, sich selbst ebenfalls zu töten. Sie wird jedoch gerettet und muss sich vor Gericht verantworten. Die entscheidende Frage, die das Gericht beantworten muss: War es Mord oder Totschlag, Vorsatz oder Affekt? Der wortgewandte Staatsanwalt, ein Patriarch sondergleichen, wird nicht müde, den Lebenswandel der Angeklagten zur Untermauerung seiner Anklage zu bemühen. Die Zeugen aus dem Umfeld von Dominique und Gilbert, seien es Zeugen der Anklage oder Verteidigung, skizzieren da schon ein nuancierteres Bild der Beziehung der beiden. Im verbalen Schlagabtausch der beiden gegnerischen Parteien prallen unterschiedliche Moralvorstellungen und Lebensentwürfe aufeinander. Ohne Hoffnung auf ein gerechtes Urteil trifft Dominique dann eine Entscheidung ... Paris ist ihr Traum, die provinzielle Enge ihr Grauen: Die schöne Dominique hatte schon immer ihren eigenen Kopf. Doch der Traum wird zum Alptraum, als die Liebe zu dem talentierten jungen Dirigenten Gilbert Tellier durch seine Eifersucht und ihre Provokationen vergiftet wird. Am Ende steht Dominique unter Mordanklage.» (Arte Presse)
Kritiken : "Der Film spielt zum guten Teil in einem Gerichtssaal, aber der sicherlich von vielen erwartete kriminalistische Knalleffekt bleibt aus. Das Mädchen Dominique hat seinen Geliebten erschossen, das ist die Anklage und dabei bleibt es. Der Streit der Juristen, des Verteidigers, des Nebenklägers, des Richters und des Staatsanwalts, geht nur noch um die Frage, ob die Tat mit Vorsatz oder im Affekt geschah, ob es Mord war oder Totschlag. Ein Urteil gibt es nicht, denn Dominique schneidet sich während des Prozesses im Untersuchungsgefängnis die Pulsadern auf (…). Der Film bietet in Rückblenden eine Reihe von Geschehnissen und überläßt es dem Zuschauer, sich über die Personen der Handlung, über das Liebespaar im besonderen und eine gewisse Jugend im allgemeinen, seine Gedanken zu machen. Dominique, Offizierstochter aus Rennes, hat wohl die Freude am leichten Leben im Blut und wäre bestimmt nicht die rechte Ehefrau für einen im Bürgerlichen verwurzelten jungen Musiker, der auf Reputation zu achten beginnt, sobald er die erste Sprosse des Erfolges erklommen hat. Nach der offiziellen Inhaltsangabe zu schließen, scheint der Film für den deutschen Markt erheblich verändert worden zu sein, so daß man nicht sagen kann, wie Clouzot die Akzente – und nur auf die kommt es ja hier an – wirklich gesetzt hat. Nach der deutschen Fassung ist einem die kleine Dominique trotz aller Schlampigkeit und trotz aller amourösen Eskapaden wesentlich sympathischer als der ehrgeizzerfressene Jüngling. Was Brigitte Bardot anbelangt, so hat sie Clouzot auf eine neue schauspielerische Ebene geführt. Dabei verzichtet er durchaus nicht auf all das, was den Kassenruhm der Bardot begründet hat, auf das Aus- und Anziehen und die direkte Erotik des nackten Körpers. Aber daneben, vor allem im Gerichtssaal, hat sie auch Szenen, in denen sie die Verzweiflung und die Einsamkeit eines jungen Menschen fühlen läßt, der mit seinem Leben einfach nicht fertig werden konnte. (…) Die erregende Atmosphäre eines pikanten Sensationsprozesses wurde von Clouzot mit einer Überfülle treffsicherer szenischer Details herausgearbeitet. Dabei geht er immer davon aus, daß das Ganze für die Justiz nur ein Routine-Fall ist. So heftig auch Verteidiger und Nebenkläger bisweilen aneinandergeraten – als Filmbesucher erwirbt man im Verlaufe der Jahre recht profunde Kenntnisse hinsichtlich der nationalen Unterschiede in der Rechtspflege –, im Grunde genommen haben sie nur das eigene Renommee im Auge. (…)" Georg Herzberg in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 5, 18.1.1961. Dem Regisseur Henri-Georges Clouzot ging es hier um die absolute „nackte“ Wahrheit, die er auf gleich zweierlei Weise mittels Brigitte Bardot exemplifizierte. Nachdem er einst in MANON [Frankreich 1949] schon all die heutigen „Lolita“-Probleme vorweggenommen hatte, treibt er nun die Bardot zu einem unabstreitbar auch schauspielerisch eindrucksvollen Höhepunkt ihres Kindweib-Typus. Clouzot sieht in ihr eine Naturkraft des niederen Eros, hemmungslos im Sich-Verlieren an jeden noch so flüchtigen Genuß und doch wieder konsequent in diesem nymphomanen Sexual-Nihilismus. Dabei setzt er jedoch der Neuen Welle sozusagen das alte Spiel entgegen: einen thematisch aus dem Umkreis der Jüngsten genommenen Film, der seine modische Auseinandersetzung mit der lebens- und liebeshungrigen Twen-Generation durch die traditionell- akademische Technik des französischen Qualitätsfilm gestaltet. In dem akribisch gezeichneten Ablauf einer Gerichtsverhandlung blendet er immer wieder die Bruchstücke der Erinnerungen und Assoziationen ein, aus denen sich nach und nach die Wahrheit zu schälen scheint – bis in dem Augenblick, der die Klärung bringen könnte, der Selbstmord der Angeklagten den Prozeß und den Film abschließt. (…)" USE. in: Film-Dienst (Köln), Nr. 3/4, 11.1.1961. "(…) Die Bardot, das Wesen, das in seiner bisherigen Karriere nur Haarschopf, Bein, Cul, Haut und Nacktheit war, das Kindweib außer sich, nicht Kind nicht Weib – als Liebende? Die Frage ist verständlich. Man sehe sich an, was Clouzot aus dem Wesen gemacht hat. Nicht eine Heroine, nicht eine Sentimentale, nicht eine Liebende im alten Opernstil. Er ist anders und viel wahrhaftiger. Man entdeckt in dem angstvollen, bettelnden, ein wenig verschwollenen Gesicht, das alles andere als hübsch ist, einen Menschen in Not und in der Angst und in der Wahrheit. (…)" Karl Korn in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.1.1961.
