Rosenstrasse


Szenenfoto aus dem Film 'Rosenstrasse' © Production

Germany, 2003

Director: Margarethe von Trotta
Scenario: Pam Katz, Margarethe von Trotta
Director of Photography: Franz Rath
Editor: Corinna Dietz
Art Director: Heike Bauersfeld
Cast: Katja Riemann [Lena Fischer], Maria Schrader [Hannah], Doris Schade [Lena Fischer (90 Jahre)], Jutta Lampe [Ruth Weinstein], Svea Lohde [Ruth (mit 7 Jahren)], Jürgen Vogel [Arthur von Eschenbach], Martin Feifel [Fabian Fischer], Isolde Barth [Mutter Fabian], Carine Crutzen [Mutter Erika], Jan Decleir [Nathan Goldberg], Nina Kunzendorf [Litzy], Jean-Pierre Le Roy [Gerichtsvollzieher], Fritz Lichtenhahn [Vater Fabian], Carola Regnier [Rachel Rosenbauer], Thekla Reuten [Klara Fischer], Lilian Schiffer [Erika], Lilian Schiffer [Miriam Süssmann], Lilian Schiffer [Luis Marquez], Lilian Schiffer [Frau Goldberg], Lilian Schiffer [Joseph Goebbels], Cornelia Lippert, Cornelia Lippert
Category: Feature Film
Technical Details: Ratio: 1:2,35 - Color,Length: 136 minutes
Sound System: Dolby Digital DTS
First Screening: September 18, 2003 in Deutschland

Synopsis in German
Die New Yorkerin Ruth Weinstein (Jutta Lampe) trauert um ihren kürzlich verstorbenen Mann. In ihrem Schmerz besinnt sie sich ganz auf ihre jüdisch-orthodoxe Religion und lehnt daher auch die Heirat ihrer Tochter Hannah (Maria Schrader) mit dem Südamerikaner Luis (Fedja van Huêt) ab. Hannah will ihre Mutter verstehen und fragt eine Cousine nach der Vergangenheit, über die Ruth nie ein Wort verloren hat. So erfährt Hannah, dass Ruth 1943 in Berlin von einer Frau namens Lena Fischer (Katja Riemann) durchgebracht wurde. Um mehr über ihre Mutter herauszufinden, sucht Hannah die greise Lena auf und hört von ihr eine erschütternde Geschichte: Im Kriegsjahr 1943 ist die preußische Adelige Lena glücklich mit dem jüdischen Musiker Fabian (Martin Feifel) verheiratet. Als er von den Nazis verhaftet wird, harrt Lena zusammen mit immer mehr Angehörigen bei Regen und Schnee vor dem Gefängnis in der Rosenstraße aus. Dabei nimmt sie sich der damals achtjährigen Ruth an, deren jüdische Mutter Miriam (Lena Stolze) ebenfalls hierher verschleppt wurde. Die couragierte Lena setzt unterdessen alle Hebel in Bewegung, um Fabian zu befreien und durchläuft, als 'Judenhure' gedemütigt, die gesamte nationalsozialistische Bürokratie. Ihr Bruder (Jürgen Vogel) verschafft ihr sogar eine Einladung zu einer Bonzenparty mit Goebbels (Martin Wuttke). Irgendwann geschieht dann das Unglaubliche: Die Gefängnistore öffnen sich und die Männer, unter ihnen Fabian, sind frei. Nur Ruths Mutter bleibt verschwunden, und so kümmert Lena sich um die Kleine, die schließlich in die USA auswandert... (ARD Presse)

Reviews in German: "Ein Triumph im Wasserglas

«Rosenstrasse» - ein Film von Margarethe von Trotta

«Ich habe mir zum Ziel gesetzt», notiert Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 in sein Tagebuch, «bis Mitte, spätestens bis Ende März Berlin gänzlich judenfrei zu machen. Ich hoffe, dass wir damit auch eine grosse Erleichterung in der psychologischen Lage erreichen.» Neun Tage später wird er eine der letzten umfassenden Razzien innerhalb Berlins veranlassen, in deren Folge auch die in «gemischtrassigen Ehen» lebenden Juden verhaftet und verschleppt werden; der besondere «Schutz», dem die mit Ariern verheirateten jüdischen Ehepartner laut Nürnberger Gesetzen bis dahin noch unterstanden, begann in diesen Tagen im März 1943 zu fallen.

