Karlsruhe - Filmfestival 2005

16. Stummfilm-Festival Karlsruhe

11. - 13. November, 2005

"Es wäre logischer gewesen, wenn sich der Stummfilm aus dem Tonfilm entwickelt hätte, als umgekehrt."
"It would've made more sense if silent film developed from sound film instead of the other way around"
Mary Pickford

Reihe: Retrospektive

A night in the show

(Ein Abend im Varieté, Eine Nacht im Varieté), Regie:   Charles Chaplin, USA - 1915
Produktion: Essanay Film Manufacturing Company - Verleih: The General Film Company, Inc. - Produzent: Jess Robbins (AKA Jesse T. Robbins) - Regisseur: Charles Chaplin - Regieassistent: Ernest Van Pelt - Drehbuch: Charles Chaplin - Kamera: William C. Foster - Harry Ensign (/xx/) - Darsteller: Lloyd Bacon Man in Balcony (/xx/) - Roland H. Totheroh (/xx/) - Carrie Clark Ward Lady in Audience with Ostrich Plume Hat (/xx/) - Wesley Ruggles Second Man in Balcony Front Row (/xx/) - Charlotte Mineau Lady in the Stalls (/xx/) - Charles Inslee Tuba Player (/xx/) - Fred Goodwins Gentleman in Audience (/xx/) - Frank J. Coleman First in Line (/xx/) - George Cleethorpe Man Behind Bead Lady (/xx/) - Lawrence A. Bowes Ticket Taker / In Balcony (/xx/) - Phyllis Allen Lady in Audience (/xx/) - May White Fat Lady and Snake Charmer (/xx/) - Leo White Frenchman / Negro in Balcony (/xx/) - John Rand Orchestra Conductor (/xx/) - Edna Purviance Lady in the Stalls with Beads (/xx/) - Paddy McGuire Feather Duster / Clarinet Player (/xx/) - Dee Lampton Fat Boy (/xx/) - James T. Kelley Trombone Player and Singer (/xx/) - Bud Jamison Man in Balcony (uncredited - Charles Chaplin Mr. Pest / Mr. Rowdy - in the Balcony -

Asphalt

Regie:   Joe May, Deutschland - 1929
Produktion: Ufa - Produzent: Erich Pommer - Joe May - Produktionsleiter: Max Pfeiffer - Regisseur: Joe May - Drehbuch: Joe May - Hans Székely - Rolf E. Vanloo - Nach einer Vorlage von: Rolf E. Vanloo - Kamera: Günther Rittau - Hans Schneeberger Aussenaufnahmen - Musik: Karl-Ernst Sasse (Neue Musik - 1995) - Architekt: Erich Kettelhut - Robert Herlth - Walter Röhrig - Kostümbild: René Hubert - Darsteller: Rudolf Meinhard-Jünger - Kurt Vespermann - Hermann Vallentin - Hans Adalbert Schlettow - Rosa Valetti - Hans Albers - Albert Steinrück Hauptwachtmeister Holk - Karl Platen - Trude Lieske - Paul Hörbiger - Else Heller HWM' Holks Frau - Gustav Fröhlich Wachtmeister Holk - Arthur Duarte - Betty Amann Elsa Kramer -
Inhaltsangabe : Albert Holk (Gustav Fröhlich), Sohn des Hauptwachtmeisters Holk (Albert Steinrück), ist als Berliner Schutzmann in die Fussstapfen seines Vaters getreten. Meist arbeitet er als Verkehrspolizist auf dem Kurfürstendamm. Eines Tages soll er die ertappte Juwelendiebin Else Kramer (Betty Amann) auf die Wache bringen. Der raffinierten jungen Frau gelingt es jedoch, den braven Schutzmann zu verführen, damit er sie nicht einliefert. Als er sie später in ihrer Luxuswohnung aufsucht, gerät er an ihren kriminellen Galan (Hans Adalbert Schlettow) und erschlägt ihn. Er gesteht seinen Eltern, was er getan hat; der Vater bringt ihn daraufhin zur Polizei, wo die reuige Sünderin ihn durch ein überraschendes Geständnis rettet. (ARD Presse)
Kritiken : "Ein junger Berliner Verkehrspolizist überführt auf frischer Tat eine attraktive Brillantendiebin. Statt sie anzuzeigen, erliegt er ihren raffinierten Verführungskünsten … Für den flirrenden Großstadtfilm mit Gustav Fröhlich und Betty Amann wurden im Ufa-Atelier Babelsberg ganze Straßenzüge nachgebaut. Ein künstlerischer Höhepunkt des späten Stummfilmschaffens in Deutschland." (www.cinefest.de)
Anmerkungen: "Lange Zeit war "Asphalt" nur in einer gekürzten und teilweise umgeschnittenen amerikanischen Fassung überliefert. Das in Moskau wiedergefundene Original wurde in den 90er Jahren unter Beteiligung der ARD von der Deutschen Kinemathek in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv restauriert und mit einer neuen Orchestermusik versehen. Zum Opfer gefallen waren der Kürzung vor allem die Strassenszenen, für die "Asphalt" als eine hinreissende Darstellung Berliner Grossstadtlebens gefeiert wurde. Im Babelsberger Studio der Ufa wurden seinerzeit für die aufwändige Produktion am Ende der Stummfilmära mehrere hundert Meter Kurfürstendamm nachgebaut und mit vielen Fahrzeugen und einem Heer von Passanten belebt, unter denen sich auch Hans Albers und Paul Hörbiger als erfolgreiche Taschendiebe bewegten. Aus diesen Bildern pulsierenden Grossstadtlebens entwickelt sich eine kolportagehafte Handlung um eine "Carmen am Kurfürstendamm", wie es ein Kritiker 1929 formulierte. Die schöne Amerikanerin Betty Amann wurde damit ein Ufa-Star. 1933 floh sie heim nach Amerika, ihr Entdecker, der grosse Produzent Erich Pommer, und ihr erster Regisseur, Joe May, folgten ihr als Emigranten. Das war zugleich das Ende des "deutsch-amerikanischen Filmkriegs" und der Bemühungen der Ufa, als letzte grosse europäische Konkurrenz gegen Hollywood zu bestehen. " (ARD Presse)