Anmerkungen: «(...) der selten gezeigte "Die Wahrheit", der in den 60ern Jahre einer der bestbesuchten französischen Filme und damit ein Riesenerfolg war. Zum ersten Mal wurde Brigitte Bardot in der Charakterrolle der Dominique als ernsthafte Schauspielerin anerkannt. Wie in den meisten seiner Filme liegt es dem Perfektionisten Clouzot auch in "Die Wahrheit" daran, den Durchschnittsmenschen zu zeigen, der sich in Bedrängnis auf Abwege begibt, die jedoch keineswegs zum ersehnten Ziel führen. Clouzot inszeniert einen mit akademisch-kühler Sorgfalt gezeichneten Mordprozess, der die innere Unfähigkeit - und auch Unwilligkeit - von Richter, Ankläger und Verteidiger zeigt, die Wahrheit im Lebensbild einer abgeglittenen jungen Frau zu sehen. Vielmehr verkommt die "Wahrheit" zu einer im Rededuell verhandelbaren Entität. So stellt das Justizsystem nicht Dominiques Tat, sondern ihren Lebenswandel unter Anklage. Die damalige Sexualmoral und die herrschenden Vorstellungen von einem anständigen Leben werden von Clouzot als hauptsächlicher Antrieb der Zeugen zu ihren Lügen illustriert. Doch nicht nur die versammelten Stützen der Gesellschaft treffen ein Urteil über Dominique, auch sie trifft ein Urteil über die Gesellschaft, wenn sie den Tod der Aussicht vorzieht, in dieser Gesellschaft weiterleben zu müssen. "Ein intensiv gestalteter, schauspielerisch eindrucksvoller Film, der freilich bei der Aufdeckung der psychologisch-geistigen Ursachen für gesellschaftliche und individuelle Verirrungen auf eine eigene ethische Grundhaltung verzichtet" (Filmdienst); typisch für die Raffinesse Clouzots, haben die Figuren dabei das Potenzial sowohl für Gut als auch Böse in sich. "Die Wahrheit" gewann 1961 den Golden Globe für den besten fremdsprachigen Film und wurde außerdem im gleichen Jahr für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert.» (Arte Presse)

Viaggio in Italia

(Liebe ist stärker, Reise in Italien, Reise nach Italien), Regie:   Roberto Rossellini, Italien, Frankreich - 1953
Produktion: Francinex, Paris - Les Films Ariane - Sveva-Film - Produzent: Alfredo Guarini (/xx/) - Roberto Rossellini - Regisseur: Roberto Rossellini - Drehbuch: Vitaliano Brancati - Antonio Pietrangeli - Roberto Rossellini - Kamera: Enzo Serafin - Musik: Renzo Rossellini - Schnitt: Jolanda Benvenuti - Architekt: Piero Filippone - Kostümbild: Ines Fiorentini - Maskenbildner: Manrico Spagnoli - Darsteller: Lyla Rocco Miss Sinibaldi - Adriana Danieli - María Martín - Paola Carola - Marcello Caracciolo - Lucio Caracciolo - Bianca Maria Cerasoli Miss Notari - Paul Muller Paul Dupont - Natalia Ray Natalie Burton - Leslie Daniels Leslie Harris - Jackie Frost Judy - Tony La Penna Tony Burton - Anna Proclemer Prostituierte - George Sanders Alexander Joyce - Ingrid Bergman Katherine Joyce - Marie Mauban Marie -
Inhaltsangabe : Ein englisches Ehepaar, seit acht Jahren verheiratet, keine Kinder. Beide kommen mit dem Auto nach Neapel; dort haben sie ein Landhaus geerbt, für das nun ein Käufer gesucht wird. Ohne den gewohnten Alltag und die gewohnte Umgebung entdecken beide, wie fremd sie einander geworden sind. Sie sucht Museen und Sehenswürdigkeiten auf, er unternimmt einen Ausflug nach Capri. Sie beschuldigt ihn verletzender Ironie und unerträglicher Arroganz, er wirft ihr romantische Schwärmerei und Egoismus vor. In Pompeji, wo das Paar Zeuge einer Ausgrabung wird, bahnt sich zwar Erschütterung über das Zerwürfnis an, gleichzeitig beschließt man aber die Scheidung. Als beide bei einer Prozession in den Sog einer Volksmenge geraten, kommen sie sich so verlassen vor, dass sie zueinander fliehen.... (BR Presse)
Kritiken : "Die Reise eines englischen Ehepaares nach Italien wird entscheidend für ihr Zusammenleben. Angesichts der heiteren, sinnenfreudigen Umgebung – der Film spielt in Neapel und Capri – wird beiden deutlich bewußt, wie entfremdet sie einander wurden. Es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen; sie beschließen, sich zu trennen. Die tiefe Frömmigkeit einer Prozession, in die sie unfreiwillig hineingeraten, läßt sie jedoch ihre nie erloschene Liebe zueinander wiedererkennen und ein neues Leben beginnen. Der Film ist ganz auf die Schauspielkunst der Bergman und Sanders gestellt; und die Regie gibt den beiden viele Möglichkeiten, ihr Gegen- und Zueinander immer wieder zu variieren. Die südliche Atmosphäre trägt musikalisch und optisch viel dazu bei, die Handlung glaubhaft zu machen. Lange Passagen des Filmes zeigen die Bergman, wie sie die landschaftlichen und künstlerischen Schönheiten Italiens betrachtet und ihnen erliegt. Das geht gelegentlich etwas auf Kosten der Spannung des Films, der sich mehr um innere als um äußere Vorgänge bemüht. Die große Verehrergemeinde der Bergman wird sich auch diesen Film nicht entgehen lassen." Wolfgang Ebert in: Filmblätter (Berlin), Nr. 1, 7.1.1955. "(…) Was Rossellini aus diesem Stoff gestaltet, ist ein Film fast ohne äußere Handlung, der in die Breite zerfließt, lange Stillstände einfügt und sich mehrfach in Sackgassen verrennt. Insofern ist dieses Verfahren sehr „modern“. Auch in der heutigen Literatur finden sich ja häufig solche handlungsarmen Seelengemälde. Aber zweifellos ist hier auch viel „echte“ Langeweile mit im Spiel, die von der sich selbst augenscheinlich langweilenden Heldin aus auf den Zuschauer übergreift. Sie kann einem leid tun, die arme Kat, wenn sie ihre Unbefriedigung und innere Unruhe durch endloses Autofahren, Hin-und Her-Laufen, Patiencenlegen zu übertönen sucht. (…) Indessen, genau gewogen, kann man dem Regisseur wie seinen beiden ausgezeichneten Hauptdarstellern (den Gatten verkörpert George Sanders wie eine echte Oscar-Wilde-Gestalt) den nötigen „langen Atem“ im Künstlerischen nicht absprechen. Die präzise Abstimmung mit einem fast absoluten Gehör auch für die entscheidenden Obertöne macht einen besonderen Reiz aus. In solchen Nuancen ist diese „Ehestudie“ geradezu als Lehrfilm für ein psychologisches Seminar geeignet. Das breite Publikum andererseits, das erfahrungsgemäß nach einer zügigen Handlung fragt, wird sich diesmal mehr den eingestreuten Landschaftsaufnahmen von den klassischen Ferienzielen Capri, Neapel usw. samt den „lehrreichen“ Museumsbesuchen zuwenden. Insgesamt: Eine etwas langatmige Studie von den Versuchungen eines italienreisenden Ehepaares, das sich in dem unwirklichen Luxusmilieu seine eigenen Sorgen macht. Rossellinis Weg vom Neo-Realismus zur Neo-Restauration scheint damit abgesteckt. (…)" e. s. in: Evangelischer Film-Beobachter (München), 9.12.1954.
