Woody-Allen-Films an. Wenn der Meister dann höchstpersönlich Ratschläge wie ì
«Never trust a naked bus driver» vom Stapel lässt, fühlt man sich in die ì
Jugend des alten Stand-up-Comedians zurückversetzt. Die Romantic Comedy ì
kreist aber ausnahmsweise nicht um den mittlerweile achtundsechzigjährigen ì
Stadtneurotiker, der hier den Gagschreiber und Kunstlehrer David Dobel ì
abgibt, sondern um dessen Kollegennachwuchs Jerry Falk (Jason Biggs) und ì
seine neurotische Beziehung zu Amanda (Christina Ricci). Romantisch soll die ì
Komödie dadurch werden, dass sie das Abc der romantischen Liebe ì
durchbuchstabiert, voran den festen Glauben an die Liebe auf den ersten ì
Blick. Die wiederum kennt hier keine festen Spielregeln - jedenfalls für die ì
zickige Amanda, die sich dem verzweifelten Jerry im Bett verweigert, ihre ì
Mutter nebst Konzertflügel in die gemeinsame Wohnung einquartiert und ì
ungehemmt den immer wieder aufblühenden Regungen der ersten Liebe nachgibt.
Zwischendurch trifft sich Jerry mit seinem Mentor Dobel auf der Parkbank oder ì
beim Spaziergang im Central Park, um Klarheit in sein brachliegendes Arbeits- ì
und in sein zerrüttetes Liebesleben zu bringen. Mit Jason Biggs aus «American ì
Pie» hat sich Woody Allen - nach Kenneth Branagh für «Celebrity» - ein neues, ì
wesentlich jüngeres Alter Ego zugelegt und scheint Bereitschaft zu ì
signalisieren, die Fackel an den Nachwuchs weiterzureichen. Nur, als ì
Vaterfigur taugt der Narziss aus Manhattan kaum: Er kennt sich in der Szene ì
der heute Zwanzigjährigen wenig aus und spult im Wesentlichen sein ì
Allen-Zutaten-Kino ab mit Familie, Psychiatercouch, Holocaust; er schneidet ì
als einzige Innovation das zeitgeistige Thema «Recht auf Selbstverteidigung» ì
an und fällt damit allen Gewaltgegnern in den Rücken. Da bleibt für den allzu ì
durchschnittlichen, auch etwas langweiligen Ziehsohn Jerry und die Romantic ì
Comedy wenig übrig. Für Woody-Allen-Fans mag es hin und wieder etwas zu ì
lachen geben, doch die lebensphilosophische Grundierung von «Anything Else» - ì
dass das Leben sich nicht wesentlich von anderen Dingen unterscheide - liegt ì
einem als Gag schon schwer genug im Magen. (Marli Feldvoss, NZZ 5.12.2003)