Behind the screen

(Hinter den Kulissen, Hinter der Leinwand), Regie:   Charles Chaplin, USA - 1916
Produktion: Lone Star Mutual - Verleih: Mutual Film - Produzent: Charles Chaplin - Henry P. Caulfield - Regisseur: Charles Chaplin - Drehbuch: Charles Chaplin - Nach einer Vorlage von: Charles Chaplin - Kamera: William C. Foster - Roland H. Totheroh - Schnitt: Charles Chaplin - Art Department: George Cleethorpe - Darsteller: Lloyd Bacon Director of Comedies - Frank J. Coleman Assistant Director - Henry Bergman Director of History Film - Eric Campbell Goliath - a Stagehand - Charles Chaplin David - The Stagehand's Assistant - James T. Kelley Cameraman - Tom Wood Actor - Wesley Ruggles Actor - Leota Bryan Actress - Leo White Stagehand - John Rand Stagehand - Albert Austin Stagehand - Edna Purviance The Girl - Charlotte Mineau Actress -

Die Strasse

Regie:   Karl Grune, Deutschland - 1923
Produktionsleiter: Willy Lehmann - Regisseur: Karl Grune - Drehbuch: Ludwig Meidner - Julius Urgiss - Karl Grune - Story : Carl Mayer - Kamera: Karl Hasselmann - Walter Weisse - Architekt: Karl Görge AKA Karl Görge-Prochaska - Ludwig Meidner - Darsteller: Leonhard Haskel Herr aus der Provinz - Lucie Höflich Frau - Eugen Klöpfer Mann - Aud Egede-Nissen Dirne - Max Schreck Blinder - Hans Trautner Bursche - Anton Edthofer Zuhälter -