Anmerkungen: "Hintergrundinformationen: Roberto Rossellini schuf mit "Reise in Italien" das lakonische Protokoll einer Ehekrise, eingebettet in die skizzenhaft und flüchtig eingefangene italienische Alltagsrealität jener Jahre. "Reise in Italien", in den deutschen Kinos unter dem Titel "Liebe ist stärker" verliehen, wurde wie fast alle Rossellini-Filme aus seiner Zeit mit Ingrid Bergman von den meisten Kritikern verschmäht. Nur die Kritiker der "Cahier du Cinéma" wie Bazin, Rohmer oder Rivette haben ihn schon bei seinem Erscheinen leidenschaftlich gegen alle Angriffe verteidigt. Für sie lag in "Reise in Italien" der Beginn eines neuen Kinos. Was vielen Kritikern damals wie ein Amateurfilm erschien, war eine radikale Verabschiedung all der Regeln, die man für die Herstellung von Filmkunst für unerlässlich hielt: das schöne Bild, eine zielstrebige, Inhalte vermittelnde Dramaturgie, einfühlsame und zu Identifikation einladende Schauspielerei. Aber Rossellini war gar nicht interessiert, einen vorgedachten Inhalt zu "übersetzen". Das macht "Reise in Italien" wirklich zu einem Filmessay. Der Regisseur ist nicht mehr geschickter Arrangeur, eher schon Experimentator und Dokumentarist, der eine Konstellation von Personen und Schauplätzen entwirft, um dann mit vorbehaltloser Neugier auf diese Versuchsanordnung zu blicken, deren Bewegungen und Veränderungen eben nicht absehbar sind und keinem vorgezeichneten Muster folgen." (BR Presse) "Das Publikum wird von "Viaggio in Italia" insofern enttäuscht, als die Stadt Neapel nur in einer sehr unvollständigen und fragmentarischen Form gezeigt wird. Diese Realität ist wirklich nur ein Tausendstel dessen, was man hätte zeigen können; aber das wenige, was man sieht - einige Statuen in einem Museum, schwangere Frauen, eine Ausgrabung in Pompeji, ein Stück aus einer Prozession zu Ehren des Heiligen Januarius, hat dennoch den globalen Charakter, den ich wesentlich empfinde. Das ist das durch das Bewusstsein der Heldin gefilterte Neapel; und wenn die Landschaft arm und begrenzt ist, so deshalb, weil dieses mittelmäßige bürgerliche Bewusstsein selbst unter einer außerordentlichen geistigen Armut leidet. Das Neapel in diesem Film ist dennoch nicht falsch; es ist vielmehr eine geistige Landschaft, die gleichzeitig die Objektivität der reinen Fotografie und die Subjektivität des reinen Bewusstseins hat. Wir erkennen, dass die Haltung Rossellinis gegenüber seinen Figuren und in ihrer geografischen und sozialen Umgebung unter anderem auch die seiner Heldin gegenüber Neapel ist, mit dem Unterschied, dass sein Bewusstsein das eines hochkultivierten, meiner Meinung nach mit einer seltenen geistigen Vitalität begabten Künstlers ist." (schrieb der französische Filmtheoretiker André Bazin 1955, als die Bedeutung dieses Films noch keineswegs anerkannt war.)" (wdr Presse)

Wild is the Wind

(Wild ist der Wind), Regie:   George Cukor, USA - 1957
Produktion: Paramount - Produzent: Hal B. Wallis - Regisseur: George Cukor - Drehbuch: Arnold Schulman - Kamera: Charles Lang jr. - Musik: Dimitri Tiomkin - Schnitt: Warren Low - Kostümbild: Edith Head - Darsteller: Anna Magnani Gioia - Anthony Quinn Gino - Anthony Franciosa Bene - Dolores Hart Angie - Joseph Calleia Alberto - Lili Valenty Teresa -
Kritiken : "Dieser Film ist ein Erzeugnis der „psychologischen“ Abteilung Hollywoods. Seine Story, die auf der dramatischen Opposition von zwei gänzlich verschiedenartigen Charakteren aufbaut, verläßt kaum die herkömmlichen Geleise. Die Autoren des Films hielten sich beim Ersinnen ihrer Fabel offensichtlich weniger an das wirkliche Leben, als an die Aufgabe, großen Schauspielern ein geeignetes Wirkungsfeld zu schaffen. Vor allem der Magnani scheint WILD IST DER WIND auf den Leib geschrieben zu sein. Sie spielt hier eine impulsive, empfindsame Italienerin, die durch absonderliche Umstände von ihrer Heimat in die fremde Umgebung einer amerikanischen Farm verschlagen wird. Dort ehelicht sie den verwitweten Hausherren, einen ruppigen Selfmademan. Er liebt sie, verbirgt allerdings seine Gefühle unter der Schale äußerer Rücksichtslosigkeit; auf der anderen Seite zeigt er Verständnis für ihre bizarrsten Wünsche. Den heftigen Temperamentsausbrüchen seiner Frau steht der Farmer mit milder Fassungslosigkeit gegenüber; inzwischen hat der Adoptivsohn des Alten aber schon ein Auge auf die Italienerin geworfen. Damit beginnen die Komplikationen der Gefühle. Als alles verfahren scheint und das Flugzeug bereits wartet, das Gioia, die Unamerikanische, wieder nach Italien zurückbringen soll, rafft sich der fassungslose Ehemann aus seiner Depression auf, eilt zum Flugplatz und führt noch die Versöhnung herbei. Im Ganzen betrachtet, ist die hier erzählte Geschichte nicht mehr als eine Variante des traditionellen, unverbindlichen Dreiecksklischees. (…) Eine interessante Komponente besitzt sie indessen: die Konfrontierung des rauhbeinigen, autoritären, vom errungenen Lebensstandard befriedigten „Hausherren“ mit seiner hypernervösen, Aufrichtigkeit der Gefühle fordernden Frau. Das Interesse, das besonders die Person des alternden Farmers für uns besitzt, rührt von dem Widerspruch seiner humanen Impulse und der Ungeschicklichkeit, ja Brutalität ihrer Ausführungen her. (…) Diese innere Widersprüchlichkeit des Helden, die der Film hervorkehrt, ist ihm als Verdienst anzurechnen (…). Am reizvollsten ist dieser Film noch in seinen schauspielerischen Leistungen. Anthony Quinn, der den alten Farmer spielt, brilliert in einer ähnlich „tellurischen“ Rolle wie schon in LA STRADA [Federico Fellini, Italien 