Im Rahmen dieser Razzien geschieht es, dass mehrere hundert «arische» Frauen, deren jüdische Ehemänner in ein Sammellager an der Rosenstrasse 2-4 in Berlin Mitte gebracht werden, während Tagen bei beissender Kälte vor dem streng bewachten Gebäude protestieren und die Rückgabe ihrer Männer verlangen. Nach einer Woche werden die Inhaftierten, die zunächst für eine «Evakuierung in den Osten» vorgesehen scheinen, tatsächlich wie durch ein Wunder freigelassen. Dabei ist es unter Historikern zumindest umstritten, ob der stumm harrende, nur von einzelnen erbitterten Rufen durchzuckte Protest der Frauen («Ich will meinen Mann wieder haben!») tatsächlich - wie es sich die Zeitzeugen erklären - zur Freilassung der Gefangenen geführt hat; oder ob in der Rosenstrasse nicht vielmehr, so etwa die These des Historikers Wolf Gruner, ein Aussiebungsverfahren stattfand, bei dem die «reinen» Juden deportiert und die Juden aus Mischehen deren Arbeitsplätze übernehmen sollten.

Die deutsche Regisseurin Margarethe von Trotta erzählt diese wenig bekannte (aber gut mythisierte) Geschichte des verzweifelten Kampfes der Rosenstrasse-Frauen anhand einer fiktiven Figur, der Pianistin Lena Fischer (Katja Riemann), deren jüdischer Mann Fabian (Martin Feifel) eines Tages nicht mehr von der Arbeit zurückkommt. Mit 1500 anderen Gefangenen auf engstem Raum zusammengepfercht, wartet er im Sammellager anscheinend auf seine Deportation. Währenddessen versucht die einem alten Adelsgeschlecht entstammende Lena fieberhaft, Fabian über die Beziehungen ihrer Familie zu ranghohen SS-Funktionären freizubekommen, wobei sie all ihren Charme, ihre Kraft und ihr musikalisches Talent auf eine Begegnung mit Goebbels (Martin Wuttke) setzt; dieser aber ist - in einer der eindrücklichsten Szenen dieses Films - an einer musikalischen Soiree von der schönen Frau und ihrem Klavierspiel so fasziniert, dass er sich seine schöngeistige Laune nicht mit so niederen Dingen wie inhaftierten Juden verderben möchte, und er weist die Bitte von Lenas Bruder Arthur (Jürgen Vogel) gelangweilt ab.

Während Lena so weiterhin gemeinsam mit Hunderten von anderen Frauen vor dem Sammellager um die Freilassung ihres Mannes bangt, lernt sie die kleine Ruth kennen (Svea Lohde), ein ganz auf sich allein gestelltes Mädchen, das auf die Rückkehr seiner Mutter hofft. Wir wissen, dass Ruths Mutter längst schon deportiert ist, während die Kleine bis zum Schluss noch allein vor den Toren des Gebäudes auf sie wartet, und es ist nicht zuletzt auch dieses Mehrwissen, das den Film so unnötig metaphysiert, ihn mit einem eifrig glänzenden Lack von Tragik glasiert.