Piccadilly

(Nachtwelt), Regie:   E.A. Dupont, Grossbritannien - 1928
Regisseur: E.A. Dupont - Drehbuch: Arnold Bennett - Kamera: Werner Brandes - Musik: Neil Brand - Walter (I) Hirsch - Eugene Contie - Schnitt: J.W. McConaughty - Architekt: Alfred Junge - Darsteller: Gilda Gray Mabel Greenfield - King Ho-Chang Jim - Hannah Jones Bessie - Charles Laughton Gast im Nachtclub - Ray Milland Clubbesucher - Charles Paton Portier - Ellen Pollock Vampir - Cyril Ritchard Victor Smiles - Jameson Thomas Valentine Vilmot - Anna May Wong Sho-Sho -
Inhaltsangabe : Valentine Wilmot ist Besitzer des Londoner Szene-Nachtclubs "Piccadilly". Seine Freundin Mabel war einst die Attraktion des Hauses, doch ist sie mittlerweile zu alt für den Job geworden und ihr Partner Victor zur Hauptattraktion avanciert. Eines nachts gibt es im "Piccadilly" einen Aufruhr. Die Gäste beschweren sich, weil das gesamte Personal gebannt den improvisierten Tanz der jungen chinesischen Angestellten Sho-Sho verfolgt. Sho-Sho wird daraufhin entlassen. Als Victor London verlässt und nach Amerika geht, tritt Mabel in einer Solo-Show auf. Doch die Zuschauer sind sichtlich gelangweilt. Valentine muss etwas tun, um das Image seines Nachtclubs zu retten. Er sucht Sho-Sho auf und bietet ihr eine Stelle als Tänzerin an. Ihr erster Auftritt wird ein Riesenerfolg. Das Publikum tobt vor Begeisterung. Mabel spürt, dass ihre junge Konkurrentin besser ankommt und sich auch Valentine Sho-Shos Charme nicht entziehen kann. Eines Abends bestellt Sho-Sho Valentine in ihre Wohnung. Sie gibt seinem Drängen nach und beginnt eine Affäre mit ihm. Mabel, die davon erfährt, fleht Sho-Sho an, ihr Valentine zurückzugeben. Es kommt zu einem Wortgefecht. Am nächsten Tag wird Sho-Sho tot aufgefunden. Als erster gerät Valentine unter Verdacht. Der Mordfall wird zu einem großen Skandal in London... (arte Presse)
Anmerkungen: "Ewald André Duponts Film "Piccadilly - Nachtwelt" ist ein für das Kino der 20er Jahre besonders gelungenes Beispiel filmischer Kunstfertigkeit. Bereits die Anfangseinstellung zeigt ein außergewöhnliches visuelles Gespür in den Kamerabewegungen, im Schnitt und in der Verwendung von Spiegeln, Schatten, Gläsern und schimmernden Oberflächen. Das Ergebnis ist von extremer Dynamik. Die unterschiedlichen Atmosphären des glitzernden Nachtclub-Tanzsaals sind treffend eingefangen. Als der Held sich in das chinesische Viertel Limehouse wagt, betritt er eine verstörend fremde, geheimnisvolle Welt. In "Piccadilly - Nachtwelt" gibt Charles Laughton in einer kleinen Rolle sein Debüt als Filmschauspieler. Anna May Wong kreierte in diesem Film ähnlich wie Louise Brooks in "Die Büchse der Pandora" von G. W. Pabst einen neuen Typ des Vamps. Ewald André Dupont (1891-1956) arbeitete zunächst als Redakteur und Filmkritiker der "Berliner Morgenpost" und der "Berliner Allgemeinen Zeitung", bevor er 1916 die ersten Drehbücher, u. a. "Mein ist die Rache" (Regie: Rudolf Meinert), schrieb. Bekannt wurde Dupont in Deutschland mit "Die Geier-Wally" (1921) und "Das alte Gesetz" (1923). "Varieté" (1925) brachte ihm erstmals internationale Anerkennung. In Amerika wurde der Film ein Kassenschlager und war seinerzeit einer der größten Erfolge des deutschen Films in den USA. Von der US-Fachzeitung "Film Daily" wurde Dupont seit diesem Zeitpunkt in der Liste der "10 best directors" geführt. Von 1916 bis 1932 schrieb und inszenierte Dupont an die fünfzig Filme, den überwiegenden Teil realisierte er in Deutschland, drei Filme entstanden in Großbritannien, einer in den USA. Etwa drei Viertel dieses Werkes sind verschollen oder nur fragmentarisch erhalten. " (Arte Presse)