1954]. Anna Magnani wirkt überzeugend, ja hinreißend in der Abruptheit, mit der sich der Wechsel von Euphorie zur Niedergeschlagenheit in ihren kantig-strengen Gesichtszügen spiegelt. (…)" Ulrich Gregor in: Filmkritik (Frankfurt am Main), Nr. 9, September 1958. "Schon auf den Berliner Filmfestspielen wurden diesem amerikanischen Opus Ovationen gebracht. Kein Wunder, denn das Werk bezieht aus den überragenden Leistungen der beiden Darsteller und aus der meisterhaften Fotografie seine künstlerischen Effekte. (…) Die Gesichter von Anna Magnani und Anthony Quinn, diese Urlandschaft menschlichen Ausdrucks, waren denn auch das Wichtigste, woran sich der Fotograf leidenschaftlich hielt. Das Programm nennt Charles Lang junior als Kameramann. Ohne Zweifel hat er mehr nach seinem Konzept als nach dem des Regisseurs George Cukor seine Ideen verwirklicht. Das Lachen und Weinen der Magnani, dieser Katarakt der Gefühlsausbrüche, von der Verzweiflung und Angst bis zur Freude – das war eine Studie wert. So wurde dies ein Film der Porträtstudien, denn es gibt kaum schönere Aufnahmen sowohl von der Magnani als auch von Quinn. Wenn der Zuschauer sonst nichts von diesem Film behält, dann die Erkenntnis, daß diese beiden Künstler zu den epochemachenden Darstellern auf der Leinwand gehören. (…)" W. S. in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.8.1958. "(…) Der Film ist kunstvoll nicht durch die lasche Regie von George Cukor, nicht einmal durch den seit LA STRADA berühmten Anthony Quinn, sondern einzig und allein durch die Magnani. Sie ist, wie immer, eine richtige Schauspielerin, wie sie im Film sonst kaum zu finden ist: zart und derb, kindlich weich und müde zerfallen, mit verzweifeltem Humor und einer bedrohlichen, tragischen Sinnlichkeit. (…)" Karena Niehoff in: Der Tagesspiegel (Berlin), 5.7.1958.

Written on the Wind

(In den Wind geschrieben), Regie:   Douglas Sirk, USA - 1956
Produktion: Universal Pictures - Regisseur: Douglas Sirk - Drehbuch: George Zuckerman - Story : Robert Wilder - Kamera: Russell Metty - Musik: Frank Skinner - Darsteller: Lauren Bacall Lucy Moore Hadley - Rock Hudson Mitch Wayne - Robert Keith Jasper Hadley - Dorothy Malone Marylee Hadley - Robert Stack Kyle Hadley - Kevin Corcoran -
Inhaltsangabe : Der Ölingenieur Mitch Wayne macht die Bekanntschaft der Werbemanagerin Lucy Moore und verliebt sich in sie. Bald stellt er Lucy seinem besten Freund Kyle Hadley vor. Kyle stammt aus einer steinreichen Ölfamilie, in der auf Wunsch von Kyles Vater auch Mitch aufgewachsen ist. Doch bevor Mitch Lucy seine Gefühle gestehen kann, verliebt sich die kühle Schönheit in Kyle. Für sie steckt hinter der Fassade aus Zynismus ein liebenswerter, psychisch angeschlagener grosser Junge. Kyles Probleme, die er in Alkohol ertränkt, rühren daher, dass sein strenger Vater den lebenstüchtigen, klugen Mitch seinem Sohn immer vorgezogen hat.
Lucy und Kyle heiraten. Und sehr zur Freude seines Vaters kommt Kyle nach den langen Flitterwochen verwandelt zurück. Er hat das Trinken aufgegeben und wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind für die junge Ehe. Doch im Haus der Hadleys sät Kyles Schwester Marylee schon bald Zwietracht. Ihr ist schnell klar, dass Mitch, der Mann, den sie seit Kindertagen verzweifelt und unerwidert liebt, seinerseits in Lucy verliebt ist. Marylees Eifersucht, ihr Alkoholismus und ihre Sexeskapaden bringen die gespannten Familienangelegenheiten ins Wanken. Doch vollends aus dem Ruder läuft das Familienleben erst, als Kyle von seinem Arzt die Diagnose gestellt bekommt, vermutlich keine Kinder zeugen zu können, und seine Frau Lucy dennoch schwanger wird. Das öffnet Misstrauen Tür und Tor. (ARTE Presse)
Kritiken : "Vorweg: Ein ausgezeichnet gemachter Film für Freunde eines dramatischen Geschehens und menschlicher Verwicklungen. Schon während des Vorspanns wird der Zuschauer in eine beklemmend- erregte Stimmung versetzt, die ohne Unterbrechung anhält. Kyle Hadley, im Schatten seines Vaters, eines millionenschweren Ölmagnaten, zu einem Taugenichts verurteilt und dem Alkohol ergeben, findet in Lucy die Frau, die ihn versteht und liebt. Mit ihr beginnt er ein neues Leben, bis er erfährt, dass sie infolge seiner durch Alkohol zerrütteten Gesundheit keine Kinder haben werden. Kyle ergibt sich wieder dem Alkohol. Seine Schwester Marylee, ebenso verkommen wie er, erotoman und bis zur Verfallenheit in Kyles Freund Mitch Wayne verliebt, beschuldigt aus Rache für ihre unerwiderte Liebe zu Mitch diesen und ihres Bruders Frau eines intimen Verhältnisses. Der Bruder schenkt dieser Verleumdung um so mehr Glauben, als Lucy nun doch ein Kind erwartet. In der entscheidenden Auseinandersetzung bedroht Kyle seinen Freund Mitch mit dem Revolver, wird aber von seiner Schwester am Schiessen gehindert. Der Schuss geht dennoch los und tötet Kyle selbst. Marylee ringt sich durch zu einem endgültigen Verzicht auf Mitch, so dass dem von Anfang an bereits angedeuteten Happy-End zwischen Lucy und Mitch nichts mehr im Wege steht. Der vorzüglichen Kameraführung von Russell Metty gelingt es, in rascher Szenenfolge die Spannung an dem dramatischen Geschehen von Anfang bis zum Ende wachzuhalten, ja – zu steigern. Grelle Jazzrhythmen, leitmotivisch eingestreut, begleiten wirksam die Handlung. (…) Das Quartett der Darsteller ist mit Robert Stack als verzogener Millionärssohn Kyle, Rock Hudson als selbstloser Freund Mitch, Lauren Bacall als sympathische Gattin und Dorothy Malone als liebesgierige Frau gut besetzt." Kurt Sieben in: Film-Echo (Wiesbaden), Nr. 7, 23.1.1957.