Denn Tragik ist nicht das Gefühl des Jetzt, es ist die Farbe des Danach, das kaltnasse Flimmern des Rückblicks, und davon scheint «Rosenstrasse» überfüttert zu sein: Nicht nur werden die historischen Ereignisse um den Frauenprotest von heute aus durch das Drehbuch zu einer stromlinienförmigen Geschichte zusammengeschliffen, der Film verdoppelt diese Perspektive vielmehr noch, indem er eine etwas gekünstelte und unmotivierte, an Dani Levys Film «Meschugge» erinnernde Rahmenhandlung konstruiert: In ihr wird die alternde Ruth (Jutta Lampe) durch den Tod ihres Mannes schockartig von ihren Kindheitstraumata eingeholt und versinkt sprachlos in sich; ihre Tochter Hannah (Maria Schrader), die über die Geschehnisse der Vergangenheit nichts weiss, macht sich deshalb auf die Suche nach der greisen Lena (Doris Schade), um von ihr die Überlebensgeschichte der Mutter zu erfahren.

Wie in fast all ihren Filmen untersucht Margarethe von Trotta auch hier anhand weniger Frauenfiguren das Verhältnis, in dem die grosse und die kleine Geschichte zueinander stehen. Dabei interessiert sie sich nicht dafür, wie die politischen Ereignisse den Alltag der Menschen imprägnieren, sondern wie die Weltgeschichte unvermittelt in ein Leben einfallen und es vor Entscheidungen stellen kann - und ob die Menschen dabei zum Opfer werden oder ob es ihnen gelingt, ihr Schicksal als mehr oder weniger freie Subjekte selbst in die Hand zu nehmen.

In «Rosenstrasse», der gänzlich aus der Sicht der Frauen erzählt wird - und uns deshalb auch nie mehr an historischen Zusammenhängen vermittelt, als die Frauen damals gehabt haben müssen -, ist es eine spontane Reaktion, durch die die Figuren eine kleine Würde «de résistance» behalten: Liebe - und die erzdeutsche, von den Nazis so hochverehrte Tugend der Treue. Es entbehrt so nicht einer gewissen Absurdität, dass deutsche Frauen ausgerechnet zur Deportation vorgesehene Juden durch ein genuin «arisches» Verhalten zu retten vermögen (obwohl von Trotta hier die unsichere historische Faktenlage sehr günstig für die Frauen auslegt).

Dem Film jedoch gelingt es nicht, diese Widersprüche und Brüche, dieses unbändig Raue der Faktizität unter einer abstrakten, beinahe ins Symbolische kippenden Inszenierung aufspringen zu lassen; und auch das latent im Hintergrund drohende Grauen, die gewaltsame Unberechenbarkeit der NS-Bürokratie wie die längst schon mahlende Vernichtungsmaschinerie, dringen nicht - wie etwa in Polanskis «The Pianist» - an die Oberfläche, sondern werden von sich jagenden Happy Ends wie auch von einer liebevollen Retroästhetik zuversichtlich überstrichen. Dass der Triumph der Frauen in der Rosenstrasse die Zahl der nicht geretteten Opfer nur in umso groteskerem Licht erscheinen lässt, wird diesem Film selbst nicht bewusst. (Alexandra Stäheli in NZZ, 23. September 2003)




Warme Blicke auf die Nazizeit

Allgemein Menschliches, allzu gemein Menschliches: Diskussionen um Margarethe von Trottas Film "Rosenstraße"

Wolfgang Benz, der Leiter des Instituts für Antisemitismusforschung, hat der Regisseurin Margarethe von Trotta in der SZ vorgeworfen, mit ihrem Film "Rosenstraße" Geschichte verfälscht darzustellen. Das widerspreche dem erklärten Anspruch des Films, wolle von Trotta doch zeigen, was sich im Februar und im März 1943 in der Berliner Rosenstraße zutrug. Im Gebäude des jüdischen Wohlfahrtsamts wurden damals jüdische Deutsche interniert, ihre nichtjüdischen Ehepartnerinnen protestierten, und am Ende wurden die Internierten nicht deportiert, sondern freigelassen. Zweifelhaft ist für Benz unter anderem, ob die Freilassung - wie es der Film suggeriert - als Folge des Protests zu sehen ist. Als "Geschichtsklitterung" beklagt der Historiker zudem einen Auftritt der Filmheldin bei Goebbels, und in der Tat hat diese fiktive Begegnung vieles, was einem in viel Seife weich gespülten bürgerlichen Trauerspiel enstammen könnte.