The Pawnshop

(Das Pfandhaus, Charlie als Pfandleiher, Das Pfandleihhaus), Regie:   Charles Chaplin, USA - 1916
Produktion: Lone Star Corporation - Verleih: Mutual Film - Produzent: Charles Chaplin - Henry P. Caulfield - Regisseur: Charles Chaplin - Drehbuch: Charles Chaplin - Kamera: William C. Foster - Roland H. Totheroh - Darsteller: John Rand Pawnshop Assistant - Wesley Ruggles Client with Ring - Frank J. Coleman Policeman - Charlotte Mineau Customer - Albert Austin Customer - Edna Purviance His Daughter - James T. Kelley An Old Actor - Charles Chaplin The New Employee - Eric Campbell A Thief - Henry Bergman The Pawnbroker -

Varieté

Regie:   E.A. Dupont, Deutschland - 1925
Produktion: Universum-Film AG (UFA), Berlin - Verleih: Paramount Pictures, Inc. (USA) - Universum-Film AG (UFA), Berlin - Produzent: Erich Pommer - Regisseur: E.A. Dupont - Drehbuch: Leo Birinski - Thea von Harbou - E.A. Dupont - Nach einer Vorlage von: Friedrich Holländer novel - Kamera: Karl Freund - Carl Hoffmann - Schwenker: Robert Baberske - Musik: Ernö Rapée - Architekt: Alfred Junge - Oscar Friedrich Werndorff - Spezialeffekte: Ernst Kunstmann - Optische Effekte: Eugen Schüfftan trick photography - Darsteller: Warwick Ward Artinelli - Alfred Abel (--??--) - Leo Birinski - Georg Baselt - Alex Hyde and His Original New York Jazz Orchestra Alex Hyde and His Original New York Jazz Orchestra - Die Drei Codonas Die Drei Codonas - Enrico Rastelli Enrico Rastelli - Trude Hesterberg Zuschauerin im Varieté - Lya de Putti Bertha-Marie - Maly Delschaft Frau Huller - Paul Rehkopf Zuschauer auf dem Jahrmarkt - Kurt Gerron Hafenarbeiter - Charles Lincoln Spanischer Artist - Georg John Matrose - Emil Jannings Boss Huller - Alice Hechy -
Kritiken : "Varieté gehört zu den unbestrittenen Klassikern der Filmkunst. Es ist die Geschichte eines zum Jahrmarktsakrobaten heruntergekommenen Trapezkünstlers, der ein junges Mädchen aus fernem Land zur Partnerin gewinnt und mit ihr von einem internationalen Star für eine Bravournummer verpflichtet wird. Es kommt zur üblichen Dreiecksaffäre mit Verführung und Eifersuchtsmord. Der Verurteilte erzählt - in einer Rahmenhandlung - dem Gefängnisdirektor sein Leben, und schon hier setzt Dupont verblüffende Bildsymbole.

Zu den Höhepunkten des Films gehören die Einstellungen der Kamera Karl Freunds auf die Zuschauermenge im Parkett mit ihrer zunehmenden Erregung. Die Dramatik von Schwarz und Weiss - von dunklem Untergrund lösen sich die weissen Artistengestalten - hat kein Farbfilm je wieder auch nur annähernd erreichen können. Und schliesslich ist die schauspielerische Leistung von Jannings zu nennen, dessen berühmtes Plüschauge beredter ist als jedes Wort." (Kommunales Kino, Freiburg)

"Jeder erinnert sich an die aussergewöhnlich packende Atmosphäre des Films, die nicht alleine auf das Konto des talentierten Kameramanns Werner Brandes und des ebenso begabten Ausstatters Alfred Junge geht. Die schöpferische Kraft Duponts ist hier unübersehbar. Er hat diesen Film in einem besonderen Stil gedreht: seine Einstellungen scheinen oft von innen her gesehen zu werden. Es ist ein Effekt der umgekehrten Perspektive, durch den ein weit entferntes Objekt anstatt kleiner grösser erscheint. Dupont zieht den Zuschauer mehr und mehr in die Atmosphäre seines Films. Die umgekehrte Perspektive zerstört keineswegs den realistischen Gesamteindruck, sondern verstärkt ihn sogar noch, indem sie NACHTWELT einen vage orientalischen Anstrich verleiht, der sich wunderbar mit dem hübschen Gesicht von Anna May Wong verträgt." (Umberto Barbaro: Il cinema tedesco; Editori Riuniti, Rom 1973)