"Psychologisch unterbaute Filme sind seit langem in Mode und kommen jetzt auch aus Amerika zu uns, unterschiedlich in Qualität und Härte. Dieser gehört zu den spannenden und gepflegten, und die alte Dreiecksgeschichte von der Frau zwischen zwei Männern erhält durch die Verknüpfung verschiedener Schicksale und Temperamente einige interessante Momente und neue Glanzpunkte. Das etwas seelenverquälte Geschehen wird aus der Sphäre des Gesellschaftsfilmes durch die ausserordentlich gute und lebendige Kameraarbeit und durch die schauspielerischen Leistungen herausgehoben. Einander ebenbürtig: Robert Stack als tragisch eifersüchtiger Ehemann und Lauren Bacall als seine liebend in sich ruhende Frau. In bestechendem Spiel – das ihr mit Recht den „Oscar“ einbrachte – gestaltet Dorothy Malone die egozentrische und leicht verkommene Schwester des Ehemannes, die den Jugendfreund verzweifelt und mit nicht immer anständigen Mitteln für sich zu gewinnen sucht. Und der Freund: Rock Hudson, zurückhaltend, von gerader Männlichkeit, die selbst in ihrer unerschütterlichen Anständigkeit nicht langweilig wirkt. Ein gepflegter und bewegter Film mit reicher Ausstattung im gehobenen Milieu (…)." Gisela Huwe in: Filmblätter (Berlin), Nr. 25, 21.6.1957.

"(…) Was für Europa die Fürstenhäuser, das sind für Amerika die Industrie- und Wirtschaftsmagnaten. Das für die Verfilmung ergiebigste Thema ist fast immer das gleiche: Dekadenz. Manches an diesem Streifen erinnert an billige Illustriertenromane. Doch auf dem Hintergrund der Milieuschilderung wirken die Charaktere und ihre Handlungen glaubhaft. Man wird verneinen, dass Kinderlosigkeit ein Grund zur Trunksucht sei, man wird den Kopf schütteln über soviel Snobismus und Geldprotzerei, man wird auch Ekel empfinden, wenn sich Marylee schamlos jedem Hergelaufenen anbietet; aber man wird in der dargestellten Umwelt (und die scheint nicht aus der Luft gegriffen) und in ihrer inneren Leere vergeblich nach einem Motiv suchen, das die Kraft zu einem sinnvollen und sauberen Leben oder die Durchhaltekraft auf Kyles Weg der Besserung abgäbe. Denn Gott, der dem Leben der Reichen wie der Armen seinen Sinn verleiht, hat hier keinen Platz. (…) Filmtechnisch und darstellerisch ist der Film beachtenswert. (…)" Wi. in: Evangelischer Film-Beobachter (München), Nr. 19, 9.5.1957.
Anmerkungen: «Drehbuch nach dem Roman von Robert Wilder
"In den Wind geschrieben" ist vermutlich das bekannteste Melodram von Douglas Sirk. Die gewagte Mischung aus extremer Künstlichkeit, neurotischen Figuren und heiklen Themen - Infertilität, Alkoholismus und andeutungsweise promiskem Sex - musste in den 50er Jahren wie ein Sprengsatz gewirkt haben. Bis heute erstaunt der Film mehr durch seine Fähigkeit, aus artifiziellen Dekors und einer Inszenierung, die Sirk selbst als "plakativen Posterstil" bezeichnete, ebenso starke wie echte Gefühle hervorzubringen. Die disparaten Elemente der Geschichte ergeben das erstaunlich anrührende Porträt einer psychisch zerrütteten Familie. Man spürt, wie der deutsche Regisseur Rainer Werner Fassbinder einmal bemerkte, in diesem Film stärker als in anderen Filmen, dass Sirks Sympathie bei den gebrochenen, neurotischen Figuren war, während ihm das normale Verhalten suspekt zu sein schien.
Auch wenn der Film mit dem Paar Bacall/Hudson zwei starke Identifikationsfiguren aus der amerikanischen Mittelschicht anbietet, ist es doch das Geschwisterpaar Stack/Malone, das sich in seinen Sehnsüchten und Neurosen verzehrt, das im Zentrum der Geschichte steht. Bacall/Hudson garantierten den Erfolg des Films beim Publikum, aber die Inszenierung Sirks, die sich bewusst gegen eine einfache Identifikation mit dem Paar sträubt, macht die ästhetische Qualität des Films aus.