Margarethe von Trotta hat ihren Film unterdessen im BR verteidigt: "Im Vorspann des Films steht nur: Die Ereignisse haben wirklich stattgefunden. Die Ereignisse sind die Frauen, die dagestanden haben und Mut bewiesen haben. Warum die freigekommen sind, das kann weder Herr Benz sagen noch irgendein anderer Geschichtler. Da gibt es nämlich wirklich keine überzeugenden Dokumente."

In der ihrem Metier eigenen Logik haben beide Recht: der Historiker, insofern er komplexe Fakten überschaut, von einfachen Kausalbeziehungen nichts hält und daher jede Reduktion beklagen muss. Und die Filmemacherin, insofern sie sich nicht damit aufhalten möchte, die Bruchstücke von Geschichten abzubilden. Ihr ist es um eine Geschichte zu tun, um eine überzeugende, packende zumal. Nicht leichter wird es, wenn jeder Hinweis, ein Film beruhe auf wahren Begebenheiten, als Teil einer narrativen Strategie zu verstehen ist. "Based on the true facts" lässt sich umstandslos mit "Es war einmal _" übersetzen.

Was dabei im Fall von "Rosenstraße" ein Problem darstellt, ist von Trottas Perspektive: Es ist ein warmer Blick, den sie auf die Ereignisse wirft. Es geht von Trotta weniger darum, die historischen Ereignisse zu durchdringen, als darum, ihnen das allgemein Menschliche abzugewinnen. Doch genau dieses allgemein Menschliche hat sich im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus so grundlegend diskreditiert, dass seine filmische Ausschmückung fragwürdig wird - zumal dann, wenn man keine Bilder findet, die sich den eingeschliffenen Darstellungsweisen entziehen. Man erkennt in "Rosenstraße" die Kulissen und die Kostüme wieder, die man in "Aimée und Jaguar" oder "Leo & Claire" gesehen hat, und erschrickt: Warum gelingt es so wenigen deutschen Spielfilmen, eine plausible ästhetische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus einzunehmen?

Es gibt Filme, die, obwohl auch sie sich nicht um ein akkurates Abbild bemühen, kühle Perspektiven auf Geschichte und Zeitgeschichte entwickeln. Manchmal führt dies zu jenem kristallinen Augenblick, in dem man etwas scheinbar Bekanntes sieht und dennoch etwas Neues passiert. "Rosenstraße" gehört leider zu den Filmen, in denen dieser Augenblick ausbleibt. (CRISTINA NORD, taz Nr. 7165 vom 24.9.2003)
Remarks and general Information in German: «Regisseurin Margarethe von Trotta ('Rosa Luxemburg', 'Die bleierne Zeit'), deren bevorzugtes Sujet starke Frauen sind, verdichtet mittels fiktiver Einzelschicksale die Geschichte dieses vergessenen Frauenaufstandes zum starbesetzten Melodram über Solidarität und bedingungslose Liebe. In ihrem aufwendig produzierten und mit viel Gespür für historische Details in Szene gesetzten Drama vertraut sie vor allem auf das Charisma ihrer Hauptdarstellerin Katja Riemann ('Die Diebin und der General'), die ihre Rolle vor Leben und Leidenschaft vibrieren lässt und auf dem Filmfestival in Venedig mit dem Darstellerinnenpreis ausgezeichnet wurde. Überaus packend und dynamisch zeigt von Trotta überdies wie sich während der tagelangen passiven Belagerung des Gefängnisses die Stimmung aufheizt und die Wartenden den Nazis mit dem Mut der Verzweiflung erfolgreich die Stirn bieten - Heldinnen wider Willen, die alle Behauptungen, nach denen Widerstand im Dritten Reich nicht möglich gewesen sei, in einem anderen Licht erscheinen lassen.» (ARD Presse)


References in Databases
IMDb - International Movie Data Base Nr. tt0298131
KinoTV Database Nr. 46262


Last Update of this record 13.09.2014
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