Die Schauspielerin Dorothy Malone erhielt 1957 für ihre Rolle der Marylee einen Oscar als beste Nebendarstellerin.» (Arte Presse)

Yorokobi mo kanashimi mo ikutoshitsuki

(Monate und Jahre in Freuden und Schmerz), Regie:   Keisuke Kinoshita, Japan - 1957
Regisseur: Keisuke Kinoshita - Drehbuch: Keisuke Kinoshita - Darsteller: Hideko Takamine Kiyoko Arisawa - Keiji Sada Shiro Arisawa - Katsuo Nakamura Kotaro - Takahiro Tamura Mr. Nozu -
Kritiken : "(…) In diesem Film wird sehr oft geweint. In der Szene, in der Kiyoko [Hideko Takamine], die kranke Frau des Leuchtturmwärters Shirô [Keiji Sada], in Ishikari auf der Insel Hokkaidô stirbt, wird die Trauer in hohem Maße übersteigert und viele Tränen werden vergossen – obwohl Keiji Sada und Hideko Takamine durchaus Schauspieler sind, die tiefe Gefühle ohne große Gesten darstellen können. (…) Was westliche Ausländer bei japanischen Filmen am seltsamsten finden, ist gerade das Phänomen, daß die Protagonisten oft weinen. (…) Auch uns Einheimischen kommt der Film in dieser Hinsicht etwas übertrieben vor. Haben wir es trotzdem mit einer überlegten Inszenierung von Kinoshita zu tun, der ja mit der Psyche des japanischen Publikums vertraut ist? (…) Alle Charaktere – nicht nur das junge Leuchtturmwärter- Ehepaar, dessen Liebesgeschichte in der ländlichen, romantischen Landschaft beginnt – sind äußerst eindrucksvoll dargestellt, auch wenn sie nur kurze Auftritte haben. Trotz der Vielzahl von Figuren ist der dramaturgische Aufbau lediglich auf die beiden Hauptpersonen konzentriert: Fünfundzwanzig Jahre lang [von 1932 bis 1957], seit sie einander geheiratet haben, ziehen Kiyoko und Shirô von Leuchtturm zu Leuchtturm [um Arbeit und Unterkunft zu finden]. Ein solches Leben bedeutet, viele Schwierigkeiten ertragen zu müssen. Die starke Bindung des Ehepaars wird durch das ausgezeichnete Spiel von Keiji Sada und Hideko Takamine überzeugend zum Ausdruck gebracht. (…) Hideko Takamine spielt die Ehefrau, die ihren Mann unterstützt. Sie meistert die schwierige Rolle, indem es ihr gelingt, das Innenleben Kiyokos zu visualisieren. Gleichzeitig paßt sie sich mit ihrer Darstellungskunst dem natürlichen Fluß des Dramas an. Die Filmheldin kann nicht mit ansehen, daß ihre Kinder [ihre Tochter Yukino und ihr Sohn Kôtarô] auf einer südlichen Insel [einer der zahlreichen Stationen ihres Wanderlebens] keine Freunde finden und einsam sind. Mit ihnen will sie die Insel verlassen und zu einem Heim für Angehörige von Leuchtturmwärtern ziehen. Ihr Mann ist von diesem Entschluß sehr enttäuscht. Die Harmonie in der nahezu ideal erscheinenden Beziehung der Eheleute wird gestört. Die Szene, in der das Vertrauen zwischen beiden wieder hergestellt wird, besticht durch eine zarte, emotionale Qualität, die auf die individuelle Inszenierung des Regisseurs und das nuancenreiche Spiel der beiden Darsteller zurückzuführen ist. Die Ehefrau, die ihren Mann liebt und sich hingebungsvoll um ihn kümmert, tritt ihm jedoch in ihrer Rolle als Mutter entschieden entgegen. Zwar verzichtet sie zuerst darauf, fortzugehen, überredet aber ihren Mann später, sie und ihre Kinder von der Insel wegziehen zu lassen. Als er gegen die Heirat der Tochter ist, gelingt es ihr, ihn umzustimmen, so daß dem Glück der Braut nichts mehr im Wege steht. Hideko Takamine verkörpert auf diese Weise eine starke Mutter. Seit NIHON NO HIGEKI (Eine japanische Tragödie, 1953) beschäftigte sich Kinoshita wiederholt und unermüdlich mit dem Bild der liebevollen japanischen Mutter aus dem einfachen Volk, die sich aufopfert. In YOROKOBI MO KANASHIMI MO IKUTOSHITSUKI ist die formale Hauptfigur der Ehemann, der Leuchtturmwärter. Der Schwerpunkt der Inszenierung liegt jedoch auf dem Schattendasein der Ehefrau, vor allem auf ihrer Rolle als Mutter. (…) Der Anziehungskraft und Schönheit des monumentalisierten, erhabenen Mutterbildes kann niemand widerstehen. Kinoshita ist ein Regisseur, der einen Blick für das Wesentliche hat." Manjirô Mori in: Kinema Jumpo (Tôkyô), Nr. 187, Oktober 1957. Aus dem Japanischen übersetzt von Kayo Adachi-Rabe.

Zur Chronik von Grieshuus

(Um das Erbe von Grieshuus, Junker Hinrichs verbotene Liebe), Regie:   Arthur von Gerlach, Deutschland - 1924
Produktion: Universum-Film AG (UFA), Berlin - Regisseur: Arthur von Gerlach - Drehbuch: Thea von Harbou - Story : Theodor Storm - Kamera: Fritz Arno Wagner - Architekt: Robert Herlth - Hans Pölzig - Walter Röhrig - Darsteller: Lil Dagover - Rudolf Forster - Paul Hartmann - Max Knaacke - Rudolf Rittner - Gertrud Welcker Gesine -
Inhaltsangabe : Im 17. Jahrhundert auf Schloß Grieshuus in Holstein: Der alte Burgherr hat seinen Sohn Hinrich zum Erben bestimmt, während der jüngere Sohn Detlef in der Stadt Jura studiert. Als eines Tages Bärbe, die Tochter des Leibeigenen Owe Heiken von Soldaten überfallen wird, kann Hinrich sie retten. Er verliebt sich in sie und will sie gegen den Willen des Vaters heiraten. Doch während dieses Streits stirbt der Vater. Nun beginnt der Kampf zwischen den ungleichen Brüdern um das Erbe. Detlef beansprucht Grieshuus und versucht Hinrich und Bärbe auseinander zu bringen. Bärbe, die schwanger ist, bringt durch die Aufregungen das Kind zu früh zur Welt und stirbt. Hinrich erschlägt daraufhin den Bruder und flieht. Der kleine Sohn wird von der Dienerschaft liebevoll großgezogen. Doch immer wieder versucht Gesine, Detlefs Witwe, Grieshuus an sich zu reißen. Da kehrt Hinrich unerkannt in seine Heimat zurück und es gelingt ihm, sein Kind aus den Händen Gesines zu befreien. (zitiert nach Friedrich-Wilhelm-Murnau- Stiftung)
Kritiken : "Thea von Harbou hat unter Anlehnung an die Stormsche Novelle eine straff und streng entwikkelte Filmhandlung geschaffen. Die beiden Söhne des Burgherren von Grieshuus sind verschieden wie Feuer und Wasser: Der eine liebt die Heimaterde, den Heideboden mit den lebendigen Wolken und als edelste Blume Bärbe, eines Instmanns [= Gutstagelöhner] Tochter. Der jüngere hat sich an die Stadt, höfischen Prunk und eine herzlose Gräfin verloren. Der jähe Tod des Burgherren entlädt die feindlichen Spannung zwischen den beiden Brüdern, die sich im Streit um das Erbe ausdrückt. Der Federfuchser benutzt die Heirat des älteren Bruders mit Bärbe, der „Unfreien“, um ihn vom Erbe zu drängen. Doch als er auch die vergiftete Hand nach dem Liebesglück des Bruders ausstreckt, und Bärbe durch seelische Marter im Wochenbett tötet, wird er von dem rächenden Bruder Hinrich erschlagen. (…) Arthur von Gerlach hat mit unbeugsamer Energie eineinhalb Jahre Arbeit an die bildliche Fixierung dieses Stoffes gesetzt. Er hat die besten Stellen der Stormschen Heide mit Heidschnucken und Wolkengesichtern aufgespürt, das feinste, zarteste Licht erlistet und mit seinem Photographen F. A. Wagner in guten Aufnahmen festgehalten. Robert Herlth und Walter Röhrig haben aus dem Babelsberger Ödland die Burglandschaft Grieshuus gemacht, mit Schloß, lebendigem Wasser, Kapelle, Turm und künstlich aufgewellten Hügeln. Dort hat Gerlach das Wesentliche geleistet: Nachtaufnahmen mit Fackellicht und atemberaubender Bewegung. Namentlich die Entführung des Junkers ist ausgezeichnet geglückt. Und wenn dann der unter dem Blutbann flüchtige Vater durch den Geist der toten Mutter, der wie eine blitzende Flamme in der einsamen Heide aufleuchtet, auf die Fährte der Kindesräuber gelenkt wird, da jagen unser Herz, unsere Teilnahme und unsere Augen hinter den gleitenden Bildern her. Noch ein anderer Geist taucht manchmal zwischen den Bildern auf, am unteren Rand, wo die Künstler zu signieren pflegen: der Fritz Langs. Man sieht wieder, wie viel im Film durch Langs Anschauungsweise offenbar klassisch festgelegt ist. (…) Paul Hartmann als der erdgebundene Junker Hinrich hat schon mit der ersten Geste unser Herz gefangen und hält unsere Teilnahme bis zum Ende fest. Daß er Lil Dagover (Bärbe) liebt, und um ihretwillen das Dokument, das ihm das Alleinerbe der Burg sichert, zusammenknüllt und wie einen Spielball in die Luft schleudert, glauben wir ihm und Lil Dagover. Wir sehen es, und gehen darum mit dem Schicksal der beiden mit. (Eine Schwäche des Stoffs ist das frühe Hinscheiden Bärbes. Unsere Spannung bekommt dadurch einen Knacks.) Leider wird unsere reine Freude an der wunderschönen Frau durch allerhand Mätzchen getrübt. Tierliebe als Zeichen weiblicher Güte ist im Film nicht deutsch, sondern – amerikanisch. Sie darf ein bißchen sentimental sein, aber es müssen gute und echte Tiere sein, und deren Liebe und Anhänglichkeit muß sichtbar echt sein. Das Auge des Filmhundes muß an seinem Herren hängen, nicht an der Wurst hinter dem Kurbelkasten. Lil Dagover hat es nicht nötig, sich in Sonnenblumenhainen zu verstecken. Weg damit! Nahaufnahme! Leidenschaft wollen wir im Gesicht sehen, nicht am Rascheln Babelsberger Kunstgärtchen. (…) Es ist gut, daß die Ufa immer wieder den Versuch macht, den großen deutschen Stoff filmisch zu gestalten. (…) Sicher ist, daß wir den internationalen Markt nur erobern, wenn wir unsere Stoffe wirklich gut machen, nicht aber, indem wir uns auf fremden Gebieten tanzbärartig unsicher erproben. Auf dem Weg zur großzügig zusammenfassenden Produktionsleitung ist die (man darf wohl schreiben:) Grieshuus-Sage ein wichtiger Schritt in die Zukunft hinein." C. (Carl) Haensel in: Deutsche Allgemeine Zeitung (Berlin), 14.2.1925. "Um es gleich vorweg zu sagen: eine ungemein saubere Arbeit, filmisch, dramatisch, unter der Mitwirkung bester Darsteller zu einem traumhaft schönen Bilde geformt. Thea von Harbou hat es als Manuskriptverfasserin nicht leicht gehabt, in den Spuren Theodor Storms zu wandeln und dennoch dabei ein wirkungsvolles Filmdrama zu schaffen. Denn die Wesensart der Stormschen Schöpfungen kommt in nichts dem Filmisch- Brauchbaren entgegen, es fehlen Storm die dramatischen Höhepunkte, das Spannende des Werdens, das gerade zu den wichtigsten Lebenselementen des Spielfilms gehört (…) Arthur von Gerlach hat als Regisseur das ganze Werk auf diejenige Stimmung aufgebaut, die aus der Stormschen Novelle zu uns spricht. Man fühlt den Duft, der über der Heidelandschaft liegt, man nimmt mit allen Sinnen den Zauber wahr, der dieses schwermütige Milieu erhellt. Arthur von Gerlach hat das richtige Gefühl für die Schönheit der Landschaft, für das Wirkungsvolle und Einprägsame. Er fand die beste Unterstützung in den beiden Architekten Robert Herlth und Walter Röhrig, die in ihren Bauten die Grundlage schufen, auf der sich die ganze Romantik jener Zeit zeigen und ausleben durfte. Einfach und schlicht ragt das düstere Gemäuer des einsamen Turms in die Landschaft, geisterhaft gespenstisch sind die Wandelgänge und Innenräume der Burg, in der mehr Unglück als Freude haust. (…) In gewolltem Gegensatz sind hierzu die Kostüme der Gruppe um Detlef gestellt, prächtige Erinnerungen an Gemälde des Rubens, an seine Helene Fourment und einige Fürstengestalten. Gertrud Welcker weiß ihr Kleid mit Würde zu tragen. Sie ist hochmütig, abweisend, verletzend mit jedem Blick. Rudolf Forster, ihr Partner, steht ihr an Hochmut nicht nach. Sprühendes Leben dagegen gibt Paul Hartmann als Junker Hinrich. Freudig, kraftstrotzend, weich in der Liebe und hart im Kampf, jauchzend im Glück und resigniert im Leid. Noch stärker als er wirkt Lil Dagover. Ihre schlichte Schönheit, die Anmut ihrer Erscheinung und ihr ungekünsteltes Spiel sind Waffen, mit denen sie immer siegreich die Szene beherrscht. Der Ufapalast hat mit aller Sorgfalt diesen Film herausgebracht, indem er durch entsprechende Ausschmückung der Außenfront und des Vestibüls sowie durch die stimmungsvolle Begleitmusik die beim Publikum nötige Stimmung schon durch diese äußeren Zutaten zu erwecken und wachzuhalten versuchte. Die Premierenbesucher nahmen den Film mit all der Wärme und dem lebhaften Beifall auf, die dieses Werk kraft seiner inneren Schönheit tatsächlich verdient. Darsteller und Regisseur wurden nach den Aktschlüssen immer wieder vor den Vorhang gerufen. Es war ein voller Erfolg." Dr. K. M. in: Lichtbild-Bühne (Berlin), Nr. 7, 14.2.1925. "(…) Es gibt Bilder von berückender Schönheit. Und kaum eines, in dem man die herbe, schwermütige Luft der Heide nicht fast körperlich einatmet. Seine (i.e. Arthur von Gerlachs) Heide lebt. Sie lächelt, sie zürnt, sie droht, sie liebt, sie schlummert, sie mordet. Mehr als einmal wirkt sie lebendiger als die Menschen, die in ihr agieren. Und mit einem prachtvollen Einfühlungsvermögen haben die Architekten Herlth und Röhrig aus der graubraunen in der Blüte grauvioletten Heide die uralten moosgrauen Gebäude hervorwachsen lassen, als ob das ungeheure Alter das Gemäuer ganz mit Heideluft und Heidesäften durchtränkt aus ihm selbst ein Stück Heide gemacht hätte. Da ist Grieshuus, die Burg: breit, stark, schmucklos hingelagert, "baven de Heidkul", wie es in der Chronik heißt: mit den engen gespenstischen Gängen, den modrigen Treppen, mit seiner steinkalten, weiten, dunklen Burghalle. Da ist die uralte Dorfkirche, deren Patron der Herr auf Grieshuus ist: ein vollendet assimiliertes "organisches" Ganzes aus verschiedenen Stilarten; von der Gotik der Friedhoffront bis zum Barock der hölzernen, geschnitzten Patronatskanzel. Da sind die Strohkaten mit ihren Bienenkörben und Sonnenblumen, und weiter draußen in der Heide blühen die bienenumsummten Wachholderbüsche, der "Wachandelboom", das mystische Gesträuch der deutschen Sage, aus dessen Flammen der Märchenvogel Kywitt sich auffschwingt. Sie alle sind von altersher umwittert von den Gespenstern des Bruder-, des Kindes- und Vatermordes, und etwas von diesem gespenstischen Hauch weht auch um die Naturbauten dieser beiden einzigartigen Architekten (– auch ein gutes Stück der Heidelandschaft ist nämlich "gebaut"). Und manchen Personengruppen – etwa den Kirchgängern, dem Begräbniszug – wußte der Regisseur die keusche, reine Stilisierung altfriesischer Kirchenfenstermalerei zu geben. Das alles ist allerersten Ranges. Und in diesen Rahmen fügt sich die Darstellung im ganzen höchst harmonisch, wenn auch gewisse Dehnungen, und, wie hinzugefügt werden muß, schwankende, innerlich unsichere Dehnungen der Spielregie nicht unerwähnt bleiben sollen. Vor allem gibt Rittner einen erschütternden Owe Heiken, der in jeder Bewegung zu Herzen geht: und seine Partnerin, die Matten (Gertrud Arnold) ist schon physiognomisch eine gotische Maske von eherner Großartigkeit. Überhaupt ist das Physiognomische die stärkste Detailleistung der Regie: ein Muster dafür ist das spitzige, eckige à-la-Mode-Paar Rudolf Forster und Gertrud Welcker, bis ins kleinste Gesichtsfältchen stilecht, wie einem zeitgenössischen Gemälde soeben entstiegen. Die beiden Hauptpersonen nun habe ich seit Knabenjahren etwas anders im Gedächtnis. Dafür kann der Regisseur nichts – ich aber auch nicht. So z. B. lebt der Junker Hinrich in mir als ein Kerl mit einem riesigen buschigen Schnauzbart, und es ist allerdings nicht ganz leicht vorzustellen, daß ein Krautjunker jener Tage sich ausrasiert hätte. Und sein Gespons Bärbe dachte ich mir immer ganz hellblond, vielleicht rotblond, wie eben Friesenmädchen meist aussehen (– es steht übrigens auch im Buche so, glaube ich). Nun ist aber Hartmann als Junker Hinrich so feurig und bildschön und zweifellos mädchenherzerfreuend, und Lil Dagover so sanft und lieblich und poetisch und publikumswirksam, daß gerade sie sicherlich am allerbesten gefallen haben und auch am besten gefallen werden; und schließlich ließe es sich sogar aus der Novelle selbst begründen, daß diese Bärbe, die von halb-unbekannter, vielleicht adeliger Herkunft ist, gar nicht dem Stamme der Heidebewohner angehört. Bliebe noch das Manuskript von Thea v. Harbou. Es ist außerordentlich geschickt, außerordentlich effektvoll, sozusagen "bühnenwirksam". Sie ist eine fabelhafte dramaturgische Technikerin, darüber kann gar kein Zweifel herrschen. Das kann nur jemand würdigen, der zuzeiten selbst sich einmal praktisch versucht hat. Diese einfache, durchsichtige, kontinuierliche Führung diese Steigerung am Schluß des zweiten Kapitels – –. Daran könnten unsere Dramaturgen alle, wie sie da sind, handwerklich eine ganze Masse zulernen. (…) „Willy Haas), Film-Kurier, Nr. 37, 12.2.1925"
Anmerkungen: ZUR CHRONIK VON GRIESHUUS wurde nach seiner Uraufführung 1925 gekürzt. Kurz danach veröffentlichte die Ufa zwei weitere Kurzversionen des Films unter den Titeln UM DAS ERBE VON GRIESHUUS und JUNKER HINRICHS VERBOTENE LIEBE, die alternativ verfügbar waren. Eine in den USA verbreitete Version war ebenfalls Kürzungen unterlegen. Die Restaurierung versucht, sich dem ursprünglichen Charakter des Films anzunähern. Grundlage war ein im Bundesarchiv–Filmarchiv Berlin/Koblenz verwahrtes Originalnegativ des Films. Ergänzend wurden ein Dup-Negativ der US-Version, ebenfalls aus dem Bundesarchiv–Filmarchiv, sowie die Partitur von Gottfried Huppertz aus der Sammlung des Filmmuseums Berlin–Deutsche Kinemathek, herangezogen. Anhand dieser Quellen und der im Originalnegativ erhaltenen Einstellungsnummern der Cutter wurden im Laufe der Zeit entstandene Schnittfehler korrigiert. Fehlende Teile konnten durch die US-Version ergänzt werden. Das Originalnegativ weist Blitztitel unterschiedlicher Typographie auf, die offenbar für die verschiedenen Versionen hergestellt wurden. Durch die Merkworte der Huppertz-Partitur war eine Identifizierung der frühesten Typographie möglich. Auf ihrer Grundlage wurden alle Zwischentitel neu hergestellt. Die Restaurierung des Films fand 2004 /2005 in Zusammenarbeit von Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden und Bundesarchiv–Filmarchiv Berlin / Koblenz statt. L’Immagine Ritrovata, Bologna war für die technische Realisierung zuständig. Anke Wilkening, Friedrich-Wilhelm-Murnau- Stiftung, Wiesbaden.

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